Online-Marktplatz mit Neuausrichtung

Wie Rakuten Amazon angreifen möchte

03.10.2012
Als Hiroshi Mikitani, Chef des japanischen E-Commerce Konzerns Rakuten, nach der Übernahme der deutschen Online-Plattform Tradoria ankündigte, innerhalb von fünf Jahren mit Amazon gleichziehen zu wollen, konnte man das bestenfalls mit dem Adjektiv „ehrgeizig“ beschreiben. Und in der Tat war Rakuten erst einmal damit beschäftigt, seine deutsche Tochtergesellschaft zu konsolidieren. Rund ein Jahr nach dem Markteinstieg in Deutschland führt Rakuten im Marktplatzgeschäft nun jedoch eine Reihe von Neuerungen ein – und macht damit erstmals deutlich, mit welcher Strategie man den Wettbewerb zu Amazon anheizen will.
Rakuten-Deutschlandchefin Beate Rank glaubt daran, dass das Erfolgsmodell des japanischen Konzerns auch in Deutschland zündet

Als Hiroshi Mikitani, Chef des japanischen E-Commerce Konzerns Rakuten, nach der Übernahme der deutschen Online-Plattform Tradoria ankündigte, innerhalb von fünf Jahren mit Amazon gleichziehen zu wollen, konnte man das bestenfalls mit dem Adjektiv „ehrgeizig“ beschreiben. Und in der Tat war Rakuten erst einmal damit beschäftigt, seine deutsche Tochtergesellschaft zu konsolidieren. Rund ein Jahr nach dem Markteinstieg in Deutschland führt Rakuten im Marktplatzgeschäft nun jedoch eine Reihe von Neuerungen ein – und macht damit erstmals deutlich, mit welcher Strategie man den Wettbewerb zu Amazon anheizen will.

Die markanteste Änderung ist, dass Rakuten den Fokus vom Mietshop-Netzwerk wieder deutlich auf den zentralen Online-Marktplatz richtet. Denn zu Tradoria-Zeiten versuchte das E-Commerce-Unternehmen nicht ohne Erfolg, sich auch als Shopsoftware-Anbieter zu positionieren. Zwar wurden die Produkte jedes Tradoria-Händlers auch im Marktplatz gelistet, doch war es für Händler gleichzeitig möglich, den eigenen Tradoria-Shop unter einer eigenen URL als Standalone-Shop ohne direkte Verbindung zu der E-Commerce-Plattform zu präsentieren. Hier will Rakuten nun für einen höheren Integrationsgrad und ein stärkeres Maß an Vereinheitlichung sorgen: Die Online-Plattform führt zunächst optional und ab Anfang 2013 verpflichtend das neue Shop-Element „Rakuten Connect“ ein. Die Funktionsleiste am oberen Webseiten-Rand verdeutlicht dem Nutzer, dass er sich in einem Rakuten-Shop befindet und ermöglicht ihm die Shop-übergreifende Suche im gesamten Rakuten-Marktplatz. Zusätzlich bietet „Rakuten Connect“ eine Reihe weiterer übergeordneter Funktionen wie ein zentrales Kunden-Login und einen Shop-übergreifenden Warenkorb.

Während so einerseits das verbindende Element zwischen den einzelnen Shops gestärkt wird, soll ein neues Shop-Template den Händlern gleichzeitig eine noch weitergehende Individualisierung ihrer Rakuten-Shops ermöglichen. Zusätzlich soll die Marktplatz-Struktur das individuelle Profil der einzelnen Rakuten-Händler weiter stärken: „Sämtliche Artikel eines Händlers werden ab Anfang 2013 als dessen eigene Produktdetailseiten dargestellt“, berichtet Rakuten-Deutschlandchefin Beate Rank. „Somit wird unser Händler-zentrierter Ansatz noch deutlicher und nähern wir uns dem japanischen Vorbild von Rakuten als einer virtuellen Shopping Mall an.“ Ziel ist es, sich von Amazon und Ebay abzuheben, bei denen der einzelne Händler vergleichsweise im Hintergrund steht und auch bei der Produktpräsentation nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten hat. Für die Kunden soll damit ein hochwertiges, Shop-ähnliches Einkaufserlebnis mit der Angebotsvielfalt eines Online-Marktplatzes verbunden werden.

