Vier Jahre sind ins Land gezogen, seit Apple den letzten Desktop-Rechner mit "Pro" im Namen ausgeliefert hat. Jetzt ist er gelandet, der iMac Pro. Und der wird die Mac-Familie bis zu dem Tag anführen, an dem ein neuer Mac Pro aufschlägt. Bis es soweit ist (und darüber hinaus) will sich der iMac Pro nun größte Mühe geben, den Look und Style eines 27-Zoll-Retina-5K-iMac mit den Vorzügen einer professionellen Workstation zu verschmelzen.
Dass der iMac Pro alles andere als ein Computer für die Massen ist, macht schon der Blick auf sein Preisgefüge klar: Los geht’s bei 5499 Euro. "Volle Hütte" kostet circa 15.500 Euro. Dafür bekommen Sie auch einen nagelneuen Nissan Micra und haben noch genug übrig für ein Macbook Pro. Oder ein Surface Book 2.
Wenn Sie sich an dieser Stelle eigentlich gar nicht sicher sind, ob Sie die Power eines iMac Pro überhaupt brauchen, dann brauchen Sie sie übrigens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Sollten Sie allerdings Bock auf Multi-Core-Performance verspüren und eine herzhafte GPU wollen, die Sie auch durch die härtesten Tasks (zum Beispiel Videobearbeitung, Softwareentwicklung, Foto- und Audio-Verarbeitung, Wissenschafts- und Grafik-Applikationen) gleiten lässt, wie die Hände von Chuck Norris durch den Erdball - dann könnte der neue iMac Pro der Profi-Mac sein, den Sie suchen.
In diesem ausführlichen Test unseres Macworld-Kollegen (und langjährigen Mac-Users) Jason Snell, erfahren Sie alles, was Sie zum neuen Über-Mac wissen müssen.
Die alte Schule und der Power Mac
Es gab eine Zeit, da hatten professionelle Mac-User (und solche, die sich dafür hielten) nur ein Modell im Sinn: den Power Mac (der später zum Mac Pro wurde). Anfangs war dieser jedoch eher im Mittelklasse-, denn im High-End-Segment angesiedelt.
Im Laufe der letzten Dekade ging Apple schließlich dazu über, die iMac-Familie in Sachen Performanz aufzuwerten, während der Mac Pro als abgehoben teures High-End-Modell für professionelle Zwecke positioniert wurde. Das führte schließlich dazu, dass bei vielen der ehemaligen Power-Mac-"Chauvinisten" heute ein iMac 5K auf dem Tisch steht. Ich bin einer davon. Im Gegenzug sorgte die Entwicklung aber auch für eine Verwässerung des Begriffs "Pro Mac Desktop": Viele professionelle Anwender brauchen zwar Rechenleistung, aber nicht mehr als ein iMac Retina 5K zur Verfügung stellt.
Doch es gibt ohne Zweifel Aufgaben, für die man eine extra Portion Power gut und gerne gebrauchen kann: Je mehr meine Video- und Audioschnitt-Sessions die Prozessoren meines iMac in die Knie zwingen, desto stärker giere ich nach zusätzlichen Kernen und schnellerem Speicher. Und - so viel vorab - der iMac Pro liefert genau hier ab, wie kein Zweiter.
iMac Pro mit Standardkonfiguration im Test
Durch die Substitution meines 2014er iMac Retina 5K mit dem neuen iMac Pro hat sich mein Arbeitsplatz optisch kaum verändert. Auf den ersten Blick ist der iMac Pro eben auch nur ein iMac (mit einem 27-Zoll-5K-Display mit P3-Farbraum-Unterstützung) in einer etwas dunkleren Abstufung von Silbergrau. Die Peripherie - also ein Wireless Keyboard mit Nummernpad und eine Maus - kommt ebenfalls in "space grau" und bleibt fürs Erste dem neuen Topmodell vorbehalten. Das Innenleben des iMac Pro ist hingegen mit nichts vergleichbar, was man bisher vom iMac kannte.
