Es ist Mittsommer. Am 21. Juni erreicht die Sonne auf der Nordhalbkugel den höchsten Stand. Da haben sich die Veranstalter der Intersolar in München die beste Zeit des Jahres herausgesucht, um eine Solarmesse abzuhalten. Die Messe brummt und erinnert an die besten Zeiten der Cebit in Hannover oder der Systems auf eben jenem Messegelände in München.
Die Parallelen der Industriezweige IT und Solar drängen sich nicht nur auf der Messe auf. Innovation und technologischer Fortschritt bei Software, Hardware und Dienstleistungen führt zu neuen Produkten und Geschäftsmodellen in der IT.
Auch in der Solarbranche ist die Technologie ständig in Entwicklung, insbesondere bei der Effizienz von Solarpanels, Energiespeichertechnologien und Produktionsmethoden. "Die Solar- und die IT-Industrie sind beide stark innovationsgetrieben und stetig im Wandel", bestätigt Bryan Liu, CEO beim Photovoltaikspezialisten Zendure. Liu sieht auch Parallelen im Vertrieb: "Bei beiden Industrien ist der Direktverkauf möglich, allerdings ergibt es bei einigen Produkten Sinn, mit Partnern und Distributoren zusammenzuarbeiten, da diese beispielsweise umfangreiche Marktexpertise aufweisen und auch den lokalen Support abwickeln können", erläutert der Zendure-CEO.
Das sieht auch Swen Schuur so. Er handelt als Geschäftsführer von Techflash überwiegend mit IT und Unterhaltungselektronik. Schuur hat bereits einige ausgewählte Zendure-Produkte im Portfolio. Ihn reizt die Herausforderung eines "explosionsartig wachsenden Bereichs" mit großen Chancen und Möglichkeiten: "Die Produkte passen sehr gut dazu, da sie zum Teil auch wie eine klassische USV verwendet werden können und da es zeitgemäß ist, seine IT mit grünem Strom zu versorgen", findet der Techflash-Chef. Dafür nimmt er auch in Kauf, dass Stromspeicher einen erhöhten logistischen Aufwand und andere Lagervoraussetzungen erfordern, da die großen Akkus als Gefahrgut deklariert und behandelt werden müssen.
Solar- und IT-Know-how aus einer Hand
Vinzent Weiler, für den Technical Sales bei SAX Power zuständig, sieht noch weitere Parallelen: "Moderne Solaranlagen und Energiespeicher werden zunehmend über intelligente IT-Systeme gesteuert. Auch bei größer werdendem Einfluss von Smart Energy Systemen auf die Steuerung der Speicher und Wallboxen spielt IT eine zunehmende Rolle", weiß Weiler. Er rechnet damit, dass immer mehr KI in Energiesystemen zur Anwendung kommen wird, um Verbrauchsmuster und Nutzerverhalten zu analysieren.
Da liegt es nahe, dass Solar- und IT-Knowhow aus einer Hand kommen. Günter Reit, Geschäftsführer bei Comidos Software, hat sich so mit Solartechnik ein weiteres Standbein aufgebaut. "Die Anforderungen von PV- und Energiemanagementanlagen verlangen immer mehr IT-Kenntnisse", berichtet er. Als Beispiel nennt er die Heimspeicher von SAX Power, die dann wahlweise über Netzkabel oder Lora mit der Cloud verbunden werden und dann über das Internet mit den Geräten der Nutzer kommunizieren.
Für Reit bieten sich vor allem PV-Anlagen mit Speicher und Wallbox, insbesondere Energiemanagementsysteme, als Betätigungsfeld an. Allerdings braucht es nach wie vor auch einen zugelassenen Elektroinstallateur. "Auch bei Speichersystemen, über die Endverbraucher dynamisch Stromtarife nutzen können, sind IT-Kenntnisse gefordert", ergänzt SAX-Sales-Spezialist Weiler. Dies gelte besonders für zukünftig geplante Energiezusammenschlüsse von Privathaushalten und für Mieterstrommodelle mit Abrechnungssoftware. Um potenzielle Partner dafür fit zu machen, bietet SAX ein breites Angebot an Schulungen vor Ort oder online an. Ergänzt wird dies durch eine Vielzahl von Produkt- und Informationsvideos, die auch für den direkten Kundenkontakt eingesetzt werden können.
