In Cupertino brummt das Geschäft: Gegenüber Android verzeichnet iOS zwar nach wie vor geringere Marktanteile, allein in 2022 hat Apple aber laut Marktforschung rund 238 Millionen iPhones verkauft - ein neuer Rekord. Apple-Fans wundert das wenig, die Geräte sind schließlich erstklassige Produkte, für die es viele gute Argumente gibt.
In der täglichen Routine zeigen sich beim iPhone aber auch einige aufdringliche und nervige Marotten, die uns manchmal von der Steinzeit träumen lassen: Als es noch keine Smartphones gab und man Probleme sofort beseitigen konnte, indem man mit einem Felsbrocken darauf eingeschlagen hat.
Zugegeben, die Methode steht uns auch heute noch zur Verfügung - ist angesichts der Preisklasse moderner iPhones aber nur in Ausnahmefällen zu empfehlen. Besser man schimpft sich den Frust von der Seele. Hier lesen Sie, was vielen Nutzern am iPhone so richtig auf die Nerven geht.
Siri, der dümmere Assistant
Das Thema künstliche Intelligenz (KI) ist zurzeit ja wieder in aller Munde. Tech-Größen wie Elon Musk warnen schon vor den Gefahren einer zu schnellen KI-Entwicklung, die Risiken für Menschheit und Gesellschaft seien unvorhersehbar. Sogar ein Eingreifen der Regierung wird gefordert, wenn die Entwickler weiterhin mit Vollgas an vermeintlicher Frankenware basteln.
Wovon die Unheils-Propheten um den Tesla-Gründer nicht sprechen: Siri. Kein Wunder, im Vergleich mit dem Google Assistant oder Alexa ist Apples Assistentin ja auch ziemlich dämlich. Die einzige Gefahr, die davon aktuell für die Menschheit ausgeht, ist, dass man im Gespräch mit der unbeholfenen Bit-Schleuder einen Hirnschlag bekommt. Dem Service-Bot fehlt es an jeder Kontextkompetenz und bei komplexen Fragen ist ihr ein Wellensittich überlegen. Der hilft einem zwar auch nicht weiter, gibt aber wenigstens eine Antwort.
Sprechen muss man mit Siri dazu oft wie mit einem Dreijährigen, von natürlichem Redefluss fehlt jede Spur. Dazu kommt eine feinnervige Spezialität, der man fast böse Absicht unterstellen muss: Siri kann nämlich ganz schön aufdringlich sein, wenn einen das am meisten stört. Spricht man mit anderen Menschen, hört Musik oder schaut Videos, dann meldet sich die "intelligente" Assistentin gerne hilfsbereit aber unfähig zu Wort, weil sie meint, jemand hätte "Hey Siri" gesagt. Hat aber niemand. Klappe zu, Siri!
(Sollte Siri sich eines Tages doch zur übermächtigen Super-KI entwickeln, möchten wir uns für den letzten Absatz ausdrücklich entschuldigen.)
Die Preisschraube dreht und dreht und …
Klar: Dass das iPhone etwas teurer im Ladenregal steht, als vergleichbare Android-Smartphones, war ja schon immer so. Aber war es schon immer so extrem? Der Preis steigt und steigt. Das iPhone 14 Pro Max startet aktuell bei 1449 Euro, lässt sich aber locker hochkonfigurieren, bis es die 2000-Euro-Marke knackt.
In der Android-Welt bekommt man dafür ohne Weiteres zwei Highend-Smartphones. Sag mal, Apple: Geht's noch? Im Vergleich zu Vorgängermodellen machen iPhone-Serien ja nicht gerade riesige Sprünge. Dazu kommt die dreiste Tatsache, dass iPhones in Deutschland deutlich teurer sind als etwa in den USA.
