Konvergenz von TV und Web

Was ist Hybrid-TV?

14.01.2011
Schlagworte wie IPTV, Web-TV oder Hybrid-TV sorgen für Verwirrung beim Verbraucher. Wir stellen Ihnen die Grundlagen des "Hybrid-Fernsehens" vor.

Schlagworte wie IPTV, Web-TV oder Hybrid-TV sorgen für Verwirrung beim Verbraucher. Wir stellen Ihnen die Grundlagen des "Hybrid-Fernsehens" vor.

Bislang Getrenntes kommt zusammen

Fernsehen und Web können bei Hybrid-TV auf einem Bildschirm genutz werden (Foto: Telekom).

Das aus dem Lateinischen stammende Wort "hybrid" bezeichnet Vermischtes, Gekreuztes, also die Kombination von Teilen verschiedener Herkunft. Hybrid als Begriff ist im Alltag vieler Deutscher angekommen - vor allem durch die ersten Hybrid-Autos. So wie sie zwei verschiedene Antriebe in einem Fahrzeug kombinieren, verbinden sogenannte hybride TV-Geräte verschiedene, bislang getrennte Übertragungswege in einem gleichen Gerät der Unterhaltungselektronik. Dadurch können unterschiedliche Medien-Inhalte aus verschiedenen Quellen auf einem TV-Bildschirm dargestellt werden. Basis für die hybriden Medienangebote ist die Digitalisierung von Inhalten und Übertragungstechniken, die eine Kombination unterschiedlicher Standards aus dem Rundfunk und der Computerwelt, sowie neue, konvergente Technologien ermöglichen.

Unter Hybrid-Fernsehen versteht die Deutsche TV-Plattform, dass Rundfunkprogramme und Internet-Dienste auf einem Bildschirm - dem häuslichen TV-Bildschirm - dargestellt und genutzt werden. Die notwendigen technischen Voraussetzungen finden sich in geeigneten TV-Geräten mit integrierten Digitalempfängern (iDTV) oder in Digitalreceivern und Blu-ray-Geräten. Diese ermöglichen oft auch die Vernetzung mit anderen Geräten der Unterhaltungselektronik oder der häuslichen Umgebung, so dass am TV-Bildschirm ebenfalls digitale Fotoapparate und Kameras, MP3-Player, Heimkino- und Sound-Anlagen, DVD- sowie Blu-ray-Geräte, Spielkonsolen und selbst moderne Handys nutzbar sind. Einige Hersteller verstehen ihre Hybrid-Geräte sogar als Schaltzentrum einer kompletten Heimvernetzung, die auch eine Überwachung bzw. Steuerung von Haus und Haushaltstechnik ermöglicht.

Weitere Stufe der Konvergenz von Web und TV

Fernsehen auf Basis des Internetprotokols (IPTV) hat sich als zusätzlicher Übertragunsstandard etabliert. (Foto: Vodafone)

Hybrid-TV als Verbindung von Web und TV auf einem TV-Gerät ist die neue Stufe der Kombination von Fernsehen und Internet: In einem ersten Schritt gelangten Bewegtbilder, darunter Inhalte, die bislang nur über das Medium Fernsehen verbreitet wurden, über das World Wide Web auf den Computerbildschirm - entweder als offenes Web-TV, als (entgeltlicher) Videoabruf-Dienst bzw. als zeitgleiches Online-Streaming.

Zugleich wurden IPTV-Dienste angeboten - als "klassisches" Fernsehen, aber auf Basis des Internet Protokolls (IP), die über breitbandige Netze auf den Bildschirm kommen. In der zweiten Stufe der Konvergenz entwickeln derzeit nahezu alle Gerätehersteller Systeme, um Dienste aus dem Internet am TV-Bildschirm nutzbar zu machen und dem Fernsehgerät ein gewisses Maß an Interaktivität zu ermöglichen.

