Wer mit engen Margen arbeitet, sollte den Überblick behalten. Aus diesem Grund ist Controlling in der Distribution überaus wichtig. Die Preisgestaltung spielt eine wichtige, aber nicht die wichtigste Rolle – sie führt aber zu Kollateralschäden.
Die Bestrebung der drei Großdistributoren, sich in eine Vielzahl an Nischenthemen zu spezialisieren, verändert den IT-Channel nachhaltig. Die Serie untersucht, die Funktionsweise des Channels und beleuchtet verschiedene Aspekte dieser Veränderung.
Was bisher geschah
Im ersten Artikel haben wir das Volumen des deutschen IT-Marktes in Relation zum Umsatzvolumen der drei Großdistributoren gesetzt. Damit haben wir die These untermauert, dass, egal um welchen Bereich es geht, der Großteil der IT-Projekte in Deutschland über die großen Drei abgewickelt wird. In Teil zwei haben wir die Rolle der Distribution innerhalb eines Projektes im Bildungsmarkt näher betrachtet. Der dritte Teil hat einen Einwand behandelt und eine erste Schlussfolgerung gezogen: "Aus dieser Perspektive klingt das Unterfangen paradox: Denn man möchte sich auf Märkte spezialisieren, die man überwiegend bereits bedient". In Teil vier und Teil fünf haben wir uns in die Innenperspektive der Distribution begeben und Profitabilität, Pricing und Controlling und die Prozesse unter die Lupe genommen.
Vertrieb in der Distribution
Zwei, das hätten wir damals "Die Zahl der Woche" genannt. Zwei Minuten lang sind die Gespräche, die der Telesales eines Distributors mit seinen Kunden führt im Schnitt. Recht drastisch hat das Ingram Europachef Gerhard Schultz vor vielen Jahren beschrieben: "Ich habe mich mal ein paar Tage in den Telesales gesetzt. Das ist schon brutal. Da rufen Händler an, sagen nicht 'Grüß Gott', sondern ihre Kundennummer und die Artikelnummern, fragen nach Preis und Verfügbarkeit und legen dann wieder auf, ohne sich zu verabschieden".
Inzwischen haben die Großdistributoren den Großteil der Anfragen in ihre Online-Shops kanalisiert, wo Kunden Preise und Verfügbarkeiten bequem abrufen können. Die Telesales-Teams sind entsprechend kleiner geworden. Die Anrufe kommen noch immer, die Zeitfenster bleiben allerdings kurz.
Die größten Distributoren in Deutschland (Rangliste nach Umsatz)
Das britische Magazin "Channelnomics" hat eine Rangliste der 30 größten deutschen Distributoren aufgestellt. Zu beachten ist, dass einige Umsatzangaben Schätzungen von Channelnomics sind und manche Umsätze von 2013, manche dagegen von 2014 stammen.
Platz 30: Wick Hill Unternehmen: Wick Hill Kommunikationstechnik GmbH <br> Schwerpunkt: Security <br> Umsatz: 46,7 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Hamburg
Platz 29: Delo Unternehmen: Delo Computer GmbH <br> Schwerpunkt: Peripherie <br> Umsatz: 56,4 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Recklinghausen
Platz 28: Littlebit Unternehmen: Littlebit Technology Deutschland GmbH <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 56,7 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Altenstadt
Platz 27: Allnet Unternehmen: Allnet GmbH Computersysteme <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 58 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Germering <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 17 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 26: Action Europe Unternehmen: Action Europe GmbH <br> Schwerpunkt: Komplettsysteme <br> Umsatz: 60 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Braunschweig <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 9 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 25: Exclusive Networks Unternehmen: Exclusive Networks Deutschland GmbH <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 63,3 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Münster
Platz 24: Fröhlich + Walter Unternehmen: Fröhlich + Walter GmbH <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 70 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Saarbrücken
Platz 23: Infinigate Unternehmen: Infinigate Deutschland GmbH <br> Schwerpunkt: Security <br> Umsatz: 128 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Oberhaching
Platz 22: Michael Telecom Unternehmen: Michael Telecom AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 130 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Bohmte <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 20: Bluechip Unternehmen: Bluechip Computer AG <br> Schwerpunkt: Peripherie <br> Umsatz: 160 Mio. Euro (2014; inkl. Assemblierung) <br> Sitz: Meuselwitz <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 19: ComLine Unternehmen: ComLine GmbH <br> Schwerpunkt: Apple-Produkte <br> Umsatz: 172 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Flensburg
Platz 18: ENO Unternehmen: ENO Telecom GmbH <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 180 Mio. Euro (2013; Schätzung) <br> Sitz: Nordhorn <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 5 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 17: Systeam Unternehmen: Systeam Gesellschaft für Computersysteme mbH <br> Schwerpunkt: Drucker <br> Umsatz: 200 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Ebensfeld <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 11 gelandet ("Preferred Distributor"). <br><br> Aktuellen Aussagen zufolge peilt Systeam für das laufende Geschäftsjahr einen Umsatz von 240 Millionen Euro an.