Glaubt man aktuellen Gerüchten, dann steht mit dem iPhone 15 auch schon wieder ein neuer Preisrekord vor der Tür. Es könnte das mit Abstand teuerste iPhone aller Zeiten werden. Dahinter stehen zwar auch Inflation, gestörte Lieferketten und gestiegene Produktionskosten - aber eben auch die elitäre Philosophie von Apple und der fast fanatische Hang zu Exklusivität in der Marketing-Abteilung.
Für das iPhone 15 Ultra (neuer Name für Pro Max) plant man wohl ein um den Faktor 30 teureres Titan-Chassis und duale Front-Kameras. Wer braucht denn sowas? Und wie soll das weitergehen? Triple-Seitenkameras mit Hexa-Tone-Flash am Gehäuserand? Ein iPhone aus Gold? Wir hören mal besser auf, in Cupertino schreiben sie vielleicht schon mit …
Audio-Ausgabe im DJ-Modus
Ein kurzer Punkt - aber ein schwerwiegender: Die Priorität der Audioausgabe am iPhone lässt uns manchmal vermuten, dass das Feintuning von iOS im Vorhof der Hölle erledigt wird. Wenn man sich Musik anhört oder einem spannenden Podcast folgt, dabei aber in anderen Apps mit eigenen Medien unterwegs ist, dann wird der Ton immer wieder unterbrochen - manchmal sogar, wenn die geöffneten Medien gar keine Tonspur haben. Es ist zum Haare raufen!
Ein Garten, sie zu knechten
Nichts gegen Zäune, die haben ja durchaus ihren Zweck. Bei Apple dreht man das an sich bewährte Konzept aber um: In Cupertinos "Walled Garden" will man niemandem den Eintritt verwehren, stattdessen soll keiner mehr rauskommen.
Das markante Synonym für Apples geschlossenes Ökosystem trifft den Nagel auf den Kopf: Strenge Regeln und zahllose Einschränkungen sollen Geräte wie das iPhone, den Mac oder Apple Watches exklusiv verzahnen, ohne Drittanbieter an Bord zu lassen. Proprietäre Anschlüsse und inkompatible Software machen es möglich - und Apples Garten bei aller Schönheit auch ziemlich einsam. Zumindest dann, wenn man mal über den hohen Gartenzaun schielt: Da ist vielleicht nicht alles so schön aufgeräumt, es ist aber mächtig was los.
Auf der Android-Spielwiese schlagen clevere Apps die Brücke zwischen Plattformen oder erlauben die Fernbedienung von Windows-PCs und beliebigen Netzwerkgeräten. Manche Samsung-Geräte bieten sogar eine eigene Desktop-Ansicht für verbundene Monitore. iPhone-Nutzer spielen im goldenen Käfig dagegen immer nur mit sich selbst.
Kurzer Atem, kurze Laufzeiten
Das iPhone steht mittlerweile in Version 14 zur Verfügung (ist aber schon die 22ste Reihe, man denke etwa an die drei iPhone SE und das iPhone XR) und kann manche technischen Meilensteine vorweisen. Die Feature-Liste wird dabei zwar länger und länger - an einer der wichtigsten Stellen verweigert man sich in Cupertino aber jedem Nutzerwunsch: der Gerätelaufzeit.
Was will man denn mit Satellitentelefonie, Passkeys oder der iCloud, wenn sich das iPhone nach intensiver Nutzung in einen kraftlosen Briefbeschwerer verwandelt? Obwohl beispielsweise der Akku des iPhone Pro Max mit immerhin 4.352 mAh aufwartet, macht er schon nach rund 19 Stunden Feierabend. Wenn Apple an dem Trend festhält, dann kann man das iPhone 17 vielleicht nur noch an der Steckdose nutzen. Das erste stationäre Mobiltelefon! Wir können es kaum erwarten …
Dauerfeuer-Updates mit der Brechstange
Häufige Updates sind eine gute Sache. Sollte man zumindest meinen, am iPhone erwartet uns nämlich eine andere Erkenntnis: Dort sind sie oft eine nervige und zeitraubende Sache. Die oft in kurzer Taktung ausgerollten Aktualisierungen können ganz schön nerven, wenn sie das System ausbremsen oder zu Fehlfunktionen führen. Auch am Speicher knabbert das Aufspielen neuer Software mitunter spürbar - vor allem, wenn man da ohnehin schon Platzprobleme hat.