Auf der Internationalen Funkausstellung 2009 wurden erste Geräte dieser Art und passende Anwendungen hierzu vorgestellt - zur IFA 2010 in Berlin waren weitere Innovationen im Bereich Hybrid-TV zu sehen: mehr Geräte, mehr Dienste, neue Kombinationen von Inhalten aus verschiedenen Infrastruktur-Quellen. Auch weltweit ist Hybrid-TV neben dem hochauflösenden Fernsehen (HDTV) und dem dreidimensionalen Fernsehen (3DTV) einer der beherrschenden Trends der Unterhaltungselektronik.

IPTV, Web-TV, und Hybrid-TV

Mit Hybrid-TV-Geräten lassen sich auch Dienste aus dem Internet darstellen. (Foto: Telekom)

Für Verwirrung bei Konsumenten sorgt oft die ungenaue Verwendung oder gar Vermischung der Begriffe IPTV, Web-TV und Hybrid-TV in den Medien. Diese verschiedenen Angebote und Nutzungsformen werden einfach unter "internetfähig" in einen Topf geworfen. In der Tat ist allen drei eine gewisse Verknüpfung von Internet und TV eigen - doch diese erfolgt auf ganz unterschiedliche Art und Weise.

IPTV bezeichnet die Übertragung von Rundfunk über ein Breitbandnetz. Dabei wird ein im Internet Protokoll (IP) codiertes Signal mit Rundfunkprogrammen (TV und Radio) über einen gesonderten Bereich einer Breitbandverbindung (meist Telefonnetz) in garantierter Qualität an einen TV-Haushalt geschickt. Zur Darstellung der Sender auf einem TV-Bildschirm bedarf es einer vom jeweiligen Anbieter zur Verfügung gestellten IPTV-Box und eines Abonnements. IPTV ist dabei, sich neben den bisher bekannten TV-Übertragungswegen Kabel, Satellit und Antenne als vierter Empfangsweg für lineares Fernsehen zu etablieren.

Web-TV bezeichnet frei empfangbare Bewegtbildinhalte, die über das World Wide Web verbreitet werden, wobei sie üblicherweise - anders als IPTV - nicht mit garantierter Qualität auf großen TV-Bildschirmen, sondern meist nur auf PC-Bildschirmen und Laptops dargestellt und konsumiert werden.

Aus dem Bedürfnis der Konsumenten heraus, Web-TV Angebote auch auf dem TV-Bildschim zu nutzen, hat die CE-Industrie Hybrid-TV entwickelt. Es handelt sich um TV-Geräte (Digitale Flachbildschirme - "iDTV", Digitalreceiver und Blu-ray-Geräte), die neben Empfang von Rundfunksignalen über Kabel, Satellit, Antenne, bzw. IPTV auch Inhalte und Dienste aus dem Internet (u.a. Web-TV) empfangen und abbilden können. Der integrierte Browser benutzt eine breitbandige Verbindung über Local Area Network (LAN) oder drahtlos über Wireless LAN, um die über den Rückkanal gelieferten Inhalte genauso wie die Fernsehprogramme auf dem TV-Bildschirm darzustellen.

Millionen hybride Geräte in den Haushalten

Mit einem Hybrid-Receiver lässt sich der Fernseher zum hybriden Endgerät aufrüsten. (Foto: Humax)

Seit Frühjahr 2009 sind erste hybride TV-Geräte im deutschen Markt, die neben dem Rundfunkempfang zusätzlich eine Internetverbindung und optimierte Darstellung von Internet-Diensten auf dem TV-Bildschirm ermöglichen. Zunächst handelte es sich fast ausschließlich um TV-Flachbildschirme mit integriertem Digitalempfänger. Inzwischen setzen auch immer mehr Anbieter von Digitalreceivern oder Blu-ray-Geräten auf den Hybrid-Ansatz. Der Vorteil: Mit einem Hybrid-Receiver lässt sich jeder moderne Fernseher zum hybriden Endgerät aufrüsten.

Bis Mitte 2010 wurden in Deutschland laut der GfK allein an hybriden Endgeräten 1,224 Millionen verkauft. Im Juni 2010 betrug der Anteil der hybriden an der Gesamtzahl der verkauften Endgeräte 23 Prozent. Experten gehen von derzeit von mehr als zwei Millionen hybrider Endgeräten in deutschen Haushalten aus.