"Rakuten kann die weltweite Nummer Eins werden"

Der US-Amerikaner Mark Kirscher ist Vice CMO von Rakuten

„Während die anderen Plattformen vor allem Produkt-getrieben sind, setzen wir darauf, dass unsere Kunden richtige Marken-Beziehungen zu unseren Händlern aufbauen“, führt Rakuten-Vice CMO Mark Kirschner den Ansatz des japanischen E-Commerce-Konzerns weiter aus. Kirschner, der bei der K5-Konferenz eine Keynote mit dem Titel „Für ein neues E-Commerce-Verständnis“ präsentierte, vertraut darauf, dass Rakuten mit diesem Ansatz ein attraktives Alleinstellungsmerkmal besitzt, das auch außerhalb von Japan Strahlkraft hat. „Wir sehen bereits an verschiedenen Orten, dass unser Modell funktioniert“, so der Top-Manager des mittlerweile in 19 Ländern aktiven E-Commerce-Konzerns. Indem sich Rakuten-Händler ganz nach ihren Vorstellungen präsentieren könnten, werde ihnen der Aufbau eines eigenen Profils erleichtert sei es auch möglich, richtiggehende Fan-Communities rund um einzelne Shops aufzubauen. Damit verfolge man eine komplett andere Strategie als Amazon, das auch im Marktplatz-Geschäft ausschließlich auf die eigene Marke setzt. „Ebay auf der anderen Seite versucht immer mehr wie Amazon zu werden – und wird damit ebenfalls immer mehr zum Gegenteil von uns“, so Kirschner.

Auch wenn sich der Rakuten-Manager nicht auf den ehrgeizigen Zeitplan seines CEOs Hiroshi Mikitani festlegen lassen will, bekräftigt Kirschner die Ambitionen des E-Commerce-Konzerns: „Unser Ziel ist es, weltweit die Internet Service Company Nummer Eins zu werden.“ Auch wenn man heute von dieser Position noch ein ganzes Stück entfernt sei – der Gesamtumsatz von Rakuten lag im ersten Halbjahr 2012 bei 2,56 Milliarden US-Dollar und damit noch deutlich unter den Vergleichswerten von Amazon und Ebay – setze doch diese Zielsetzung und das starke Commitment von Firmengründer Mikitani in dem Unternehmen viele Kräfte frei. „Vor zehn Jahren hätte auch niemand gedacht, dass ein Hersteller wie Samsung zu einer Weltmarke wie Apple werden könnte“, so Kirschner. „Daran sieht man, dass ein Unternehmen viel erreichen kann, wenn es fest an etwas glaubt.“

Spielen die Händler mit?

Vor dem Erfolg steht jedoch bekanntlich die Arbeit. Und im Zuge der Neuausrichtung von Rakuten Deutschland besteht eine wesentliche Aufgabe darin, die Händler von der Kursänderung zu überzeugen. „Wir rechnen mit einigem Gegenwind“, räumt Rakuten-Deutschlandchefin Beate Rank ein. Vor allem bei Händlern, die Rakuten bisher vor allem als Shopsystem benutzten, erwarte man skeptische Reaktionen. Zumal Rakuten zum 1.1.2013 auch ein verändertes Gebührensystem einführt, das unter dem Strich keine Verteuerungen bringen soll, jedoch sicherlich für einige Unsicherheiten sorgen dürfte. „Wir sind davon überzeugt, dass sich die Effekte unserer neuen Strategie mit Zahlen belegen lassen und glauben daran, so skeptische Händler zu überzeugen“, erklärt Rank. Indem die Händler ihre Kunden im Rakuten-Netzwerk „teilen“, werde sich schließlich auch die Besucherfrequenz für den einzelnen Händler merklich erhöhen. Erstes Feedback im Händlerportal Sellerforum.de zeigt sowohl positive wie auch ablehnende Reaktionen. Es wird daher in erster Linie an den Kunden liegen, über den Erfolg von Rakutens Aufholjagd auf Amazon zu entscheiden. (mh)