In jedem Land gelten für elektronische Rechnungen andere rechtliche Regelungen. Entsprechend komplex gestaltet sich oft der Prozess der elektronischen Rechnungsstellung, auch E-Invoicing genannt.
Das Geschäft vieler Mittelständler wird von Tag zu Tag globaler - auch, weil viele von ihnen sich von handwerklich geprägten Klein- und Mittelbetrieben zu international agierenden Technologieunternehmen entwickelt haben. Das heißt, sie kaufen nicht nur weltweit ein, sondern sie verkaufen auch ihre Produkte und Dienstleistungen beziehungsweise "Problemlösungen" zunehmend ins Ausland. Also versenden sie auch ihre Rechnungen in eine wachsende Zahl von Ländern, und diese gerade bei ihrem grenzüberschreitenden Business meist zwingend elektronisch. Hierbei stehen sie vor der Herausforderung, die in den verschiedenen Ländern für die elektronische Rechnungsstellung, auch E-Invoicing genannt, geltenden, ständig wachsenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten.
Tun sie dies nicht, kann es teuer werden, denn die verhängten Bußgelder sind oft beträchtlich, und in vielen Staaten können Unternehmen, auch ausländische, für Verstöße gegen die Rechnungsstellungs-Vorschriften sogar strafrechtlich belangt werden. In manchen Staaten betragen die Bußgelder bei deren Nichteinhaltung bis zu 50 Prozent des Rechnungsbetrags.
Immer mehr Staaten fordern E-Invoicing
Die Hauptursache für die wachsende Zahl von Rechnungsstellungs- bzw. E-Invoicing-Vorschriften und -Regelungen ist banal: Die Regierungen suchen nach neuen Wegen, ihre Steuergesetze durchzusetzen - auch beim internationalen bzw. zwischenstaatlichen Handel und Geschäftsverkehr. Dies gelingt ihnen am einfachsten, indem sie Unternehmen, die innerhalb ihrer Landesgrenzen tätig sind, dazu verpflichten, sämtliche Rechnungen elektronisch bereitzustellen.
Entsprechende E-Invoicing-Regelungen existieren bereits in mehr als 60 Ländern, und ihre Zahl wird weiter steigen. Bis 2020 wird sich die Verpflichtung, dass Unternehmen zum Beispiel digital signierte Rechnungen an die öffentliche Hand senden müssen, in Europa flächendeckend durchsetzen - der EU-Richtlinie 2010/45 sei Dank. Und in der Folge hiervon werden auch deren Geschäftspartner auf elektronische Rechnungen bestehen - allein schon, um den mit der Verarbeitung papierbasierter Rechnungen einhergehenden Mehraufwand zu vermeiden.
Bedeutung einer Compliance beim E-Invoicing steigt
Die Zukunft ist also klar: Die elektronische Rechnungstellung wird zum Standard nicht nur im Geschäft mit Regierungen, Ländern und Kommunen, sondern auch Unternehmen - und zwar weltweit. Kein Problem denkt eventuell manch Leser: Wir verschicken ja unsere Rechnungen heute bereits als PDF elektronisch. Doch hierbei bezieht sich der Begriff "elektronisch" nur auf den Übertragungsweg der PDF-Rechnungen, die in der Regel per E-Mail versandt werden. Das PDF-Format selbst erfüllt jedoch die zentrale Anforderung an ein echtes E-Invoicing nicht - nämlich: Die vom Lieferanten dem Kunden zugesandten Rechnungsdaten müssen automatisiert weiterverarbeitet werden können.
Dazu passend: Nicht jedes PDF ist eine E-Rechnung
Das ist bei bildhaften PDF-Rechnungen nicht der Fall. Sie müssen wie eingescannte Papierrechnungen zunächst mit einer automatisierten Text- und Zeichenerkennung erfasst und in strukturierte Daten umgewandelt werden. Dies ist ein zeitintensiver Prozess, der häufig ein manuelles Eingreifen erfordert - diesen Aufwand wollen sich die Staaten unter anderem ersparen.
