Welcher Arbeitgeber ärgert sich nicht darüber? Besonders montags oder an Werktagen nach einem Feiertag bleiben überdurchschnittlich viele Arbeitnehmer der Arbeit fern - häufig immer dieselben und nicht selten auch noch mit ärztlicher Bescheinigung. Aber wann ist die Grenze überschritten, dass Blaumachen oder häufiges Krankfeiern einen Kündigungsgrund darstellt?
Pflichten des Arbeitnehmers bei Krankheit Im Inland ...
Jeder Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, und formlos mitteilen, dass und wie lange er voraussichtlich krank sein wird. Wenn er nicht zur Arbeit erscheint oder den Arbeitsplatz verlässt, um einen Arzt aufzusuchen, muss er den Arbeitgeber bzw. seinen Vorgesetzten zu allererst über seinen Ausfall informieren. Sobald er weiß, wie lange sein Ausfall dauern wird, muss er den Arbeitgeber hierüber ebenfalls informieren. Zusätzlich muss er dem Arbeitgeber ab dem vierten Krankheitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) zusenden.
Was häufig nicht bekannt ist: Soweit vertraglich nicht anders geregelt, ist der Arbeitgeber gem. § 5 Abs. 1 EFzG berechtigt, diesen Nachweis bereits vor dem vierten Krankheitstag zu verlangen, also z. B. auch schon ab dem ersten Tag.
... und bei Erkrankung im Auslandsurlaub
Mitunter kommt es vor, dass sich Arbeitnehmer gegen Ende ihres Urlaubs im Ausland gehindert sehen, unmittelbar danach wieder ihre Arbeit aufzunehmen, z. B. da sie wegen einer Erkrankung nicht reisefähig sind. Befindet sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland, ist er verpflichtet, den Arbeitgeber nicht nur über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer, sondern auch über die Adresse seines Aufenthaltsortes in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die hierdurch entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Was ebenfalls viele nicht wissen: Kehrt der Arbeitnehmer dann jedoch vor Ende des Urlaubs aus dem Ausland zurück, ist er verpflichtet, dies dem Arbeitgeber ebenfalls unverzüglich anzuzeigen
Maßnahmen bei Pflichtverstößen
Verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft eine dieser Pflichten, kann der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung, im Wiederholungsfalle gegebenenfalls auch eine zweite, unter Umständen sogar eine dritte Abmahnung auszusprechen, jeweils verbunden mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall. Kommt es gleichwohl weiter zu gleichartigen Pflichtverletzungen, so rechtfertigt dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Erfüllt der Arbeitnehmer Anzeige- und Nachweispflichten hingegen ordentlich, macht aber gleichwohl die besondere Häufung der Arbeitsunfähigkeitstage um Wochenenden und Brückentage herum stutzig, sodass sich der Verdacht der Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit aufdrängt, sollte ein Arbeitgeber nicht überstürzt handeln.
Außerordentliche Kündigung nur bei klarer Beweislage
Für eine außerordentliche, also fristlose Kündigung muss gerichtsverwertbar nachgewiesen sein, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat. Wurde der Arbeitnehmer beispielsweise von Zeugen dabei gesehen, dass er während seiner "Arbeitsunfähigkeit" woanders gearbeitet hat, ist die Sache offensichtlich. In der Praxis sind Fälle wie dieser allerdings selten, da solche klaren Beweise in der Regel fehlen. Im Übrigen ist auch nicht immer eindeutig, welches Verhalten des Arbeitnehmers während einer Arbeitsunfähigkeit zulässig ist und welches nicht.
Beispiel: In einem Fall hatte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung ausgesprochen, weil er den wegen eines grippalen Infekts arbeitsunfähig gemeldeten Arbeitnehmer in der Lokalzeitung auf einem Foto bei einem Volksfest mit einem Glas Kölsch in der Hand entdeckt hatte. Das Arbeitsgericht Köln hielt das jedoch nicht für einen ausreichenden Kündigungsgrund: Frische Luft und ein Glas Kölsch seien nicht von vornherein geeignet, den Heilungsprozess zu verzögern.
An diesem Fall wird deutlich, dass immer ein individueller und einzelfallbezogener Maßstab anzulegen ist. Als Richtschnur gilt: Der Arbeitnehmer hat all das zu unterlassen, was seiner raschen Genesung entgegensteht. Fehlen eindeutige Beweise, kann der Arbeitgeber versuchen, diese zu beschaffen, etwa durch Beauftragung eines Detektivbüros.
Hilfe durch den Medizinischen Dienst
Existieren keine Beweise, kommt auch die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse in Betracht. Allerdings hat die Sache einen Haken: Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass meistens 7 bis 14 Tage vergehen, bevor der Betroffene zu einer Untersuchung geladen wird. Aber auch das Vorliegen anderer Indizien kann den Beweiswert der AU-Bescheinigung stark erschüttern. Hierzu zählen unter anderem häufiger Arztwechsel, wiederholte gemeinsame und gleichzeitige Erkrankung von Ehegatten oder ausländischen Arbeitnehmern im Anschluss an den Urlaub, Nichtbefolgung einer Vorladung zur Untersuchung des Vertrauensarztes oder des Medizinischen Dienstes oder die Durchführung von beschwerlichen Reisen oder strapaziösen sportlichen Betätigungen während der Arbeitsunfähigkeit.
Fehlen jegliche Beweise für das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit, hegt der Arbeitgeber aber aufgrund der gesammelten Indizien diesen Verdacht, kommt auch eine sogenannte Verdachtskündigung in Betracht. Doch Vorsicht: Daran sind strenge Voraussetzungen geknüpft, da mit diesem Mittel der Arbeitnehmer allein aufgrund eines Verdachts seinen Arbeitsplatz verlieren kann. Es müssen daher objektive, nachprüfbare Tatsachen vorliegen, aus denen sich der dringende Verdacht einer Vertragsverletzung von erheblichem Gewicht ergibt, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber schlichtweg unzumutbar macht.
Der Autor Frhr. Fenimore von Bredow ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachausschussleiter beim VdAA.
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