Die Unterschiede zwischen den Angeboten an IoT-Plattformen sind gewaltig, nicht nur bei den Kosten. Fehler bei der Auswahl verbrennen mitunter Millionen und führen zu langwierigen Plattform-Wechseln. Welche Kriterien sind die wichtigsten bei der Auswahl?
IoT-Plattformen stellen viele wesentliche technologische Bausteine bereit, mit denen sich individuelle IoT-Lösungen effizient entwickeln lassen, so dass das Rad nicht jedes Mal neu erfunden werden muss. Als Herzstück einer IoT-Lösung verbinden sie die smarte Hardware mit den entsprechenden Anwendungen und bringen bereits viele zentrale Funktionalitäten von IoT-Lösungen "von der Stange" mit, beispielsweise Connectivity, Datenvisualisierung, Device Management und externe Schnittstellen.
Lesetipp: 5 Erfolgsfaktoren - worauf es bei IoT-Projekten wirklich ankommt
Dies erleichtert die Umsetzung von IoT-Initiativen enorm, macht die Wahl der passenden Plattform aber zugleich zu einem erfolgskritischen Aspekt: Denn bei den Angeboten gibt es deutliche Unterschiede, unter anderem hinsichtlich Funktionen, unterstützten Technologien, Skalierbarkeit, Preisgestaltung und Flexibilität bei zukünftig möglicherweise notwendigen Anpassungen. Manche werden gar der Bezeichnung "IoT-Plattform" kaum gerecht - hin und wieder werden reine Connectivity-/Maschine-zu-Maschine (M2M) - oder Infrastructure-as-a-Service (IaaS)-Lösungen als IoT-Plattform beworben.
Wer nicht fragt
Die detaillierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Projekt sowie den Funktionalitäten der verschiedenen IoT-Plattformen ist essenziell. In der Praxis hat sich eine systematische, individuelle Anforderungsanalyse bewährt, die auf der Betrachtung von ca. 80 zum Teil kritischen Parametern beruht - idealerweise von erfahrenen, unabhängigen Experten durchgeführt. Folgende zehn Themenbereiche sollten damit abgedeckt werden:
Embedded Software Developer Kit (SDK) (Bsp.: Welche Geräte- und Gateway-Implementierungen unterstützt das SDK?)
Cloud Connectivity (Bsp.: Wie können Zertifikate und Firmware auf Geräten im Feld aktualisiert werden?)
Skalierung (Bsp.: Skaliert die Lösung automatisch und in welchem Ausmaß tut sie dies?)
Serverseitige Interaktion mit IoT-Geräten (Bsp.: Werden Online- und Offline-Events von den IoT-Geräten aktiv signalisiert?)
IT-Sicherheit & Datenschutz (Bsp.: Lassen sich Nutzer- und Betriebsdaten separat speichern?)
Vendor Lock-in (Bsp.: Welche Änderungen sind bei einem Providerwechsel notwendig und wie hoch ist der Aufwand?)
IoT-Geräte-Produktion (Bsp.: Wie werden Geräte-Kennungen generiert, und wie können diese in den Geräte-Produktionsprozess integriert werden?)
Administration (Bsp.: Welche Anwendungen und Schnittstellen stehen zur Verfügung und wie können bestimmte Administrations-Funktionen effizient in bereits bestehende Unternehmens-Anwendungen wie bspw.ERPoder CRM integriert werden?)
Hosting (Bsp.: Unterstützt der IoT-Provider geografisch verteilte, auch weltweite, Roll-Outs?)
Support & SLAs (Bsp.: Passen die Support-Dienste des IoT-Dienstleisters zu der IoT-Lösung, die entwickelt werden soll, etwa in Bezug auf Reaktions- und Wiederherstellungszeiten?)
Unnötige Folgekosten vermeiden
Hat man auf Basis dieser technischen Anforderungen die in Frage kommenden IoT-Plattformen identifiziert, gilt es, die jeweiligen Kostenstrukturen zu verstehen und zu vergleichen. Neben dem Implementierungsaufwand fallen in der Regel laufende Kosten an, etwa für die Bereitstellung der Geräte-Verbindungspunkte, die Speicherung von Daten oder Rechen-Power in der Cloud. Diese können mitunter erheblich sein und haben schon viele IoT-Projekte massiv ins Straucheln gebracht.
Leseipp: IoT-Projekte in Deutschland
Signifikante Einsparungen lassen sich dabei jedoch beispielsweise mit Hilfe einer gut durchdachten IT-Architektur erzielen, welche die Möglichkeiten des Edge Computings konsequent nutzt und die zu übertragenden Datenvolumina massiv senkt.
Die größte Kostenfalle lauert jedoch, wenn eine einmal implementierte IoT-Plattform "herausgerissen" und durch eine andere Lösung ersetzt werden muss. Dann startet das IoT-Projekt gegebenenfalls fast wieder bei Null. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn mit der IoT-Plattform auch das Protokoll für die Datenübertragung geändert werden muss und dies ein Firmware-Update auf den Gateways erfordert. Kann dies nicht "over-the-air" erfolgen, müssen die smarten Geräte im Feld sogar komplett ausgetauscht werden. Die Kosten für solche Plattformwechsel können ganz erheblich sein und das entsprechende IoT-Vorhaben weit in der Zeitplanung zurückwerfen.
Strategische Aspekte beachten
Eine sorgfältige Plattformevaluation vorab hilft, solche Fehler zu vermeiden. Die sich daran anschließende Definition der IT-Architektur sollte darüber hinaus eine sehr strategische Perspektive auf das IoT-Vorhaben einnehmen: Vendor-Lock-ins sollten vermieden und die Datenhoheit des Unternehmens nicht leichtfertig verspielt werden.
Lesetipp: Was in der IoT-Welt schiefgehen kann
Denn nichts ist interessanter für die IoT-Plattformanbieter als tiefes Domänen-Know-how von ihren Kunden, welches sie später hervorragend weiter monetarisieren können - nicht zuletzt vielleicht an die direkte Konkurrenz ihrer Kunden. Weiterhin ist auch der regionale Scope eines IoT-Vorhabens von strategischer Relevanz für die IoT-Plattformauswahl: Steht beispielsweise ein Teil der smarten Geräte oder Maschinen in China, gilt es die entsprechenden regulatorischen Anforderungen gleich bei der Auswahl der Plattform zu beachten.
Zum Video: Welche IoT-Plattform ist die richtige?
Erfolgsmessung bei IoT-Projekten