Vorschriften divergieren von Land zu Land
Generell gibt es zwei Arten von Vorschriften für die elektronische Rechnungstellung, allgemein bekannt als Clearance und Post-Audit. Die Clearance-Regelungen der regulierenden Staaten verlangen, dass Rechnungen an Unternehmen in dem jeweiligen Land über eine zwischengeschaltete Regulierungsbehörde beglichen werden, so dass unter anderem Echtzeit-Kontrollen möglich sind. Diese Echtzeit-Kontrollen beinhalten in der Regel digitale Signaturen. Der Begriff Post-Audit hingegen bedeutet, dass die Vorschriften der Länder einen Mindestdauer-Zeitraum festlegen, über den die elektronischen Versionen der Rechnungen für eine mögliche automatisierte Prüfung aufbewahrt werden müssen.
Das klingt ganz einfach - zumindest nicht nach einem Prozess, der es oft schwierig macht, Rechnungen im Betriebsalltag zu erstellen und an die Empfänger zu senden. Doch in fast allen 60 Ländern, in denen heute bereits E-Invoicing-Vorschriften gelten, gibt es feine Unterschiede. Diese betreffen zum Beispiel die Fragen,
welche Daten müssen erhoben werden,
wie müssen diese erhoben werden und
welche Anforderungen werden an die digitale Signatur gestellt.
Staatliche Kontrolle verschärft sich
Wie wurde der berüchtigtste Verbrecher Amerikas in den 1920er- und 1930er-Jahren Al Capone geschnappt? Es war letztlich nicht die Polizei, die ihm das Handwerk legte: Das Finanzamt sorgte dafür, dass er hinter Gittern landete und seinen "Geschäften" nicht mehr nachgehen konnte.
Ähnlich agiert heute eine wachsende Zahl von Staaten - um zum Beispiel
ihr (Steuer-)Recht "grenzüberschreitend" durchzusetzen (wie auch der Ankauf von "entwendeten" ausländischen Bankdaten durch bundesdeutsche Behörden zeigt) und zuweilen auch
unliebsame Konkurrenz in Zaum zu halten (wie aktuell gerade das Beispiel USA zeigt).
Mit der gleichen Intention leitet das E-Invoicing international eine Beweislastumkehr ein. Zunehmend gilt im Fall einer Anklage: Nicht die jeweilige Regierung muss beweisen, dass das betreffende Unternehmen schuldig ist, sondern das Unternehmen muss beweisen, dass es unschuldig ist. Entsprechend ernst sollten Unternehmen die E-Invoicing-Vorschriften nehmen.
Klar ist: Das Einhalten dieser Vorschriften wird bei der Rechnungsstellung der Unternehmen eine wachsende Bedeutung gewinnen, da der weltweite grenzüberschreitende Handel zur Norm wird. Und das Erzielen einer Compliance, also auch Rechtssicherheit in diesem Bereich wird zu einer größeren betrieblichen Herausforderung werden, aufgrund der steigenden Zahl von Anforderungen an das E-Invoicing, die weltweit bestehen. Sie machen den Prozess der Rechnungserstellung komplexer.
Die drei Komplexitätsursachen beim E-Invoicing
Folgende Faktoren tragen unter anderem zur steigenden Komplexität bei:
die Geschwindigkeit, mit der sich die Vorschriften ändern,
die steigende Zahl der Länder, die ein E-Invoicing in irgendeiner Form fordern, und
die zahlreichen Regulierungsdetails, die es in den einzelnen Ländern zu beachten gilt.
Eine der größten Herausforderungen im internationalen Geschäft ist es, mit den regulatorischen Veränderungen Schritt zu halten. Hierfür drei Beispiele:
In Ungarn wurde zum 1. Juli 2018 die elektronische Übermittlung mehrwertsteuerrelevanter Daten an die Steuerbehörde gesetzlich vorgeschrieben.