Europa- und weltweit gehört der deutsche Markt zu den Vorreitern bei Hybrid-TV mit monatlich zweistelligen Zuwachsraten beim Geräteverkauf. Zugleich zeigen Umfragen, dass 50 Prozent der Konsumenten an Web-TV interessiert sind. Allerdings kennen viele Konsumenten die neue Funktion ihrer Geräte beim Kauf noch nicht - somit bleibt Hybrid-Potential zunächst ungenutzt.

Auch haben Gerätehersteller sowie TV-Sender und andere Inhalteanbieter noch keine gemeinsamen oder sich ergänzende Geschäftsmodelle zur Refinanzierung von Hybrid-TV entwickelt.

HbbTV als Hybrid-System standardisiert

HbbTV soll Hybrid-TV standardisieren. (Foto: Philips)

Die Hybrid-TV-Entwicklung vorangetrieben hat seit Mitte 2009 ein europäisches Konsortium unter der Bezeichnung HbbTV (Hybrid broadcast broadband TV). An ihm sind auch etliche Mitglieder der Deutschen TV-Plattform wie das Institut für Rundfunktechnik (IRT), Philips und Astra aktiv als Gründungsmitglieder beteiligt. Seit Juni 2010 ist die Spezifikation von der Europäischen Organisation ETSI als Standard anerkannt. Eine Vielzahl von Mitgliedern der Deutschen TVPlattform unterstützt die HbbTV-Technologie, darunter Alcatel Lucent, Astra, Eutelsat, Fraunhofer, Humax, LG Electronics, Loewe, Technisat, Sony und VideoWeb. HbbTV ist eine offene Technologie, die es Inhalteanbietern ermöglicht, ihre Dienste einmalig in einer standardisierten Form für den Konsum auf dem TV-Gerät zu konfigurieren und damit eine Vielfalt an Endgeräten unabhängig von Vertragskooperationen zu bedienen.

Eine Besonderheit an HbbTV als Hybrid-Standard ist die sogenannten Red-Button-Funktion: Mit ihr kann eine interaktive Anwendung aus dem laufenden Fernsehprogramm gestartet oder zu anderen Diensten gewechselt werden - einfach per Knopfdruck an der TV-Fernbedienung. So ist erstmalig konsequent eine enge Verzahnung von Rundfunk und nicht-linearen Inhalten über Internet umgesetzt.

HbbTV erlaubt aber auch allen Anbietern, die keine linearen Programme über den Rundfunkweg zur Verfügung stellen, ihre Inhalte als sogenannte ungebundene Anwendungen auf TV-Bildschirmen darzustellen, ohne dass der Zuschauer bzw. Nutzer erst eine Web-Adresse (URL - Uniform Resource Locator) eingeben muss. Durch die intuitive Bedienung von HbbTV treten für den Nutzer die Technik und der Übertragungsweg in den Hintergrund - im Vordergrund stehen ihn interessierende Inhalte und ihr unkomplizierter Abruf.

Das integrierte Applikationsmanagement sorgt bei HbbTV außerdem für ein Fair Play zwischen den verschiedenen Anbietern und erlaubt es auch, Portale zu schaffen, auf denen eine Vielzahl an "ungebunden Anwendungen", das heißt, Diensten aus dem Internet gebündelt angeboten werden. Da HbbTV nur minimal erforderliche Elemente definiert, haben Gerätehersteller, Rundfunkveranstalter, Web-Anbieter und andere Interessenten die Möglichkeit, schnell, einfach und kostengünstig Inhalte und Geräte anzubieten. Mit der Gründung des internationalen HbbTV-Konsortiums im Zuge der Standardisierung soll die Pflege und Weiterentwicklung von HbbTV auf eine stabile und zukunftsträchtige Basis gestellt werden.

Auf der IFA 2010 zeigten eine ganze Reihe von Herstellern Produkte auf der Basis dieses Standards. Auch Programmveranstalter wie ARD, Anixe, Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat.1 Media AG und das ZDF waren auf der IFA mit einer große Zahl von HbbTVAngeboten vertreten.