Energieeffizienz und Klimaneutralität
Auf der Intersolar war auch die Solarsparte des chinesischen Tech-Konzerns Huawei eine große Präsenz. Huawei FusionSolar bietet von Smart-PV- und Energy Storage System (ESS)-Lösungen für Wohngebäude über Smart Micro Grid bis zur Ausstattung für Versorgungsunternehmen eine große Bandbreite an Solartechnik. Traditionell eng verbunden mit Huawei ist Acondistec. Der Value Add Distributor aus St. Leon-Rot hat die Solarmesse nun dafür genutzt, auch mit Huawei FusionSolar eine Vertriebspartnerschaft zu schließen.
Acondistec-Chef Ümit Subas verweist auf Energieeffizienz und Klimaneutralität, Ziele, die sowohl die IT- als auch die Solarindustrie verfolgen. Daher hält er es für sehr sinnvoll, dass IT-Fachhändler und IT-Dienstleister die Erweiterung ihres Vertriebsmodells erwägen. "So können sie ihre Kunden ganzheitlich betreuen und die Kundenbindung stärken", betont er. So habe die Unternehmens-IT je nach Unternehmensgröße und Branche "einen erheblichen Anteil" an den Energiekosten. "Reseller können Know-how und Ressourcen selbst aufbauen oder bei uns einkaufen", beschreibt er die Vorteile das Acondistec-Vertriebsmodells.
Ganz ohne eigenes Know-how geht es aber trotz niedriger Einstiegsmöglichkeiten nicht. So sind beispielsweise Kenntnisse über regionale Anforderungen und Förderprogramme gefragt. "Es ist sicher sinnvoll, Inhouse-Know-how aufzubauen und selbstständig Services für Endkunden zu übernehmen", meint Ümit Subas. Sowohl Huawei FusionSolar als auch Acondistec selbst können bereits passende Schulungsmodule anbieten.
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
So versuchen Hersteller, die Synergieeffekte zwischen IT und Solar sowohl bei der Händler- als auch bei der Kundenansprache zu nutzen. Der chinesische Hersteller Anker bietet bereits seit längerem klassische IT- und UE-Zubehörprodukte wie Ladegeräte, Powerbanks, Projektoren oder Konferenzequipment an. Mit Anker Solix hat man aber auch einen beachtlichen Solarzweig aufgebaut. "Wir verfügen über langjährige Erfahrung und kennen die Bedürfnisse der Endverbraucher gut", erklärt Kelvin Cao, CEO bei Anker Solix, die Vorteile.
Die Ausweitung des Vertriebsmodells auf Energielösungen, insbesondere Solarenergiespeichersysteme, hält Cao aus mehreren Gründen praktikabel. "Wir erleben eine zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen Energielösungen, was die Attraktivität solcher Produkte erhöht. IT-Fachhändler und Dienstleister verfügen oft bereits über eine etablierte Kundenbasis, die an umweltfreundlichen Technologien interessiert ist", erläutert er.
Zudem bieten Solarenergiespeichersysteme eine zusätzliche Einnahmequelle und erweitern das Produktportfolio, was die Wettbewerbsfähigkeit am Markt stärken kann. Daher unterstütze man die Partner mit umfassendem Know-how und Schulungen, um den Vertrieb und die Integration von Energielösungen reibungslos zu gestalten. "Zusammengefasst bietet die Ausweitung auf Energielösungen wie Solaranlagen also klare Vorteile und ist definitiv praktikabel für IT-Fachhändler und Dienstleister", bringt es der Anker-Solix-CEO auf den Punkt.
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