Dateien einfach teilen? Fehlanzeige!
Wir müssen nochmal auf den "Walled Garden" zurückkommen, der schüttet uns nämlich noch an anderer Stelle Sand ins Getriebe. Wer beruflich oder privat Dateien mit Nicht-Apple-Nutzern teilen möchte, der kennt das Dilemma: Im proprietären Dateiensystem (iCloud) kommt man ohne Apple-ID mitunter nicht weit. Bilder vom Kindergeburtstag, Diagramme aus dem Büro oder eine neue Präsentation müssen wir oft umständlich über Filehoster teilen. Also hochladen, verlinken und URLs versenden - ein nerviges Klein-Klein.
Keine Kopfhörer-Klinke
Seit Serie 7 gibt es beim iPhone keinen normalen Kopfhöreranschluss mehr. Der 3,5-mm-Klinkenstecker ist ein weit verbreiteter, bequemer und einfacher Standard, der Milliarden andere Geräte nahtlos miteinander verbindet - klar, dass Apple den gestrichen hat. Wo kommen wir auch hin, wenn man Nutzern günstige und simple Lösung zur Verfügung stellt? In den Walled Garden sicher nicht.
Aber stimmt, alles halb so wild: Der Lightning-Anschluss ist ja ein vollwertiger Ersatz. Also "vollwertig" im Sinne von minderwertig, überteuert und umständlich. Dass Apple kostspielige Adapter anbietet, die Lightning mit Klinke oder USB verbinden, setzt den Marketing-Witz konsequent fort. Für einen saftigen Aufpreis dürfen wir uns dann mit nervigem Gestöpsel und umständlichem Kabelsalat herumärgern. Der einzige Silberstreif am Horizont: Auch Android-Nutzer müssen bei den meisten Anbietern auf die Klinke verzichten. Geteiltes Leid …
Mit dem Display-Keyboard kann man sich einweisen lassen
Wer mal eine Auszeit braucht, der kann sich mit der Bildschirm-Tastatur vom iPhone in die nächste Klinik einweisen lassen, dazu muss man das virtuelle Keyboard an der Pforte nur vorzeigen. Das Personal weiß dann schon Bescheid. Wer hat es denn bei Apple für eine gut befunden, Satzzeichen wie Komma nicht direkt auf der ersten Seite unterzubringen? Und warum funktioniert die Tastatur so unpräzise und lässt sich kaum anpassen?
Beantworten kann man solche Fragen nicht, auch mit Abhilfe sieht es schlecht aus: Display-Keyboards von Drittanbietern sind am iPhone nämlich richtig mies implementiert. Man kann von Glück reden, wenn man noch nie mit einem Android-Smartphone geschrieben hat - dann weiß man wenigstens nicht, was man verpasst.
Benachrichtigungen: Bloß nicht von Android lernen
Dass wir bei iOS nur dann Benachrichtigungen auf dem Sperrbildschirm finden, wenn wir uns per Face-ID identifiziert haben, kann man akzeptieren - und sogar gut finden. Dass man uns anderweitig aber ins Info-Labyrinth wirft, nervt gewaltig.
Einige Benachrichtigungen reagieren aufs Antippen, andere muss man gedrückt halten. Um die Meldungen zu löschen, müssen wir entweder nach links wischen und das Löschen bestätigen, oder doppelt auf ein transparentes Kreuz in der Benachrichtigungszentrale tippen. Die ersten paar Male ist das keine große Sache, in der täglichen Routine summieren sich die Kommandos aber zum nervigen Gefummel. Bei Android tippen wir einmal auf "Alles löschen" und der Keks ist gegessen. Ob man sich daran in Cupertino aber ein Beispiel nehmen wird, kann man abwarten - oder gleich vergessen. (Macwelt)