Navigationssysteme in der Forschung

Wer nicht hören kann, muss fühlen

27.09.2010 von Armin Weiler
Taktile Systeme am Lenkrad sollen für Autofahrer künftig die Richtungsanweisungen des Navigationssystems fühlbar machen.
Über zwei Trackballs am Fahrzeug gibt das Navigationssystem fühlbare Richtungsanweisungen an den Fahrer.
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Taktile Systeme am Lenkrad sollen für Autofahrer künftig die Richtungsanweisungen des Navigationssystems fühlbar machen. Durch Telefonate oder intensive Störungen von Mitfahrern kann es auf einer Autofahrt häufig dazu kommen, dass der Fahrer die Richtungsanweisung des Navis überhört. Für solche Fälle haben Forscher der Universität of Utah in einem Forschungsprojekt ein taktiles System entworfen, das dem Fahrer per TrackPoint (entnommen von einem alten IBM TinkPad) am Lenkrad über seine Finger die geplante Richtung weisen soll. Test haben ergeben, dass Fahrer, die durch ein Telefongespräch abgelenkt waren, sicherer den Informationen über ihre Fingerkuppen folgten, als den akustischen Ansagen des Navigationssystems.

Vom Lenkrad-Feedback profitieren aber nicht nur Dauertelefonierer oder Schwerhörige. "Man kann nicht gleichzeitig auf eine grafische Displayanzeige und durch die Windschutzscheibe schauen", sagt David Strayer, Psychologieprofessor an der University of Utah. Wenn Lenker Navi-Informationen an den Fingern spüren, kann das allgemein die Verkehrssicherheit fördern, ist das Team überzeugt.

Wer nicht hören kann, muss fühlen

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Um Navi-Informationen fühlbar zu machen, werden am Lenkrad Geräte befestigt, die William Provancher, Assistenzprofessor für Maschinenbau an der University of Utah, entwickelt hat. Sie enthalten einen Trackpoint, wie er in manchen Notebooks als Steuergerät zum Einsatz kommt. Beim Navi-Hilfsmittel ruhen die Zeigefinger des Lenkers einfach auf dem Mini-Joystick. Wenn das Navigationsgerät nun anzeigt, dass der Fahrer abbiegen soll, bewegen sich die Trackpoints in die entsprechende Richtung. Der Autolenker spürt dadurch einen leichten Zug an der Haut der Fingerspitzen.

In einem Simulator-Experiment hat das Team untersucht, wie gut dieser Ansatz die Stimmausgabe von Navis ergänzt. Die Probanden mussten während der Simulator-Fahrt telefonieren. Bei gut einem Viertel der Testläufe haben die Lenker nicht mehr korrekt auf akustische Aufforderungen zum Spurwechsel reagiert. Mit dem taktilen System dagegen lag die Trefferquote bei 98 Prozent und somit auf dem gleichen Niveau wie bei Fahrern, die nicht durch ein Gespräch abgelenkt waren. Daher sind die Forscher überzeugt, dass auch Gehörlose von dem System profitieren würden.

Neuer Informationskanal

Den Wissenschaftlern zufolge hat der taktile Ansatz generell große Bedeutung. "Dieses taktile Gerät bietet dem Lenker zusätzliche Information, ohne ihn abzulenken", erklärt Strayer. Denn der Autofahrer muss so seinen Blick nicht von der Straße abschweifen lassen und kann sich auch voll auf akustische Warnsignale wie Sirenen oder Hupen konzentrieren. Das Erschließen des Tastsinns als zusätzlichen Kommunikationskanal kann also für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen.

Bei entsprechendem Interesse seitens der Automobilindustrie kann das taktile Informationssystem schon in drei bis fünf Jahren zur Ausstattung von Serienfahrzeugen gehören, so Provancher. Das könne beispielsweise auch den Umgang mit Music-Playern im Fahrzeug erleichtern. (pte/bw)

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