Mit der Windows Azure-Platform öffnen sich Microsoft-Partnern neue Geschäftsmöglichkeiten. In einer Serie stellen wir Ihnen ISVs vor, die schon heute in der Cloud gutes Geld verdienen, so zum Beispiel das Münchner Start-up-Unternehmen SnipClip. Die NeoGeo New Media aus Elmshorn und Runtime Software aus dem Waiblingen haben wir bereits hier vorgestellt.
Von Christoph Witte
SnipClip ermöglicht Internetnutzern, virtuelle Sammelobjekte wie Videoszenen ihrer Lieblingsfilme, Musiker oder Sportteams auf Facebook zu sammeln und mit Freunden zu tauschen. Das erst 2009 gegründete Start-up aus Unterföhring bei München überträgt damit praktisch die Idee der berühmten Panini-Sammelalben ins Internet. Nutzer können Inhalte - kurze Videosequenzen oder digitale Standbilder - erspielen und mit ihren Freunden legal tauschen und handeln. Durch dieses neue Konzept wandert der Markt für klassische Papier-Sammelbilder ins Internet. Unternehmen bewerben mithilfe der SnipClip-Technologie ihre Marke auf Facebook oder verdienen direkt Geld durch den Verkauf von Sammelobjekten. Der SnipClip-Service läuft auf der Windows Azure Platform.
Sammelalben in der Cloud
"Wir haben Azure im Produktivbetrieb. Unser gesamtes Backend läuft darauf", berichtet Sebastian Schmitt, der IT-Chef von SnipClip. Etwa einen Monat vor der Fußballweltmeisterschaft griffen ungefähr 1000 Nutzer täglich auf den Service zu. "Dafür reichen zwei Instanzen", erklärt Schmitt. Allerdings haben die Online-Paninis inzwischen ein Fußball-Album gestartet, das den Traffic erheblich in die Höhe schrauben dürfte. Deshalb rechnet Schmitt im Juni seinen Bedarf auf 20 CPUs hoch. Diese zusätzliche Computer-Power kann er ad hoc im Azure-Portal bestellen und hat sie sofort verfügbar.
Die Microsoft-Plattform sorgt dabei automatisch für die Skalierung und das Loadbalancing über die zusätzlich verfügbaren CPUs hinweg. Die Anwendung muss nicht angepasst werden. "Weil wir immer mit Peaks rechnen müssen, ist für uns die Skalierung auch auf der Datenbankseite extrem wichtig. Darum brauchen wir uns dank Azure und SQL Azure nicht mehr zu kümmern", berichtet Schmitt weiter. Die Portierung der mit Visual Studio 2010 entwickelten und in C# geschriebenen Anwendungen war sehr simpel.
"Wir hatten die Anwendung innerhalb von zwei Tagen in der Cloud. Das Aufsetzen der gesamten Datenbank in SQL-Azure hat etwa eine Woche gedauert," berichtet Schmitt. Neben den 20 Instanzen nutzt SnipClip noch Blog Storage für die Bilddaten und SQL Azure. Für das Video-Streaming verwendet Schmitt allerdings einen Service des Konkurrenten Amazon. "Microsoft bietet das Streaming von Flash-Video noch nicht an, und Amazon macht das sehr preiswert", meint Schmitt.
Azure ist noch zu unbekannt
Der IT-Verantwortliche ist nicht nur mit der Performance von Azure Platform zufrieden, auch Verfügbarkeit und Support seien "absolut in Ordnung". Ungeplante Downtimes habe es nach der Testphase keine gegeben, und die höchste Wartezeit, die er bei der 24-Stunden-Supporthotline erlebt hat, waren zwei Stunden.
Bedenken der Kunden gegen einen Service aus der Cloud hat Schmitt bisher nicht festgestellt. Im Gegenteil: "Weil wir ein Start-up sind, zeigten sich manche Kunden skeptisch bezüglich unserer Datenhaltung und der verfügbaren Rechenkapazität. Der Verweis auf Microsoft und Azure als zugrunde liegende Infrastruktur hat sie immer davon überzeugt, dass wir über die nötigen Kapazitäten verfügen.
Dabei war für die SnipClip-Gründer von vorneherein klar, dass der Aufbau einer eigenen Infrastruktur aus Kostengründen nicht infrage kam. Traditionelle Hoster und Azure-Wettbewerber Amazon Web Services kamen laut Schmitt deshalb nicht zum Zug, "weil wir uns da um Skalierung und Lastverteilung selbst hätten kümmern müssen. Für Start-ups wie unseres, die in der Microsoft-Welt zu Hause sind, passt Azure Platform perfekt. Wir könnten uns eigene größere Infrastrukturen, mit denen wir auch Peaks abfangen können, gar nicht leisten."
Allerdings habe Microsoft noch einiges zu tun, um Azure in der Start-up-Szene bekannt zu machen. "Obwohl Azure mehr leistet als die Amazon Web Services, weil es eben auch das Systemmanagement und die Skalierung übernimmt, habe ich davon noch nirgendwo gelesen." (rw)
Der Autor
Christoph Witte ist IT-Publizist in MünchenChristoph Witte ist IT-Publizist in München