Near Field Communication, kurz NFC, heißt die Art der Kommunikation, die laut sämtlicher Prognosen den Alltag mit Smartphones deutlich verändern soll. Für den Endverbraucher verspricht diese Lösung klare Vorteile - nicht zuletzt über die bequeme Bezahlfunktion. Wo aber liegen Chancen oder Herausforderungen für den Handel, für Dienstleister und Gewerbetreibende?
Lästiges Münzgeld mit sich herumzutragen, könnte für den Konsumenten bald der Vergangenheit angehören. Die neue Lösung heißt NFC-fähiges Smartphone mit Bezahlfunktion. Bei NFC handelt es sich um eine drahtlose Übertragungstechnik, die dem kontaktlosen Datenaustausch zwischen Geräten dient, Bezahlen ist dabei nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten.
Der Funkstandard wurde gezielt auf die geringe Reichweite von zehn Zentimetern entwickelt, um das Ausspähen der übertragenen Daten zu erschweren. Eine Erfassung, Mitnahme und auch Weitergabe von Information quasi im Vorbeigehen ist das Ziel der Technologie. Nicht zuletzt aufgrund der riesigen Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten wird der Lösung ein kometenhafter Aufstieg vorhergesagt.
Adieu Bargeld? Schneller, bequemer und sicherer geht's ohne!
Die größte Errungenschaft von NFC ist jedoch unbestritten die bargeldlose Zahlung. Wer kennt nicht die Situation am Parkautomaten oder in der Straßenbahn, wenn das Kleingeld in der Börse nicht ausreicht und der Automat gerade mal wieder die Annahme von Geldscheinen verweigert? Entsprechend ausgestattet, kann hier das NFC-fähige Smartphone die Rettung bringen.
Damit das funktioniert, benötigt es ein NFC-fähiges Kassenterminal. Es genügt, das Smartphone an das entsprechende Lesegerät zu halten. Viele Städte in Deutschland rüsten derzeit ihre Fahrkarten- und Parkautomaten mit der neuen Technologie aus, um diesen Service anbieten zu können. Auch immer mehr große Fastfood-, Coffee Shop- und Handelsketten sowie Supermärkte, Discounter und Tankstellen in Deutschland investieren in die notwendigen Terminals. Die Bezahlvorgänge werden dadurch deutlich beschleunigt. Auch wenn heute nur wenige Kunden das Angebot bereits nutzen, setzt man mit der Investition auf Kundenservice und sichert gleichzeitig die eigene Zukunftsfähigkeit.
Denn der Trend ist eindeutig: Der Bargeldbestand in den Portemonnaies sinkt deutlich: Jüngere Altersgruppen haben im Durchschnitt gerade mal noch 66 Euro bar dabei, Tendenz fallend, wie eine Studie der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland aus dem Jahr 2014 ergab. Dementsprechend ist auch der Anteil der Barzahlungen in den vergangen Jahren stark rückläufig.
Nur knapp die Hälfte aller Umsätze wird heute noch mit Bargeld beglichen. Immerhin mehr als ein Drittel der Deutschen (36 Prozent) kann sich mittlerweile vorstellen, künftig im Alltag immer bargeldlos zu bezahlen. In der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen ist es sogar fast die Hälfte (46 Prozent). Das hat eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom Anfang 2015 ergeben.
Gleichzeitig wächst beim Endverbraucher das Unverständnis gegenüber reiner Barzahlung - gerade bei höheren Beträgen. Kundenzufriedenheit fällt nicht vom Himmel. Sie ist Ergebnis harter Arbeit und überzeugender Services - und sollte beim Bezahlprozess nicht aufhören. Wer es seinen Kunden also leicht machen will, bietet ihnen bequeme, bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten an - auch als kleiner Gewerbetreibender oder Händler.
Für das "Wie" gibt es mittlerweile eine gute Auswahl an Lösungen für jeden Bedarf. Eine elegante Lösung ist es beispielsweise, per Smartphone und einem kleinen Kartenlesegerät (mPOS) EC- und Kreditkarte zu akzeptieren. Damit hat der Anbieter sein Geld sicher und allen Parteien bleibt es erspart, mit größeren Mengen Bargeld durch die Gegend zu laufen.
Mobile Payment: Verschiedene Anbieter, vielfältige Lösungen, ein Trend
Apples lang erwartete Entscheidung, NFC ins iPhone 6 zu integrieren und die Bezahlfunktion Apple Pay einzuführen, wird vom Markt als wegweisend interpretiert. Denn die Hürden sind im Gegensatz zu bestehenden Lösungen erstmals deutlich niedriger: Apple Pay greift auf die bei iTunes hinterlegten Daten zurück und 800 Millionen Nutzer sind somit praktisch schon vorregistriert.
