Richter hat Charakter, Chef nicht

Weihnachtsmann gegessen – Gericht stoppt Entlassung

19.01.2010
Kündigung wegen des Verzehrs eines übrig gebliebenen Schokoladen-Weihnachtsmannes nicht rechtens

In regelmäßigen Abständen machen im Arbeitsrecht spektakuläre Urteile die Runde. Kündigungen wegen des rechtswidrigen Verzehrs eines Bienenstichs oder eines belegten Brötchens werden von den Gerichten als Diebstahl angesehen und die ausgesprochenen Kündigungen für rechtens erklärt.

Passend zur Jahreszeit erinnert der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht Eckart Schulz vom VdAA - Verband Deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart an eine Entscheidung des Arbeitsgericht Berlin (ArbG) vom 09.03.2007, Az. 28 Ca 1174/07, in der es darum ging, dass sich der seit 22 Jahren bei dem Unternehmen beschäftigte Kläger am 8. Januar 2007 an einer im Weihnachtsgeschäft 2006 nicht abverkauften und deshalb in einen Nebenraum der Filiale ausgelagerten Schokoladenfigur, einem "Weihnachtsmann ", ohne erklärte Erlaubnis des Filialleiters gütlich getan hatte.

Hier, so betont Schulz, hatte der Kläger allerdings Glück, worauf man sich allerdings im übirgen auch beim Diebstahl nur geringwertiger Sachen nicht verlassen sollte, und fand einen "gnädigen" Richter.

Dieser hielt die deswegen ausgesprochene Kündigung für unwirksam und urteilte, dass der Kläger zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen sei.

Der Richter kam zu dem Schluss, dass sich anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht ausgeurteilten "Bienenstich-Fall" hier um die reichlich trostlosen Überbleibsel von "Weihnachtsmännern" des Vorjahres gehandelt habe, die die Beklagte mit vollem Recht als "grundsätzlich nicht verkaufsfähig" apostrophiert und eben deshalb wohlweislich aus dem Verkehr gezogen hatte.

Bruchstücke oder komplette Schokofigur?

Deswegen komme es auch hier nicht mehr darauf an, ob sich der Kläger nur "Bruchstücke" des traurigen Sammelsuriums einverleibt habe oder aber, wie die Beklagte später hat behaupten lassen, gleich eine komplette Figur.

Bei dieser Sachlage spreche alles dafür, dass dem Kläger fehlendes Unrechts-Bewusstsein ohne Wenn und Aber abzunehmen sei. Zwar wäre er zweifellos besser beraten gewesen, sich beim Filialverantwortlichen zur Frage "gefälliger Selbstbedienung" schon aus Gründen der Eigensicherung vorsorglich zu vergewissern. Nur habe es zur nachträglichen Verdeutlichung des von der Beklagten gewünschten Umgangs mit solcher "Ware" nicht gleich des rigorosen Abbruchs der Arbeitsbeziehung bedurft. Eine Zurechtweisung des Klägers - und äußerstenfalls eine diesbezügliche Abmahnung - hätte dafür allemal genügt.

Schulz empfahl gleichwohl allen Arbeitnehmern, sich auf derart gnädige Richter nicht zu verlassen und grundsätzlich ohne vorherige Erlaubnis des Arbeitgebers keine Gegenstände aus dem Betrieb widerrechtlich an sich zu nehmen, oder wie hier, zu verzehren.

Schulz empfiehlt, sich ggfs. rechtlich beraten zu lassen, wobei er u. a. dazu auch auf die im VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. - www.vdaa.de - organisierten Rechtsanwälte/-innen verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Eckart Schulz, Rechtsanwalt, c/o Rechtsanwälte Schulz Eckert & Partner, Friedrichstr. 61, D-10117 Berlin, Tel.: 030 3198526-0, E-Mail: schulz@rasep.de, Internet: www.rasep.de