Ich habe den iMac Pro in der Standardkonfiguration (5499 Euro) erworben und getestet. Hier die wesentlichen Spezifikationen des Testsystems:
3,2 GHz 8-Core Intel Xeon W Prozessor (Turbo Boost bis zu 4,2 GHz)
32 GB DDR4 Arbeitsspeicher mit 2666 MHz
1 TB SSD
Radeon Pro Vega 56 mit 8 GB RAM
Was den Arbeitsspeicher angeht: Möglich ist hier eine Konfiguration mit bis zu 128 GB und die RAM-Slots des iMac Pro sind grundsätzlich Upgrade-fähig. Allerdings kann (beziehungsweise sollte) eine solche Erweiterung nur von Apple oder einem autorisierten Händler durchgeführt werden, denn dazu muss das Display abgenommen werden. Wenn Sie sich also für einen iMac Pro interessieren, sollten Sie sich vorher gut überlegen, wie viel Arbeitsspeicher Sie für die nächsten Jahre brauchen werden. Dennoch ist es ohne Frage beruhigend zu wissen, dass grundsätzlich eine Möglichkeit besteht, nachträglich aufzurüsten. Nur eben nicht so einfach wie beim Retina-iMac.
Der SSD-Speicher des iMac Pro besteht im Grunde aus zwei NAND-Memory-Bänken, die von einem Apple T2-Prozessor gesteuert werden (mehr zum T2-Chip später). Laut Apple bringt es die SSD im iMac Pro auf eine Lesegeschwindigkeit von 2,8 GB pro Sekunde und eine Schreibgeschwindigkeit von 3,3 GB pro Sekunde. Ziemlich schnell also.
An der Außenhaut des iMac Pro manifestiert sich das auffälligste Upgrade (im Vergleich zum iMac 5K) in der Port-Vielfalt auf der Rückseite: Hier thronen vier Thunderbolt 3/USB-C-Ports auf zwei unabhängigen Controllern und sorgen so für ein Höchstmaß an Highspeed-Konnektivität: Am iMac Pro lassen sich zwei externe 5K-Monitore betreiben (!). Erwähnenswert ist an dieser Stelle aber auch, dass der Einsatz von Thunderbolt-Peripherie am iMac Pro den Einsatz von Adaptern erfordert. Der Ethernet-Anschluss am iMac Pro unterstützt Geschwindgkeiten bis zu 10 GB/s - eine gute Möglichkeit also, Netzwerk-Storage wie lokalen Speicher wirken zu lassen.
Wer auf die Freiheiten steht, die eine VESA-Halterung verschaffen kann, der darf sich an dieser Stelle freuen: Der iMac Pro kann seines mitgelieferten Bildschirmständers beraubt und über einen Adapter mit jeder VESA-Halterung betrieben werden. Die aktuellen 4K- und 5K-iMacs können zwar als VESA-Version geordert werden, wer sich aber einmal für die Version mit Ständer entschieden hat, für den gibt es kein Zurück. Mein iMac Pro schwebt jedenfalls über dem Schreibtisch - und sieht dabei ziemlich überwältigend aus.
iMac Pro 2017 im Benchmark-Test
Im Benchmark-Test muss der iMac Pro sowohl gegen meinen "alten" iMac Retina 5K (2014er-Modell mit SSD, 16 GB RAM, 4-GHz Intel Core i7), als auch gegen einen 2017er iMac Retina 5K (3,6-GHz Intel Core i7) antreten. Dabei habe ich möglichst realistische Tasks gewählt - also genau die Anwendungsfälle, für die ich mehr Power haben wollte: Audio Processing, Logic Pro, Datei-Exporte mit Final Cut Pro sowie einige andere Aufgaben in Zusammenhang mit Video- und Audiobearbeitung.
Hier die Ergebnisse der Benchmark-Tests im Überblick:
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Aufgaben, die die Vorteile von mehreren Prozessorkernen nutzen können, erledigte der iMac Pro doppelt so schnell wie das 2014er-Modell und in etwa 60 Prozent der Zeit, die der 2017er-iMac benötigte. Der Umstieg auf einen iMac Pro bedeutet also auch für Nutzer eines iMac der neuesten Generation einen gewaltigen Fortschritt. Dazu kommt noch die wie erwartet grandiose Performance der Radeon Pro Vega GPU.
Geht es aber um die Single-Core-Performance, können die Xeon-Prozessoren ihre Vorteile nicht wirklich ausspielen: In diesen Tests wird er vom aktuellen iMac ausgestochen. Wenn Sie also hauptsächlich Aufgaben bewältigen wollen, für die ein einzelner Kern zum Einsatz kommt, ist der iMac Pro nicht das Richtige für Sie. Dafür eignet sich der iMac Retina 5K deutlich besser. Und günstiger kommen Sie dabei zudem weg.
