Nach der geplatzten Fusion

Wie geht es weiter bei Medimax und Notebooksbilliger.de?

14.12.2018 von Matthias Hell
Die Absage der Fusion von Medimax und Notebooksbilliger.de wurde mit lockeren Worten präsentiert, doch beide Unternehmen hatten bereits viel in den Zusammenschluss investiert – wie geht es nun weiter?
Die geplante Fusion von Medimax und Notebooksbilliger.de wurde wieder abgesagt
Foto: EP/Fotomontage

Wer die Mitteilung von Medimax und Notebooksbilliger.de zur Aufgabe der Pläne zur Fusion der beiden Unternehmen las, konnte denken, es habe sich dabei um eine lockere Aktion nach dem Motto "Trial and Error" gehandelt: Arbeitsgruppen beider Unternehmen hätten nach Ankündigung der geplanten Fusion im September 2018 intensiv an den operativen Details des Zusammenschlusses gearbeitet. Dabei habe sich herausgestellt, dass die "Gene eines Onlineunternehmens wie Notebooksbilliger.de mit geradezu kultiger Start-Up-Mentalität und eines traditionellen, gewachsenen Filial- und Franchiseunternehmens wie Medimax" doch zu unterschiedlich gewesen seien.

Das klingt plausibel, dürfte aber dennoch nicht der Wahrheit entsprechen. Denn das Thema Fusion stand für Medimax und Notebooksbilliger.de mitnichten erst seit September 2018 auf der Tagesordnung. Bereits im Oktober 2017 hatten die beiden Unternehmen bei einem Event in Berlin Ideen für eine Kooperation präsentiert. Zwar wurde damals nicht präzisiert, wie die angekündigte "intensive Zusammenarbeit" beider Unternehmen aussehen sollte, doch ging aus Äußerungen und Facebook-Posts der Protagonisten hervor, dass es wohl um die Einrichtung von Shop-in-Shop-Sortimenten von Notebooksbilliger.de in den Medimax-Märkten ging.

Danach passierte erstmal - nichts. Der damalige Medimax-Chef Frank Kretzschmar erklärte gegenüber ChannelPartner, damit die Kooperation richtig gut funktioniere, "müssten wir noch ein paar Themen klären, die ein bisschen mehr Zeit brauchen". Offensichtlich gab es in der zu ElectronicPartner (EP) gehörenden Fachmarktkette, deren Standorte teils zentral, teils von Franchisenehmern betrieben werden, Vorbehalte gegen die Kooperation mit dem als Wettbewerber wahrgenommenen Online-Händler.

Notebooksbilliger-Gründer Arnd von Wedemeyer hatte das Joint Venture lange mitvorbereitet

Rückzieher in letzter Sekunde

Wie Notebooksbilliger-Gründer Arnd von Wedemeyer im Oktober 2018 gegenüber ChannelPartner erklärte, hätten seit dem Event in Berlin Verhandlungen zwischen den beiden Unternehmen stattgefunden - mit dem Ergebnis, dass man sich statt lediglich für eine Shop-in-Shop-Kooperation schließlich für eine Fusion der beiden Elektronikhändler entschied. Dass der Unternehmenszusammenschluss von langer Hand vorbereitet wurde, zeigt sich auch an den bereits kommunizierten personellen Details: So sollte das Joint Venture von Wedemeyer sowie von EP-Vorstand Michael Haubrich gemeinschaftlich geführt werden. Der in seinem Amt durchaus erfolgreiche Medimax-Chef Kretzschmar erklärte daraufhin für Anfang November seinen Weggang von der Elektromarktkette.

Dass Medimax und Notebooksbilliger.de nun plötzlich Ende November feststellten, dass die Fusion wegen unterschiedlicher Unternehmenskulturen keinen Sinn macht, ist deshalb wenig plausibel. Vielmehr dürften sich nach der öffentlichen Ankündigung gravierende Hindernisse ergeben haben, die eine Absage der Fusionspläne unvermeidlich machten. Denkbar sind hier sowohl massive Widerstände innerhalb der Strukturen von Medimax, aber auch mögliche ablehnende Reaktionen von Seiten der Kunden oder Industriepartner von Notebooksbilliger.de. Immerhin wurde die Absage der Fusion damit begründet, beiden Unternehmen drohten andernfalls "erhebliche Einschränkungen in den jeweils eigenen Stärken". Doch auch das Platzen der Fusionspläne dürfte sowohl für Medimax wie auch für Notebooksbilliger.de nicht ohne Folgen bleiben.

