Die Wassermassen sind längst wieder abgeflossen, doch die Computerbranche spürt die Folgen der Flut in Thailand noch immer: Die Festplatten-Hersteller, die einen Großteil ihrer Geräte in dem Schwellenland produzieren, brauchen noch Monate, um ihre Fabriken wieder auf Vordermann zu bringen. Die Laufwerke bleiben daher bis auf weiteres teuer - nicht nur wegen der Flut.
Von Christof Kerkmann (dpa)
Es war die schlimmste Überschwemmung seit Jahrzehnten: Nach den heftigen Monsun-Regenfällen standen ab August 2011 ganze Provinzen von Thailand unter Wasser. Trotz eines Schutzwalls von Millionen von Sandsäcken waren auch Teile von Bangkok überflutet. Hunderte Menschen starben, tausende verloren ihr Heim. Auch die IT-Industrie traf die Katastrophe hart: In der Hauptstadt-Region haben die Festplatten- Riesen und ihrer Zulieferer viele Fabriken. Bald standen die Bänder still. Aller Welt wurde schmerzhaft klar, dass Thailand trotz aller Tourismus-Werbung für buddhistische Tempel und traumhafte Strände ein Land mit großer Industrie ist.
Die Festplatten-Produktion brach ein - nach einer Berechnung des Analysten Tom Coughlin um fast ein Drittel. Von Oktober bis Dezember lieferten die Hersteller weltweit nur 122 Millionen Festplatten (HDD) aus, rund 50 Millionen weniger als im Quartal zuvor. Am schlimmsten traf es Western Digital, zu dem Zeitpunkt Marktführer.
Die Preise für die Laufwerke schossen in die Höhe. Wer im Handel beispielsweise eine externe Festplatte kaufen wollte, zahlte bis zu drei Mal so viel wie zuvor. Dieser dramatische Anstieg hatte aber nicht nur mit der schlechten Versorgung zu tun, sondern auch mit einer "Unsicherheit" über die Zukunft, wie Coughlin betont. Die hohen Preise treffen die gesamte IT-Branche: Festplatten kommen in Geräten wie Videorekordern und PCs zum Einsatz, aber auch in Rechenzentren.
Bis in Thailand wieder alle Bänder laufen, wird noch einige Zeit vergehen. "Erst im September ist die Produktion wieder auf dem gleichen Level wie vor der Flut", sagt Coughlin, der eine Beratungsfirma mit dem Schwerpunkt Datenspeicher betreibt und im internationalen Ingenieursverband IEEE Vizepräsident ist. Für die Reparaturen und den Aufbau neuer Fabriken müssen Western Digital, Seagate und Toshiba viel Geld in die Hand nehmen: Die Investitionen belaufen sich laut Coughlin auf rund eine Milliarde Dollar. Das spüren auch die Käufer.
Zumal diese Milliarde nicht reicht. Der Datenhunger der IT-Branche dürfte dafür sorgen, dass die Nachfrage in den nächsten Jahren kräftig wächst. Und um die Fabriken für neue Technologien zu rüsten, müssen die Hersteller ebenfalls hohe Summen in die Hand nehmen.
Dass Verbraucher und Unternehmen langfristig draufzahlen, hat aber auch mit zwei Mega-Fusionen zu tun. Western Digital schloss diese Woche die Übernahme der Festplattensparte von Hitachi Zosen ab. Bereits im vergangenen Jahr verkaufte Samsung seine Produktion an Seagate. Damit bleiben weltweit drei Anbieter übrig: Western Digital, Seagate und Toshiba . "Die Branche könnte die Preise weiter höher halten als vor der Flut, weil es weniger Wettbewerber gibt", prognostiziert die Marktforschungsfirma iSupply.
Nicht alle Geräte werden teurer, betont der EMC -Manager Jay Krone, dessen Firma unter anderem Iomega-Festplatten herstellt. Denn als die Produktion stockte, verlegten sich die Hersteller auf hochpreisige Geräte - hier herrscht also kein Mangel. "Das Plus liegt bei teuren Produkten bei null Prozent, bei anderen Produkten bei bis zu 20 Prozent." Das betreffe nicht nur EMC: "Die meisten unserer Wettbewerber sind in der gleichen Situation wie wir."
Auch Tom Coughlin erwartet ein Plus von bis zu 20 Prozent pro Gerät - auch auf längere Sicht: "Meine Prognose: Die Preise werden bis ins nächste Jahr höher sein als vor der Flut." Immerhin erwartet er im Sommer eine leichte Entspannung. Verbrauchern, die sich eine externe Festplatte oder ein NAS-Laufwerk kaufen wollen, bleibt also nur eines: genau die Preise zu vergleichen.
(dpa / rb)