In Italien, der zehntgrößten Volkswirtschaft der Welt, muss ab dem 1. Januar 2019 bei allen B2B-Rechnungen E-Invoicing eingesetzt werden. Und:
In Großbritannien wird ab dem 1. April 2019 die elektronische Übermittlung mehrwertsteuerrelevanter Daten gesetzlich verpflichtend.
Probleme der Datengewinnung und -integration
Viele der mit dem E-Invoicing verbundenen Datenanforderungen zwingen die Unternehmen, sich verstärkt mit den Themen Informationsgewinnung und Datenintegration zu befassen, da sie die geforderten Daten aus unterschiedlichen Quellen beziehen müssen, die noch nicht Teil ihres Rechnungserstellungsprozesses sind.
Für Unternehmen, die in mehr als einem "E-Invoicing-Land" tätig sind, gibt es bei der Datenintegration zwei wichtige Herausforderungen: die Geschwindigkeit und die Skalierbarkeit. Angesichts der Schnelllebigkeit der E-Invoicing-Welt ist es extrem wichtig, die Lösungen für neue Anforderungen schnell und präzise umsetzen zu können. Ebenfalls wichtig ist die Fähigkeit, dass eine Implementierung skaliert - zum Beispiel für den Fall, dass das eigene Unternehmen oder die Kundenorganisation
Siehe auch: Was Sie zum Thema Elektronische Rechnung wissen sollten
im Extremfall den Firmensitz in ein anderes Land verlegt oder
Teile des Geschäfts in ein Tochterunternehmen in einem anderen Land verlagert.
Dann sollte unter der Notwendigkeit, dass andere gesetzliche Vorschriften zu beachten sind, nicht das Business leiden.
Cloud-Services mindern Implementierungsrisiko
Um das Implementierungsrisiko zu reduzieren, entscheiden sich viele Unternehmen für Cloud-basierte E-Invoicing-Services externer Anbieter, die sowohl die Implementierungsgeschwindigkeit als auch die betriebliche Skalierbarkeit erhöhen. Unternehmen, die Cloud-basierte Services nutzen möchten, sollten darauf achten, dass der von ihnen gewählte Dienst
es ihnen ermöglicht, einfach mit einem Land (wie zum Beispiel Ungarn, Italien oder Großbritannien) zu beginnen,
ihnen ein Pay-per-Use-Preismodell bietet, das sicherstellt, dass sie nur das bezahlen, was sie benötigen,
die gesetzlichen Anforderungen für die Archivierung erfüllt (in einigen Ländern ist eine Archivierung bis zu zehn Jahren gefordert),
alle aktuellen Anforderungen für alle regulierten Länder unterstützt, in denen sie tätig sind (oder sein möchten),
ihnen eine zukunftssichere Garantie gibt (also zum Beispiel verspricht, alle neuen Compliance-Anforderungen zu unterstützen), und
ihnen einfache Werkzeuge zur Integration der Daten zur Verfügung stellt, die zum Erfüllen der Anforderungen nötig sind.
E-Invoicing-Projekte auch als Chance begreifen
Zudem sollten die Unternehmen beim Start von E-Invoicing-Projekten diese nicht nur als lästiges Übel sehen, das sie aufgrund staatlicher Vorgaben oder Vorgaben sonstiger Regulierungsbehörden erfüllen müssen. Denn ein funktionierender E-Invoicing-Prozess bietet ihnen außer Rechtssicherheit weitere Vorteile. So können Unternehmen zum Beispiel durch eine Automatisierung der Rechnungsstellung bis zu 80 Prozent der Verarbeitungskosten gegenüber manuellen Verfahren sparen (ganz zu schweigen von der Reduzierung von Fehlern). Und das Reduzieren oder gar Eliminieren von Papier in ihrem Rechnungsprozess ist auch positiv für die Umwelt. Diesen Denk-Ansatz sollen die Unternehmen auch ihren Projekt-Mitarbeitern vermitteln, denn dies fördert ihre Motivation, sich für das Erreichen der Projektziele zu engagieren.