Darüber hinaus ist die Auswahl an weiteren NFC-Bezahllösungen groß: Vodafone bietet eine namens Vodafone SmartPass, Telekom MyWallet und O2 Deutschland Mpass. Da die Netzbetreiber durch den Mobilfunkvertrag über alle relevanten Daten der Nutzer bereits verfügen, ist theoretisch die Abrechnung über die Handy-Rechnung möglich. In der Regel wird aber mit der mobilen App über einen Finanzdienstanbieter eine digitale Bezahlkarte zusätzlich herausgegeben.
Die Wirecard AG, ein deutsches Technologie- und Finanzdienstleistungsunternehmen, unterstützt technisch alle Lösungen der gängigen Mobilfunkanbieter. Der US-Konzernriese Google Inc. hat mit Android Pay ebenfalls eine eigene online Bezahllösung mit NFC im Rennen. Der Anbietermarkt ist also stark fragmentiert und die Skepsis gerade in der deutschen Bevölkerung unter anderem auch deshalb derzeit noch recht hoch. Price Waterhouse Coopers (PWC) rechnet nichtsdestotrotz mit enormen jährlichen Wachstumsraten in den kommenden Jahren bei einer gleichzeitig dramatischen Konsolidierung der Anbieter.
NFC im Handel: Kundenzufriedenheit in der Waagschale
Mit dem massenhaften Einsatz von Smartphones und der zunehmenden Verbreitung von NFC hat sich die Situation für den Handel und alle anderen Anbieter grundlegend geändert. Nicht zuletzt durch den medialen Hype um NFC wird beim Endverbraucher die Erwartungshaltung geschürt, bargeldlos per Smartphone bezahlen zu können. Der Druck, umzurüsten und die entsprechenden Terminals zu bieten, wird steigen - nicht zuletzt auch durch die Kartenindustrie selbst: Seit 2015 müssen neu aufgestellte Kassensysteme NFC-fähig sein, um MasterCard bedienen zu können. Die großen, international aufgestellten Ketten tun es bereits.
Und auch kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist es ein großes Anliegen, den steigenden Kundenerwartungen nach bargeldloser Bezahlmöglichkeit nachzukommen, wie das Heidelberger Marktforschungsunternehmens GIM 2015 in einer Studie zusammen mit uns herausfand. Das eigene Angebot an Bezahlmöglichkeiten zu erweitern, wird damit zum Entscheidungskriterium darüber, keine Kunden zu verlieren.
Unfraglich ist das Handling von Bargeld generell mit einem hohen Aufwand verbunden. In den skandinavischen Ländern, in denen das digitale Bezahlen schon vollkommen etabliert ist, wird deshalb intensiv über die vollständige Abschaffung des Bargeldes diskutiert. In Dänemark wird ab 2017 kein neues Bargeld mehr ausgegeben - Regierung und Wirtschaft sehen keine Notwendigkeit mehr dafür. Und auch in Deutschland bewerten laut der Studie Mobile in Retail von GS1 Germany (2014) 73 Prozent der Händler einen möglichen Rückgang der Bargeldabwicklung positiv.
Steigt der Anteil bargeldloser Transaktionen, können die Unternehmen mit Kosteneinsparungen bei der Abwicklung rechnen. An der Kasse beschleunigt bargeldloses Bezahlen zusätzlich die Durchlauffrequenz. Auch bei KMUs überwiegen die Vorteile bargeldloser Bezahlung. Direkt vor Ort abzurechnen und nicht mehr auf Zahlungseingänge zu warten, ist insbesondere im Hinblick auf die allgemein sinkende Zahlungsmoral ein großer Vorteil.
Für eine vollständige Akzeptanz sind allerdings nicht zuletzt auch die Abwicklungskosten entscheidend. Laut Mobile in Retail stellt für immerhin 84 Prozent der Händler der Preis der Transaktionskosten ein eindeutiges Entscheidungskriterium dar. Am Ende werden sich deshalb die Verfahren durchsetzen, die sowohl für den Handel akzeptabel als auch für den Kunden attraktiv sind.
Rechnet sich NFC auch für KMUs?
Viele KMUs zögern mit der Installation von NFC-Lesegeräten, denn sie befürchten, für jedes Geldinstitut unterschiedliche Hardware zu benötigen. Dies stimmt zum Teil. Zwar ist der Übertragungsstandard NFC bei allen Verfahren gleich, doch benötigt jede Methode eine eigene Terminalsoftware und einen eigenen Vertrag. Insgesamt sollen die Gebühren der Banken dabei deutlich unter den Transaktionskosten einer konventionellen Kreditkartenzahlung liegen.
