Wie häufig wechseln Sie Ihr iPhone? Jedes Jahr? Alle zwei Jahre? Vielleicht gehören Sie zu der Minderheit und nutzen Ihr Smartphone vier bis fünf Jahre, ehe Sie sich ein neues Modell zulegen. Was passiert aber mit dem Altgerät? Im besten Fall wird es innerhalb der Familie weitervererbt, im schlimmsten Fall landet es in der Schublade. Man wird es ja vielleicht in der Zukunft nochmal für irgendwas verwenden können.
Die deutschen Schubladen sind voll mit Altgeräten, die zwar noch intakt sind, jedoch nicht mehr den modernen technischen Anforderungen entsprechen und daher ersetzt wurden. Allein in Deutschland befinden sich rund 124 Millionen Geräte im Winterschlaf, in der gesamten Europäischen Union werden gerade mal zwölf bis fünfzehn Prozent der ungenutzten Smartphones weiterverkauft oder recycelt, so das European Economic and Social Committee.
Think different: Sind Refurbished Smartphones die bessere Wahl?
Wir müssen uns dazu zwingen, anders zu denken. Für ein ramponiertes iPhone 7 wird man auf eBay-Kleinanzeigen wohl nicht mehr allzu viele interessierte Käufer finden. Das heißt aber nicht, dass das alte Smartphone keine Verwendung mehr findet und daher in der Schublade verschwinden muss. An diesem Punkt kommen Refurbished-Anbieter zum Einsatz. Sie kaufen Altgeräte auf, machen sie wieder einsatzfähig und verkaufen sie anschließend zum günstigen Preis als sogenannte „Refurbished“ Smartphones. Technisch einwandfreie Geräte mit optischen Mängeln haben unterschiedliche Namen: generalüberholt, erneuert oder auf Englisch refurbed oder renewed.
Das finnische Unternehmen “Swappie“ ist der führende Händler von generalüberholten iPhones, dabei gibt es das Unternehmen erst seit sechs Jahren. Der Erfolg spricht aber für sich: Dass Swappie laut Financial Times innerhalb so kurzer Zeit auf den ersten Platz der am schnellsten wachsenden Unternehmen in Europa steigen konnte, zeigt: Das Konzept von erneuerbaren iPhones kommt bei den Kunden gut an.
Swappie: Helsinki kann, woran Cupertino scheitert
Apple präsentiert sich seit Jahren als grünes Unternehmen. „We’ve been carbon neutral since 2020. By 2030, all our products will be too“, schreibt Apple auf seiner extra eingerichteten Umwelt-Webseite. Dort kann man lesen, was Apple alles unternimmt, um seinen Anteil im Kampf gegen den Klimawandel zu gewährleisten. 100 Prozent recycelt hier, 100 Prozent recycelt da: Moderne Apple-Produkte sind aktuell deutlich grüner produziert als noch vor zehn Jahren.
Apple bietet sogar an, alte iPhone-Geräte kostenlos von Roboter „Daisy“ in seine Einzelteile zerlegen zu lassen oder im Falle eines Neukaufs eine Gutschrift auszustellen. Die fällt jedoch in der Regel so gering aus, dass wir seit jeher davon abraten, dieses Angebot anzunehmen. Auf dem freien Markt bekommt man meist deutlich mehr als bei Apple selbst. So weit geht Apples Umweltliebe also nicht, als dass sie dem Kunden ein attraktives Angebot für sein Altgerät machen würden, um noch mehr alte iPhones recyceln zu können.
Problematisch bleibt außerdem der Grundgedanke an dieser Strategie. Diese suggeriert, dass es aus ökologischer Sicht völlig in Ordnung sei, jedes Jahr ein neues Gerät zu kaufen, solange man es an Apple zum Recyceln gibt oder auf dem freien Markt weiterverkauft.