Geschäftsführer Frank Kretzschmar hat Medimax wegen der geplanten Fusion verlassen
Foto: Medimax

Medimax gerät unter Druck

Schon wegen dem Weggang Frank Kretzschmars, der Medimax mit viel Energie einem Komplettumbau unterzogen hatte, der bereits erste Erfolge zeigte, dürfte die zu EP gehörende Fachmarkkette unter der geplatzten Fusion stärker leiden als Notebooksbilliger.de. Ähnlich wie Media-Saturn im Großen oder Conrad in kleineren Dimensionen leidet auch die EP-Tochter unter den Zerreiskräften der Digitalisierung: Die Kunden erwarten ein wettbewerbstaugliches Online-Angebot, was den stationären Filialen Umsatz entzieht, während dort gleichzeitig beträchtliche Investments für die digitale Modernisierung des Point of Sale nötig werden.

Welche positive Rolle dabei die Zusammenarbeit mit Notebooksbilliger.de hätte spielen können, verdeutlicht der Blick auf Sparhandy.de, ebenfalls ein Beteiligungsunternehmen von EP: Mit der Distributionsmarke SH Telekommunikation ist der Online-Händler inzwischen für das Mobilfunksortiment der gesamten Verbundgruppe verantwortlich. Und mit Shop-in-Shop-Modulen soll das attraktive Sparhandy-Sortiment künftig auch in die Medimax-Märkte getragen werden, wie derzeit ein erstes Pilotprojekt zeigt.

Die Kooperation mit Notebooksbilliger.de hätte weiter dazu beitragen können, die Kosten der Digitalisierung für Medimax zu senken und attraktive Online-Sortimente in die Märkte zu bringen. Mit der geplatzten Fusion rückt die Rentabilität der Medimax-Standorte nun wieder stärker in den Fokus: Zuletzt schloss die Kette die Märkte die in Hamburg-Schenefeld und in Fulda. Auch wie es personell bei dem Unternehmen weitergeht, ist unklar. Zur künftigen Aufstellung der Führung von Medimax gebe es zum aktuellen Zeitpunkt keine Informationen, erklärte dazu eine Sprecherin von EP auf Anfrage von ChannelPartner.

Baut Notebooksbilliger nun das eigene Filialnetz aus?

Notebooksbilliger und das Thema Wachstum

Für Notebooksbilliger.de liegen die negativen Folgen der geplatzen Fusion zunächst nicht so stark auf der Hand. Der seit Mitte 2017 amtierende Oliver Ahrens bleibt CEO des Online-Händlers. Und von Arnd von Wedemeyer heißt es auf Anfrage, er werde natürlich unter dem neuen Aspekt nicht mehr bei Medmiax oder in der geplanten übergeordneten Struktur eine Rolle einnehmen. Bei Notebooksbilliger.de bleibe er wie gehabt im Vorstand, aber nur wenig operativ. "Die 'Rückkehr ins operative Geschäft' war aber auch nie mein 'Aufhänger'", erklärt Wedemeyer. "Ich bin sowieso davon ausgegangen, dass es bei den notwendigen Schritten zwar sinnvoll gewesen wäre, dass beide Eigentümerfamilien Flagge zeigen, aber dass daraus auch kein Dauerzustand entstanden wäre."

Aufhorchen lässt allerdings eine andere Aussage, die Wedemeyer kurz nach dem Bekanntwerden der Fusionspläne getroffen hat: "Der Online-Anteil ist im Elektronikhandel in den letzten Jahren nicht mehr dramatisch gewachsen", erklärte der Notebooksbilliger-Gründer. Es bewegten sich derzeit nur die Anteile der einzelnen Anbieter am Online-Umsatz. "Wir sehen, dass es einfach Menschen gibt, die weiterhin offline kaufen wollen. Und damit wir weiter in der Spitzengruppe bleiben, ist die Fusion mit Medimax da der richtige Schritt", so Wedemeyer Ende September.

Auch nach dem Platzen der Fusion dürfte sich an dieser grundsätzlichen Einschätzung nichts geändert haben, dafür hat Notebooksbilliger.de die stationäre Absatzoption Medimax nun verloren. Für den Online-Händler steht nun die Frage wieder auf der Tagesordnung, wie sich in einem zunehmend gesättigten und von Amazon dominierten Online-Markt weiteres Wachstum bewerkstelligen lässt. Auch hier bleibt es nach dem abgesagten Unternehmenszusammenschluss also spannend.