Der hybride Power Mac für Profis?
In einem Macworld-Beitrag habe ich mich bereits ausführlich mit dem ARM-Prozessor von Apple - dem T2 - beschäftigt, der zahlreiche Aufgaben erledigt, für die zuvor eigenständige Controller-Komponenten zum Einsatz kommen mussten. Allerdings ist der iMac Pro nicht der erste Mac, der einen ARM-Chip von Apple mit einem Intel-Prozessor zusammenbringt. Jedes Macbook Pro mit Touchbar hat schließlich den T1 Chip an Bord. Der T2 allerdings forciert eine Computing-Zukunft, in der der Mac dank eines "Helfer"-Chips, der neben CPU und GPU arbeitet, noch sicherer und effizienter wird.
Im iMac Pro ist der T2 zuständig für die Steuerung der Stereo-Lautsprecher, der internen Mikrofone und der Lüfter. Außerdem stellt der T2 auch einen Bildsignal-Prozessor für die überarbeitete 1080p-Facetime-Kamera zur Verfügung. Im Test präsentierte sich die Bildqualität im Vergleich zu der voriger iMacs mit dramatischen Verbesserungen. Beeindruckenderweise fungiert der T2-Chip darüber hinaus aber auch (wie bereits erwähnt) als System- und Disk-Controller und ist "Herr" zweier NAND-Speicherbänke, die die interne SSD des iMac Pro bilden. Der T2 verschlüsselt sämtliche Daten, die hier abgespeichert werden, nahtlos.
Natürlich würde man gar nicht bemerken, dass der T2 überhaupt da ist, wenn man nichts von seiner Existenz wüsste. Der iMac Pro arbeitet wie man das von einem Mac eben erwartet, mit Ausnahme einiger neuer Security-Features: Während der Über-iMac bootet, wird bereits der T2-Chip aktiv und überprüft, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Mit Standardeinstellungen ist das Booten durch eine nicht-autorisierte macOS-Version oder von einer externen Festplatte nicht möglich. Beides ist jedoch über den Einsatz der neuen Startup Security Utility möglich. Bootcamp-Benutzer dürfen sich zudem über Windows-10-Support freuen (beginnend mit dem Fall Creators Update).
Da es der erste iMac Pro ist und der erste Mac mit einem T2-Chip, war ich auch nicht überrascht, als sich im Test einige, kleinere Schwächen zeigten. Bei einigen Gelegenheiten schlug beispielsweise die Passwort-Eingabe fehl - um nach wenigen Sekunden dann doch noch zu klappen. Ein seltsames Gefühl. Die Installation von Bootcamp gelang mir im Test erst nach zwei erfolglosen Anläufen.
Positiv konnte sich im Test hingegen das Kühlsystem und die Lüfter des iMac Pro hervortun. Natürlich kann ich als 8-Core-User keine Aussage über die "Auswürfe" eines 16-Kerners treffen. Was die Standardversion angeht: Die Lüfter sind praktisch nicht hörbar. Auch bei völlig geräuschloser Umgebung sind sie nur wahrzunehmen, wenn man sein Ohr direkt ans Gehäuse hält. Auch unter Last war für mich im Test kein verstärktes Geräuschniveau wahrnehmbar. Das einzige Anzeichen dafür, dass der iMac Pro unter Last steht: Die Abluft wird wärmer.
So gut ist der iMac Pro wirklich
Der iMac Pro ist ein Mac Pro im Gewand eines iMac Retina 5K. Wenn Sie bislang letzteren benutzen und verzweifelt nach besserer Performance für ihre Multicore-Anwendungen dürsten, wird der iMac Pro liefern. Der kommende Mac Pro dürfte - insbesondere wenn es um die Nutzung mehrerer, externer Monitore geht - möglicherweise Vorteile bieten, da er sich höchstwahrscheinlich besser aufrüsten lassen wird.
Der iMac Pro hingegen bleibt, was er ist. Stand heute: Der schnellste Mac überhaupt mit Wahnsinns-Prozessoren, -Storage und -Connectivity - alles in einen atemberaubenden 5K-Screen gepresst. Wer die acht, zehn, 14 oder gar 18 Kerne des iMac Pro in Kombination mit der Radeon Pro Vega und der blitzartigen SSD nutzen kann und zu nutzen weiß, der bekommt eine begeisternde Kombination aus Mac Pro und iMac 5K geboten.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation Macworld.