Eigentlich sollte das inzwischen jeder Onlinehändler wissen: Wer mit Superlativen wirbt, kassiert schnell eine Abmahnung. Denn den Kunden wird damit eine Alleinstellung vorgegaukelt, die nur in den allerwenigsten Fällen faktisch belegbar ist. Und da es sich bei Galaxus um den umsatzstärksten Schweizer Onlinehändler handelt, sollte man annehmen, dass das Unternehmen das Risiko eines Rechtsstreits kannte, als man 2020 für die erste Werbekampagne in Deutschland auf dem Claim "Deutschland ehrlichster Onlineshop" setzte. So wundert es fast ein bisschen, dass es ganze vier Jahre dauerte, bevor der kalkulierte Eklat nun in Form eines Gerichtsvergleichs tatsächlich eintrat.
Denn dem Frankfurter Verein Wettbewerbszentrale passte der Superlativ nicht und so klagte dieser vor dem Landgericht Hamburg, am Sitz von Galaxus Deutschland, gegen die weitere Verwendung des Claims. Die 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hamburg hat sich daher mit dem Fall befasst, die Verhandlung fand am 5. März 2024 statt und endete schließlich mit einem Vergleich.
Eine klassische "Probatio diabolica"
Nach Darstellung von Galaxus räumte der Vorsitzende Richter Dr. Kagelmacher dem Onlinehändler bei der Verhandlung immerhin ein, "veritable Argumente" auf seiner Seite zu haben. Galaxus-Anwalt Claudius Klueting (Rechtsanwälte Seidler & Kollegen, Weil am Rhein) hatte dem Gericht zuvor im schriftlichen Vorverfahren erklärt, warum sich das Unternehmen als ehrlichster Onlineshop sieht. Doch der Fall sei auch eine "Probatio diabolica", wie der Richter sagte. Wikipedia definiert dies als "a legal requirement to achieve an impossible proof". Den Beweis, der ehrlichste Shop zu sein, könne Galaxus also nahezu unmöglich erbringen.
Ein Urteil wurde nicht gesprochen, beide Seiten haben einen Vergleich geschlossen. Mit diesem Vergleich wird Galaxus freiwillig nach Ablauf einer gewissen Frist auf den Superlativ "ehrlichster" verzichten. Auf Vorschlag von Galaxus haben beide Seiten sich hierfür auf den 30. April 2024 verständigt.
In einer Pressmitteilung erklärt Galaxus zudem, immer schon kommuniziert zu haben, dass der Superlativ zugegebenermaßen "zugespitzt" sei. Der dabei verlinkte Blogbeitrag wurde allerdings offensichtlich erst nach der Klage der Wettbewerbszentrale entsprechend ergänzt - ein Indiz dafür, dass der Händler doch nicht so ehrlich ist, wie er sich selbst darstellt?