Platz 16: TIM Unternehmen: TIM AG <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 233 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Wiesbaden
Platz 15: Westcon Unternehmen: Westcon Group Germany GmbH <br> Schwerpunkt: Netzwerke <br> Umsatz: 250 Mio. Euro (2014; Schätzung); nach Angaben von Westcon: 376 Mio. Euro <br> Sitz: Mönchengladbach
Platz 14: ADN Unternehmen: ADN Distribution GmbH <br> Schwerpunkt: Data Center <br> Umsatz: 257 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Bochum <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Value Add Distribution" auf Platz 1 gelandet ("Channel Excellence Award").
Platz 13: Wortmann Unternehmen: Wortmann AG <br> Schwerpunkt: Peripherie <br> Umsatz: 279 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Hüllhorst <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 4 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 12: Brodos Unternehmen: Brodos AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 287 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Baiersdorf <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 7 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 11: dexxIT Unternehmen: dexxIT GmbH & Co. KG <br> Schwerpunkt: Comsumer Electronics <br> Umsatz: 300 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Würzburg <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 19 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 10: Arrow ECS Unternehmen: Arrow ECS GmbH <br> Schwerpunkt: Data Center <br> Umsatz: 300 Mio. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: Fürstenfeldbruck
Platz 9: Herweck Unternehmen: Herweck AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 317 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: St. Ingbert-Rohrbach <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 6 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 8: Komsa Unternehmen: Komsa Kommunikation Sachsen AG <br> Schwerpunkt: Telekommunikation <br> Umsatz: 465 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Hartmannsdorf <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "TK-Distribution" auf Platz 1 gelandet ("Channel Excellence Award").
Platz 7: Siewert & Kau Unternehmen: Siewert & Kau Computertechnik GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 490 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Bergheim <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 6: Wave Unternehmen: Wave Distribution & Computersysteme GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 573 Mio. Euro (2014, inkl. anderer Aktivitäten) <br> Sitz: Linden <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 5 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 5: API Unternehmen: API Computerhandels GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 629 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Aachen <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 2 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 4: Avnet Unternehmen: Avnet Technology Solutions GmbH <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 700 Mio. Euro (2014, Schätzung) <br> Sitz: Nettetal <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Value Add Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 3: Tech Data Unternehmen: Tech Data GmbH & Co. oHG <br> Schwerpunkt: Broadline <br> Umsatz: 2,2 Mrd. Euro (2014; Schätzung) <br> Sitz: München <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Broadline-Distribution" auf Platz 3 gelandet ("Preferred Distributor").
Platz 1: Ingram Micro Unternehmen: Ingram Micro Distribution GmbH <br> Schwerpunkt: Broadline <br> Umsatz: 5 Mrd. Euro (2014, Schätzung) <br> Sitz: Dornach <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Broadline-Distribution" auf Platz 2 gelandet ("Preferred Distributor").
Sie sehen, wir nähern uns dem Thema Spezialisierung von einer ganz anderen Seite.
Angesichts knapper Margen und niedriger Umsatzrendite optimiert die Distribution ihre Geschäftsprozesse fortlaufend. Die Logistik wird schneller und effizienter, genau wie die übrigen Prozesse. Der Effekt: die Betriebskosten (OPEX) sinken, die Profitabilität steigt oder bleibt stabil.
Im Vertrieb lässt sich das sehr schön über Provisionsmodelle steuern. Wenn zum Beispiel die Tendenz ohnehin zu kurzen Gesprächen geht, können die Vertriebsmitarbeiter belohnt werden, die die meisten Gespräche pro Tag führen. Oder diejenigen, die die meisten Gespräche führen, aus denen dann auch Umsatz resultiert oder die mit dem höchsten Umsatz pro Gespräch. Provision auf möglichst profitable Umsätze hält Vertriebler davon ab, zur Steigerung der Gesprächsfrequenz mit Geschäftsabschluss ausschließlich Tiefstpreise anzubieten. Der Fantasie sind hierbei kaum Grenzen gesetzt. In eine Richtung läuft die Optimierung allerdings: Sie bietet keine Anreize, ein Gespräch zu verlängern, etwa weil ein Kunde eine Frage zu einem bestimmten Produkt oder Projekt hat. Der Kunde weiß was er braucht und platziert in möglichst kurzer Zeit seine Bestellung - telefonisch oder online im Webshop.
