Ladendiebstahl

Wie sich Händler wehren können

04.07.2024 von Andreas Th. Fischer
Ladendiebstahl sorgt für immensen Schaden. Wir zeigen, mit welchen Tricks Ladendiebe arbeiten, welche Präventionsmaßnahmen wirklich helfen und welche Rechte Händler besitzen.
Durch Ladendiebstähle gehen dem Handel jedes Jahr Milliarden Euro verloren.
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Ladendiebstähle haben Konjunktur. Rein statistisch gesehen wird durch jede Person in Deutschland ein Warenwert von knapp 34 Euro pro Jahr gestohlen. Das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI berichtet, dass dem Handel im Jahr 2023 rund 4,1 Milliarden Euro durch Diebstahl entgangen sind. Davon sind rund 2,82 Milliarden Euro der Kundschaft anzulasten, 910 Millionen Euro den eigenen Angestellten und 370 Millionen Euro dem Personal von Lieferanten und Servicefirmen. Das waren fünf Prozent mehr als 2022.

Aus dem durchschnittlichen Schaden aller angezeigten Diebstähle und dem per Inventur festgestellten Warenschwund im Handel ergibt sich, dass jährlich etwa 24 Millionen Ladendiebstähle im Wert von je 117 Euro unentdeckt bleiben. Das entspricht rund 100.000 Ladendiebstählen je Verkaufstag.

Ladendiebstahl - Die Tricks der Diebe

Wenn der Laden voll mit Kunden ist, greifen die Diebe zu Bewährtem und stopfen sich die Ware schnell in einem unbeobachteten Moment in eine Tasche oder verstecken sie unter ihrer Kleidung. Andere packen ihre Einkäufe in eine Einkaufstasche, legen aber nur einen Teil der Produkte an der Kasse auf das Fließband. Der Rest verlässt das Geschäft dann in der Regel unentdeckt. Alternativ verstecken sie kleinere Produkte hinter einem größeren mitgebrachten Gegenstand, so dass sie an der Kasse nicht auffallen.

Gelegentlich treten auch ganze Banden in Aktion, die gemeinsam einen Laden heimsuchen. Während ein Teil der Gruppe für eine Ablenkung sorgt, verschwinden die anderen mit der geklauten Ware oder stopfen sie sich unentdeckt in ihre Taschen. Solche professionellen Ladendiebe lassen sich nur schwer erkennen. Anders sieht es bei Ersttätern aus, die immer wieder an ihrer verkrampften, nervösen und insgesamt eher unnatürlichen Haltung auffallen.

Ladendiebstahl - Was Verkäufer dürfen

Auf keinen Fall dürfen Sie oder Ihre Mitarbeiter die Tasche eines verdächtigen Kunden ohne dessen Einwilligung durchsuchen. Auch pauschale Kontrollen sind nicht zulässig. Das gilt selbst dann, wenn Schilder im Laden angebracht sind, die genau darauf hinweisen. Sinnvoller ist es, bei einem konkreten Tatverdacht die Polizei zu verständigen.

Dank dem sogenannten "Jedermann-Festnahmerecht" kann ein auf frischer Tat ertappter Ladendieb festgehalten werden, um ihn der Polizei zu übergeben. Dabei muss aber die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben und ein konkreter Tatverdacht vorliegen. Ohne einen triftigen Grund darf ein Dieb zum Beispiel auch nicht gefesselt werden.

Ein ertappter Dieb ist nicht zu einer Auskunft über sich oder seine Tat gegenüber Ihren Mitarbeitern verpflichtet. Selbst gegenüber der Polizei muss er nur Angaben zu seiner Person machen. Weitere Aussagen darf er verweigern.

Die Inventurdifferenzen sind 2023 insgesamt um fast 5 Prozent gestiegen und liegen bei 4,8 Milliarden Euro. 2,82 Milliarden davon entfallen auf Ladendiebstahl.
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Für Missverständnisse sorgen auch immer wieder die sogenannten "Fangprämien", die in manchen Geschäften per Schild angekündigt werden. Zum einen darf die Prämie nicht höher sein als der Wert der entwendeten Ware. Zum anderen muss die ausgelobte Summe nicht sofort bezahlt werden.

Ladendiebstahl verhindern

Der beste Schutz gegen Ladendiebstahl ist nach Angaben der Polizei Stuttgart das eigene, qualifizierte Verkaufspersonal. Erkennbar präsente und aufmerksame Mitarbeiter, die im Umgang mit Ladendieben geschult wurden, hätten sich als "wirksamste Waffe" gegen Langfinger erwiesen, schreibt die Behörde auf einer eigens eingerichteten Webseite.

Besonders diebstahlgefährdete Artikel sollten zudem nur an der Kasse oder ausschließlich mit Bedienung erhältlich sein. In Bereichen mit Selbstbedienung sollten, sofern möglich, nur Hüllen ausgestellt werden. Das gilt zum Beispiel für Musik-CDs oder DVDs. Bewährt habe sich in besonders gefährdeten Bereichen zudem der Einsatz stationärer oder mobiler gewerblicher Sicherheitskräfte.

Professionelle Diebe können echte Kameras von Attrappen leicht unterscheiden.
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Auch baulich lasse sich einiges machen. So sollten die Verkaufsräume hell und gut ausgeleuchtet gestaltet sein. Auch sollte es möglichst wenige oder am besten gar keine unübersichtlichen Ecken, Winkel oder Pfeiler geben. Regale sollten nicht zu hoch sein und "einen gewissen Überblick" erlauben. Empfohlen wird auch, die Kassen sowie das Büro des Filialleiters leicht erhöht zu platzieren und gegebenenfalls verspiegelte Fenster zum Verkaufsraum anzubringen.

Spiegel in unübersichtlichen Ecken sollten jedoch nicht überschätzt werden. Sie können diebische Kunden allenfalls verunsichern. In der Realität würde aber kaum ein Mitarbeiter auf sie achten, zumal die oft konvexe Ausführung zwar das Blickfeld vergrößere, das Bild aber gleichzeitig verkleinere. Im Kassenbereich seien Spiegel aber durchaus sinnvoll, da sie einen Blick in und unter die Einkaufswagen erlauben.

Bei der Sicherheitstechnik rät die Polizei zu einer gesunden Skepsis. Diese könne die Aufmerksamkeit des Personals immer nur ergänzen, aber niemals ersetzen. Professionelle Ladendiebe würden sich auch von modernster Technik nur selten abschrecken lassen.

Eine funktionierende Videoüberwachung sei nur mit großen Personalaufwand realisierbar. Das mache sie teuer. Günstigere Attrappen seien für professionelle Diebe aber leicht erkennbar und daher nur in Verbindung mit versteckten, echten Kameras empfehlenswert. Viel versprechend seien dagegen Systeme zur elektronischen Artikelsicherung, die beim Stehlen einen Alarm auslösen. Allerdings erfordern sie ein zum Eingreifen bereites Personal, merkt die Behörde an.

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