Die derzeit verfügbaren NFC-Terminals gibt es entweder als eine bereits in EC-Terminals integrierte Variante oder als separate Geräte, die sich dann einfach mit den jeweils bereits vorhandenen klassischen EC-Kartenterminals verbinden lassen. Die Kosten für die Geräte liegen derzeit bei rund 150 Euro für die separate und 300 bis 500 Euro für die integrierte Variante. Deshalb sind die die Anfangsinvestitionen, um bargeldlose Zahlungen entgegennehmen zu können, grundsätzlich zu beachten.
Unabhängig von NFC-Funktionen lohnt sich ein klassisches EC-Terminal sowieso erst, wenn durchschnittlich eintausend Euro pro Monat darüber abgerechnet werden. Dies liegt vor allem an den hohen monatlichen Grundgebühren, Mindestumsätzen und Mietkosten für das Terminal - viel Geld für Kleinunternehmer und Existenzgründer. Für KMUs sind deshalb eher die alternativen mPOS-Lösungen interessant. Dabei werden Kartenzahlungen mit dem händlereigenen Smartphone oder Tablet entgegengenommen. Die Infrastruktur steht also bereits zur Verfügung.
Das senkt die Betriebskosten deutlich, denn monatliche Grundgebühren entfallen in der Regel vollständig. Und trotzdem kann der Kundenservice damit ganz einfach verbessert und Zahlungseingänge sofort verbucht werden - bargeldlose Kunden gehen damit nicht mehr verloren. Auch mPOS-Lösungen werden künftig NCF-fähig sein: So arbeiten eine E-Payment-Anbeiter derzeit mit dem Technologiepartner Wirecard an einer eigenen NFC-Lösung für Kleinunternehmer.
Bargeldlose Zahlung spart viele Kosten
Großunternehmern, aber auch KMUs bietet die bargeldlose Zahlung noch weitere Vorteile: Laut der Studie Mobile in Retail ist immerhin jeder fünfte Händler der Meinung, durch mobile Bezahllösungen lasse sich der Abverkauf steigern. Und mehr als 50 Prozent der Händler sind überzeugt, durch Mobile ihr Image verbessern beziehungsweise pflegen zu können.
Für die überwiegende Mehrheit der Handelsunternehmen ist mobile Commerce gegenwärtig oder zukünftig von hoher strategischer Relevanz. Einen Anteil mobiler Zahlungen von mehr als 30 Prozent an allen Transaktionen betrachtet der überwiegende Teil des Handels allerdings als unrealistisch. Die Anbieter der mobile Wallets sowie die Zahlungsnetzbetreiber prognostizieren hingegen die Verdrängung von Bargeld und eine erfolgreiche Digitalisierung aller bisher kartenbasierten Zahlungssysteme.
Ein starkes Argument für das Bezahlen mit Smartphone in diesem Zusammenhang bietet die Verschmelzung unterschiedlicher Aktionen am POS, zum Beispiel Payment, Couponing und Loyalty, sowie andere Arten der Kundenansprache und des Marketings, die dabei möglich sind. Apple pay wird ab iOS 9 hierfür eine Reihe von Möglichkeiten bieten.
Damit sich das kontaktlose Bezahlen in Deutschland verbreitet, muss vor allem die Infrastruktur an den Kassenterminals ausgebaut werden. Aktuell gibt es in Deutschland erst rund 60.000 Akzeptanzstellen für das kontaktlose Bezahlen per NFC, das entspricht rund acht Prozent aller Kassenterminals. In den kommenden zwei Jahren wird die Anzahl der NFC-fähigen Terminals nach Einschätzung des Bitkom (2015) aber rasch wachsen. Wenn die Kassenterminals flächendeckend umgerüstet sind, kann das Bezahlen per Smartphone in kürzester Zeit einen Durchbruch erleben.
Andere europäische Länder wie Großbritannien, Frankreich und Italien nutzen das Angebot heute schon deutlich stärker als ihre deutschen Nachbarn. In Asien und Afrika ist das Bezahlen mit dem mobilen Telefon - auf unterschiedliche Arten - bereits von der Bevölkerung vollständig akzeptiert. Wenn große Ketten und Anbieter in ganz Europa und weltweit den Trend mitgehen, steigt auch wieder der Druck auf kleinere Anbieter, ebenfalls umzurüsten. Gleichzeitig eröffnet uns NFC dann auch neue, komfortable und smarte Wege, damit wir alle unseren Alltag noch besser managen können. (rw)
Zum Video: Wenn der Kunde mit dem Smartphone zur Kasse kommt