Jeder, der sich schon einmal mit Projekten zum Beispiel im Bildungsmarkt oder im Rechenzentrumsumfeld beschäftigt hat, weiß, dass es in einem Gespräch von durchschnittlich zwei Minuten nicht möglich ist, ein Projekt zu besprechen. Auch ist es nur schwer möglich, erklärungsbedürftige Produkte vollautomatisch über einen Online-Shop zu verkaufen.
In zwei Minuten zur Bestellung
Hochautomatisierter Telefonvertrieb oder anders gesagt eine funktionierende Bestellannahme war einer der wesentlichen Wachstumsbeschleuniger in der Distribution, der nur noch vom Online-Shop getoppt wurde. Und ganz ähnlich ist der Weg im Privaten ja auch gewesen: Fachgeschäft - Supermarkt - Discounter - Amazon. Hand aufs Herz, wer kennt das nicht.
Das Problem erklärungsbedürftiger Produkte hat die Distribution schon früh gehabt und interessante Mechanismen entwickelt: Produktmanager, die sich in den Vertrieb einschalten; Spezialvertrieb für bestimmte Produkte - teils eigen- teils Hersteller-finanziert. Die Schwierigkeit: Die Spezialvertriebe bearbeiten meist monothematisch die Produkte eines einzelnen Herstellers. Die Koordination mit dem Gesamtvertrieb ist schwierig. Lösungen aus Produkten unterschiedlicher Hersteller oder Anforderungen spezieller Branchen sind in diesem Konstrukt nicht wirklich abzubilden.
Weitere große Distributoren in Deutschland
In der Rangliste der größten Distributoren in Deutschland, erstellt vom britischen Magazin "Channelnomics", sind leider nicht alle Unternehmen vertreten. Folgende große deutsche Distributoren (in alphabetischer Reihenfolge) fehlen in der Aufzählung.
ActionIT Unternehmen: ActionIT GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 180 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Paderborn <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 12 gelandet ("Preferred Distributor").
Extra Computer Unternehmen: Extra Computer GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 46 Mio. Euro (2014) <br> Sitz: Giengen an der Brenz <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 2 gelandet ("Preferred Distributor").
Kosatec Unternehmen: Kosatec Computer GmbH <br> Schwerpunkt: Komponenten <br> Umsatz: 57 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Braunschweig <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Komponenten-Distribution" auf Platz 4 gelandet ("Preferred Distributor").
Tarox Unternehmen: Tarox AG <br> Schwerpunkt: Storage <br> Umsatz: 115 Mio. Euro (2013) <br> Sitz: Lünen <br><br> Bei den Channel Excellence Awards 2015 in der Kategorie "Spezial-Distribution" auf Platz 1 gelandet ("Channel Excellence Award").
Folgerichtig die Erkenntnis, dass eine andere Struktur her muss. Denn eines ist klar, eine Organisation, die über Jahrzehnte auf Effizienz getrimmt ist, kann man nicht von heute auf morgen umdrehen. Und das darf man auch nicht, denn das existierende Geschäft floriert und sollte nicht gefährdet werden. Daraus resultiert die Mehrmarkenstrategie einer Tech Data - neben der Broadline gibt es völlig isoliert und unter anderen Namen arbeitende Geschäftsbereiche: Azlan, Datech, Maverick etc.. Daraus resultiert die Erkenntnis, man müsse das Geschäft beziehungsweise die Bereiche entzerren und in verzahnt arbeitende Bereiche mit unterschiedlichen Ansätzen wie Supply, Solutions oder Service gliedern - vorgetragen von Also CEO Gustavo Möller-Hergt. Thematische Teams aus Spezialisten quer durch die Organisation - der Weg der Ingram (auch wenn ich mir da nicht sicher bin, dass es noch der Weg ist).
Bei Aalso sucht Markus Vogt, als Head of Business Research & Development zuständig für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder aber auch neuer Verkaufsansätze, nach Möglichkeiten, weitergehenden Inhalte in die Telesales-Telefonate einzuführen. In der aktuellen Ausgabe des Kundenmagazins Also Fachhandels Info sagt Vogt: "Wenn der Kollege im Telesales bei 1:50 Minuten noch an ein Fokusthema denkt, das Interesse identifiziert und den Interessenten an einen Spezialisten abgibt", dann sei viel gewonnen. Das allerdings ist kein einfacher Weg. (bw)