Interaktivität auch über andere Hybrid-Verfahren

Moderne Fernbedienungen erleichtern den Umgang mit hybriden TV-Inhalten. (Foto: Panasonic)

HbbTV ist nicht das einzige Verfahren für interaktives Fernsehen am Markt. Bislang sind in Deutschland verschiedene Hybrid-Verfahren zur Darstellung von Webinhalten auf dem TV-Bildschirm in den Markt gekommen. Einige Gerätehersteller und Inhalte-Anbieter setzen auf Varianten des Internet-Formats HTML. Auf der Basis jeweils firmenspezifischer Formate bieten sie so eigene Services auf ihren TV-Flachbildschirmen, für die Dienste- und Inhalteanbieter ihre Angebote jeweils technisch anpassen müssen. Dadurch wird neben dem Aufruf von Zusatzangeboten der TV-Veranstalter im laufenden Programm auch der Abruf weiterer Dienste über ein Angebotsportal des Herstellers ermöglicht. In der Regel hat der Hersteller dazu eine Reihe an Angeboten voreingestellt. Zum Teil kann der Nutzer seine Favoriten in einer entsprechenden Liste speichern bzw. auf einer Seite anordnen. Einige Endgeräte bieten neben dem Zugriff auf vorselektierte Inhalte auch die Möglichkeit, über die Eingabe einer freien URL zu anderen Internetseiten zu gelangen.

Alle hybriden Endgeräte ermöglichen neben dem Rundfunkempfang über die klassischen Infrastrukturen einen Rückkanal mittels Online-Zugang, über den weiterführende Dienste und Inhalte mit der TV-Fernbedienung aufgerufen werden können. Sind diese im passenden Format programmiert, werden die Online-Inhalte optimiert für die Ansicht an größeren Fernsehbildschirmen so dargestellt, dass der Zuschauer von der Couch aus den neuen Service problemlos nutzen kann. Die Auswahl erfolgt mittels Knopfdruck an der TV-Fernbedienung. Eines ist allen Hybrid-Geräten der Unterhaltungselektronik ebenfalls gemeinsam: Sie wollen nicht den Computer ersetzen, sondern zusätzlich Nutzen und Vielfalt für den Fernsehzuschauer bieten.

Inhalte- und Geräte-Vielfalt als Gewinn

Viele Fernsehsender ergänzen ihr klassischen Angebot mit Inhalten, die über das Internet abgerufen werden können.

Die Palette der neuen Web-Angebote am Fernsehbildschirm ist schon jetzt sehr vielfältig. Sie reicht von Zusatzanwendungen für klassische Fernsehprogramme (Videotext in moderner Form), über Video-Abruf-Portale wie Mediatheken bis zu neuen Bewegtbild- und Dienste-Angebote von Veranstaltern, die bisher nicht auf dem Fernseher empfangbar waren. Dazu gehören Web-News und regionale Wetterinformationen, Foto- und Video-Portale, Navigationsdienste, Online-Verkaufsplattformen und soziale Netzwerke. Es gibt in Deutschland inzwischen über 80 spezielle Web-Angebote für hybride TV-Bildschirme, wobei einige nationale wie auch internationale Dienste in mehreren verschiedenen Portalen vertreten sind.

Die Inhalte und Dienste für die hybriden Geräte stammen nicht nur von Rundfunkveranstaltern und Internet-Firmen, sondern auch von Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sowie Unternehmen aus anderen Branchen. Infrastruktur-Betreiber für Satellit und Kabel entwickeln ebenfalls spezielle Dienste sowie Anwendungen für die neuen hybriden Endgeräte. Derzeit sind hunderte verschiedene Modelle hybrider Flachbildschirme mit integriertem Digital-Tuner (iDTV) sowie hybrider Digitalreceiver und Blu-Ray-Geräte im Handel erhältlich.

Dieser Ratgeber basiert auf der Broschüre "Hybrid-TV", die von der AG Hybride Endgeräte der Deutschen TV-Plattform zusammengestellt wurde. Die komplette Broschüre mit zusätzlichen Beispielen für hybride Geräte und Dienste aus dem Mitgliederkreis der Deutschen TV-Plattform kann bei der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik heruntergeladen werden. (awe)