Das genaue Gegenteil ist jedoch der Fall. „Der gesamte Lebenszyklus der europäischen Smartphones verursacht jedes Jahr 14 Millionen Tonnen Emissionen (CO2eq), was mehr ist als das Kohlenstoffbudget Lettlands im Jahr 2017“, berichtet das European Environmental Bureau. „Eine Verlängerung der Lebensdauer um nur ein Jahr würde mehr als 2 Millionen Tonnen an Emissionen einsparen“. Anstatt jedes Jahr ein neues iPhone zu kaufen, sollte man aus ökologischer Sicht also besser alle paar Jahre generalüberholte Modelle kaufen.
In Helsinki weiß man um diese Problematik: Swappie bietet diverse refurbished iPhone-Modelle in sämtlichen Farben und Ausstattungen an: angefangen beim iPhone 7 bis hin zum neuesten iPhone 13 Pro. Je älter das Modell, desto niedriger sind die Preise. Ein iPhone X aus dem Jahr 2017 bekommt man etwa bereits ab 239 Euro. Aber auch aktuelle Modelle findet man bei Swappie: Für ein generalüberholtes iPhone 13 mit 256 GB zahlt man 899 Euro, bei Apple würde man aktuell 1.019 Euro zahlen.
Ein Blick hinter die Kulissen: So entstehen Refurbished iPhones bei Swappie
iPhones – oder Smartphones im Allgemeinen – sind nicht nur Telefone. Dass wir eine starke emotionale Beziehung zu den technischen Geräten haben, beweist der scheinbar nie endende Streit zwischen iPhone- und Android-Nutzern darüber, welches System besser ist. Ein Second-Hand-Pullover oder eine gebrauchte Couch auf eBay kauft man schneller als ein gebrauchtes iPhone. Aus diesem Grund ist für viele Nutzer ein generalüberholtes iPhone wohl keine Option. Bis zu meinem Besuch bei Swappie habe auch ich so gedacht, habe aber meine Meinung geändert.
Die erste gedankliche Hürde war, dass ich nicht wusste, wie Refurbished-Anbieter alte iPhone-Geräte für den Wiederverkauf aufbereiten. Wie gründlich sind die Anbieter? Nach welchen Maßstäben wird der Zustand der Alt-Geräte beurteilt? Ist der Preis am Ende angemessen – oder werde ich über den Tisch gezogen?
Nach meinem Besuch bei Swappie weiß ich: Die Aufbereitung erfolgt gründlicher, als ich es mir vorgestellt hatte. In insgesamt 52 Schritten werden die Altgeräte analysiert, in ihre Einzelteile zerlegt, fehlerhafte Komponenten ausgetauscht, wieder zusammengebaut, gesäubert und zuletzt für den Wiederverkauf vorbereitet.
Das ist für einen Refurbished-Anbieter keine Selbstverständlichkeit. Da der Begriff "Refurbishing" nicht rechtlich geschützt ist, kann jeder Händler den Aufarbeitungsprozess anders definieren. Wäre Swappies Arbeitsprozess Standard für alle Refurbished-Händler, wäre die Skepsis der Nutzer wohl deutlich geringer. Skeptische Nutzer können vielleicht zuletzt mit drei Jahren Garantie und 30 Tagen kostenloser Rückgabe mit Geld-zurück-Garantie überzeugt werden.
Swappie hat frischen Wind in den Smartphone-Markt gebracht . Wobei man eigentlich sagen muss: Die Revolution ist im vollen Gange. Gerüchten zufolge plant Apple den Einstiegspreis der kommenden iPhone-14-Generation um 100 US-Dollar zu erhöhen. Damit würde ein iPhone 14 bei 1.000 Euro starten. Für viele Nutzer wird damit wohl eine Grenze überschritten. Ein möglicher Grund, weshalb viele Nutzer sich nach Alternativen umschauen werden. Falls dem so ist, steht Swappie auf jeden Fall bereit. (Macwelt)