Ob Versicherer, Einzelhändler oder Telekommunikationsanbieter: Wer beim Kundendienst anruft, hängt oft eine gefühlte Ewigkeit in der Warteschleife. Um die Antwortzeiten bei Online-Services ist es vielfach auch nicht besser bestellt - und wer hat nicht schon bei einem einzigen Anruf drei verschiedenen Gesprächspartnern sein Anliegen und seine Daten durchgeben müssen?
Zwar ist seit der "Servicewüste Deutschland" in den 90er-Jahren vieles besser geworden, doch beim Dienst am Kunden gibt es noch Luft nach oben. Eine 2016 durchgeführte Studie des amerikanischen Marktforschungsinstitutes Ovum ergab, dass 82 Prozent der befragten Konsumenten einem Unternehmen nach schlechter Serviceerfahrung den Rücken kehren. Und diese Kunden bekommt man nie zurück. Schlimmer noch: Sie werden Meinungsmacher. Und die eigene (Negativ-)Erfahrung zu verbreiten geht beim gegenwärtigen Erfolg von Bewertungsportalen einfacher denn je.
Freundlichkeit, Kompetenz, gute Beratung und schneller Support sind daher die Säulen eines guten Kundendienstes. Im digitalen Zeitalter gehört aber auch ein positives, reibungsloses Serviceerlebnis dazu: Die Digitalisierung trägt dazu bei, dass Kunden davon ausgehen, dass ihre Interessen bekannt sind und ihre Bedürfnisse antizipiert werden.
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Künstliche Intelligenz im Kundenservice
Das Service-Erlebnis wird zunehmend zum strategischen Differenzierungsmerkmal, und zwar umso mehr, je austauschbarer Produkte und Dienstleistungen sind. Unternehmen sind daher gefordert, sich an den Bedürfnissen ihrer Kunden auszurichten und das in ihrer Unternehmenskultur ebenso zu verankern wie in ihrer Organisationsstruktur. Konkret bedeutet das zum Beispiel:
Service als proaktive Aufgabe zu verstehen und intelligente , vorausschauende Dienste anzubieten,
personalisierte Informationen und Dienste kanalübergreifend und unabhängig von Zeit, Ort und Mitarbeitern bereitzustellen und
die Performance von Callcentern und Kundensupport nicht mehr nur an zeitlichen Parametern zu messen, sondern auch an der Kundenzufriedenheit.
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Dabei helfen Chatbots und virtuelle Assistenten, die auf neuen Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Sie unterstützen Unternehmen auf effektive und effiziente Weise dabei, ihren Kunden eine einzigartige Customer Experience zu bieten.
Die wichtigste Voraussetzung für perfekten proaktiven Service ist ein 360-Grad-Blick auf den Kunden. Intelligente Tracking-Tools liefern die Daten für umfassende aussagekräftige Kundenprofile. Mittels Big Data Analytics und Machine Learning lassen sich daraus Muster identifizieren, anhand derer sich übergreifende Verhaltensprognosen und Handlungsempfehlungen ableiten lassen: für Mitarbeiter ebenso wie für Chatbots.
Chatbots: die besten Freunde der Mitarbeiter
Chatbots machen Schluss mit Warteschleifen, und ihre Freundlichkeit hängt nicht von der Tagesform, sondern vom Algorithmus ab. Sie sind immer und von überall aus erreichbar. Sie lassen sich in allen Kanälen und sämtlichen Touchpoints der Interaktion integrieren - in mobile Apps, Facebook, Messenger oder Customer-Self-Service auf der Website.
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Chatbots haben sämtliche Informationen zu Produkten, Dienstleistungen und Kundenhistorie zu ihrer Verfügung und beantworten simple Anfragen zu Bestellstatus oder Zahlungsvorgängen. Fortgeschrittene Versionen sind sogar in der Lage, bei komplizierteren Fragestellungen wie Urlaubsbuchungen Hilfe zu leisten. Kunden profitieren so von einer prompten Problemlösung, und Mitarbeiter können sich um komplexere Anfragen kümmern. Weiß der Chatbot nicht weiter, wird das Anliegen - inklusive aller bis dato vorliegenden Informationen - automatisch an einen kompetenten Servicemitarbeiter eskaliert. Die Kommunikationsdaten aus diesem Kundengespräch fließen wiederum in den Wissenspool für Chatbots ein und tragen dazu bei, den Service weiter zu perfektionieren.
Die harmonische Interaktion von Mensch und Maschine gewährleistet so ein nahtloses Serviceerlebnis. Entsprechende Lösungen sind heute in vielen Unternehmen ein integraler Bestandteil des Kundenservices. Darüber hinaus profitieren Unternehmen von erheblichen Qualitätssteigerungen und Einsparpotenzialen. Der Reiseveranstalter Thomas Cook konnte dank einer Self-Service-Lösung mit KI beispielsweise die Anzahl der Anfragen im Contact-Center um 20 Prozent senken und die Interaktionsdauer der Berater um 10 Prozent verkürzen. Zugleich nahmen die Kundenkontakte, Konversionen und die Kundenzufriedenheit messbar zu.
Vom Chatbot zum empathiebegabten virtuellen Assistenten
Chatbots können jedoch noch mehr als schnelle Antworten auf einfache Fragen zu geben. Avancierte KI-und Machine-Learning-Lösungen versorgen sie mit immer mehr und immer fokussierter aufbereiteten Informationen über Kunden und Servicefälle. Das forciert die Entwicklung der lernenden Systeme von skriptgesteuerten "Antwortmaschinen" zu echten virtuellen Assistenten, mit denen man kommunizieren kann. Intelligente Chatbots verstehen den Kontext der Kundensituation und geben auch auf kompliziertere Fragen maßgeschneiderte Antworten. Damit ist effiziente, konsistente und personalisierte Customer Experience auf der Grundlage Künstlicher Intelligenz bereits heute möglich.
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Macht das Chatbots zum perfekten Tool im Kundenservice, das Schritt für Schritt den Menschen ersetzt? Ganz klar: nein. Denn das Schlüsselwort lautet Empathie. Für eine proaktive persönliche Interaktion reicht das Wissen um Kundenbedürfnisse allein nicht aus. Um für jeden Kunden die richtigen Worte zu finden, sind Feingefühl, eine hohe Sprachkompetenz und die Bereitschaft, auch mal ungewöhnliche Wege zu gehen, unerlässlich. Die Zukunft liegt also im immer harmonischer abgestimmten Zusammenspiel von Mensch und Bot. Neben Kaufverhalten und Kundenhistorie werden dabei auch biografische Daten wie Familienzuwachs oder neue Lebensabschnitte immer relevanter.
Damit Bots und Menschen in Zukunft auf Augenhöhe und in "natürlicher Sprache" kommunizieren, setzen Entwickler auf Natural Language Processing. Die maschinelle Sprachverarbeitung verknüpft Erkenntnisse aus der Linguistik mit neuesten Methoden der Computerwissenschaft und der Künstlichen Intelligenz. Außerdem müssen virtuelle Assistenten in der Lage sein, Emotionen oder auch Ironie zu erkennen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für authentische Kommunikation. Fest steht: Die Zukunft gehört dem intelligenten Kundenservice mit Unterstützung von Chatbots - nicht als Ersatz des Menschen, sondern als seine größtmögliche Unterstützung. (rw)
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