Nach einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12.8.2009 verfügt jedes Mitglied des Betriebsrats nach § 34 Abs. 3 BetrVG über ein unabdingbares Recht, auf Datenträgern gespeicherte Dateien und E-Mails des Betriebsrats auf elektronischem Wege zu lesen.
Darauf verweist der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrecht Jürgen Nath, Landesregionalleiter "Bayern" des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf den entsprechenden Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12.8.2009, Az.: 7 ABR 15/08.
In dem Fall stritten die Beteiligten über das Recht einzelner Betriebsratsmitglieder, jederzeit auf elektronischem Wege die Dateien des Betriebsrats lesen zu können. Die Arbeitgeberin stellte hier dem Betriebsrat in ihrem EDV-System einen geschützten Datenbereich zur Verfügung. Dort legte der Betriebsrat durch seine Sekretärin mehrere Ordner ("Folder") und Unterordner an, in denen er die mit seiner Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Daten abspeichert. Die Ordner enthielten u. a. Arbeitsdateien der Betriebsratssekretärin und das E-Mail-Konto des Betriebsrats. Ausdrucke der gespeicherten Dokumente wurden in Akten abgelegt und waren dort für alle Betriebsratsmitglieder im Büro der Betriebsratssekretärin einzusehen. Über einen unbeschränkten Zugriff zu allen Ordnern im Datenbereich verfügten hingegen nur der Vorsitzende, dessen Stellvertreter sowie die Systemadministratorin.
Die vier Antragsteller haben die Ansicht vertreten, sie müssten jederzeit in die Datenbestände des Betriebsrats Einsicht nehmen können. Der Betriebsrat hatte hingegen beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, bei den elektronisch gespeicherten Daten handele es sich nicht um Unterlagen, die vom Einsichtsrecht der Betriebsratsmitglieder umfasst seien. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sei die Einräumung allgemeiner Zugriffsrechte für alle Betriebsratsmitglieder nicht zulässig. Das Einsichtsrecht werde dadurch gewährleistet, dass die im Büro der Sekretärin des Betriebsrats verwahrten Ausdrucke eingesehen werden könnten.
Dieser Auffassung, so betont Nath, vermochte das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht zu folgen.
Auslegung des Gesetzes bestätigt Leserecht
Das Recht, die elektronisch gespeicherten Unterlagen des Betriebsrats einzusehen, umfasse auch das Leserecht auf elektronischem Wege. Das ergebe die Auslegung des Gesetzes. § 34 Abs. 3 BetrVG sehe vor, dass die Einsichtnahme "jederzeit" erfolgen könne. Das sei nicht gewährleistet, wenn Betriebsratsmitglieder auf ausgedruckte und abgeheftete Dateien verwiesen würden, die bereits zuvor in elektronischer Form vorliegen und auf elektronischem Weg eingesehen werden könnten, ihnen der Zugriff zu dieser Zeit aber nicht ermöglicht werde. Ein Ausdrucken der Dateien und Abheften in Ordnern stelle einen mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbarenden Zwischenschritt dar, der technisch nicht erforderlich sei.
Das Einsichtsrecht einzelner Mitglieder des Betriebsrats sei auch unabdingbar. Es könne weder durch die Geschäftsordnung noch durch einen Beschluss des Betriebsrats eingeschränkt werden. Die durch das Erstellen von Ausdrucken unvermeidbaren Verzögerungen der Möglichkeit zur Einsichtnahme, die u. a. von den Anwesenheitszeiten der Sekretärin, von der Büroorganisation und dem täglichen Arbeitsanfall abhingen, seien nicht mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes in Einklang zu bringen.
§ 34 Abs. 3 BetrVG solle sicherstellen, dass sich jedes Betriebsratsmitglied ohne zeitliche Verzögerung über die Vorgänge im Betriebsrat informieren kann. Durch den damit zum Ausdruck gebrachten Grundsatz der gleichen Informationsmöglichkeiten wolle das Gesetz ausschließen, dass Mitglieder aufgrund ihres Status oder aufgrund übertragener Sonderaufgaben (z.B. als Vorsitzender oder dessen Stellvertreter, als Ausschussmitglied, Systemadministrator oder aufgrund einer Freistellung) gegenüber Betriebsratsmitgliedern ohne besondere Funktionen über einen Informationsvorsprung verfügen. Deshalb ordne das Gesetz ausdrücklich an, dass sich alle Betriebsratsmitglieder selbst dann einen Überblick über die Gesamttätigkeit des Betriebsrats verschaffen können, wenn der Betriebsrat von der Möglichkeit der Delegation von Aufgaben auf Ausschüsse Gebrauch mache.
Nath empfiehlt, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.
Weitere Informationen und Kontakt:
Jürgen Nath, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Landesregionalleier Bayern, c/o Nath & Kollegen, Herzog-Wilhelm-Straße 9/I, 80331 München, Tel.: 089 856309-11, E-Mail: kanzlei@nath.de, Internet: www.nath.de