Die Herausforderungen für die Unternehmen hierzulande sind gegenüber dem vergangenen Jahr keineswegs geschrumpft. Sie werden allerdings nicht mehr ganz so tragisch genommen. Mit zwei Ausnahmen: Fachkräftemangel und steigende Energiekosten sind im Bewusstsein der Führungskräfte heuer noch präsenter, als sie es vor zwölf Monaten waren. Trotzdem ist das Hauptanliegen der Firmenlenker offenbar immer noch die Frage, wie sie ihre Kunden besser an das Unternehmen binden können. Und im Gegensatz zu den beiden anderen Themen ist die IT hier in der Lage, tatkräftig zu helfen.
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Der Geschäftsführung unterstellt
Diese Ergebnisse resultieren aus dem aktuellen "IT-Kompass", den die Marktforscher der Computerwoche und des Beratungsunternehmens IDC bereits im dritten aufeinanderfolgenden Jahr erstellt haben. Die größte Anwenderstudie Deutschlands zeichnet ein umfassendes Bild von der Wirklichkeit in den IT-Bereichen. Dabei gab es einige Überraschungen.
Beispielsweise sind die befragten IT-Chefs - im Gegensatz zu den Teilnehmern anderer aktueller Studien - mehrheitlich nicht dem Finanzbereich unterstellt. Diesen Eiertanz muss nur einer von fünfen meistern. Beinahe jeder zweite berichtet hingegen direkt an die Geschäftsführung.
Stimmungsbild der IT-Entscheider
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Zum dritten Mal haben COMPUTERWOCHE und IDC in diesem Jahr den "IT-Kompass" ausgerichtet.
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Die Studie berücksichtigt die Angaben von insgesamt 372 Anwenderunternehmen.
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Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, waren die Teilnehmer aus der IT-Branche aussortiert worden.
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Die Verteilung der übrigen Branchen orientiert sich an der vertikalen Struktur Deutschland.
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Allerdings ist der öffentliche Bereich diesmal leicht überrepräsentiert.
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Für hohe Aussagekraft sorgt der 70-prozentige Anteil von IT-Führungskräften unter den Befragten.
"Die IT-Abteilung ist in der Geschäftsführung vertreten und gestaltet die Unternehmensstrategie aktiv mit." Dieser Aussage schlossen sich 22 Prozent der Befragten an. 14 Prozent sagten, die IT sei "Kernbestandteil" der Unternehmensstrategie. Damit sehen 36 Prozent der Umfrageteilnehmer die Informationstechnik als geschäftskritisch für ihr jeweiliges Unternehmen.
Ein differenzierender Faktor?
Das waren aber schon einmal mehr: Im vergangenen Jahr addierten sich die Werte noch auf 44 Prozent, 2009 auf 40 Prozent. Die weitaus meisten Umfrageteilnehmer (45 Prozent) entschieden sich für die Aussage: "In Einzelfällen wird die IT explizit in die strategische Planung eingebunden." Der Anteil derjenigen, in deren Unternehmen IT-Fragen für die strategische Planung nur eine untergeordnete Rolle spielen, blieb über die Jahre konstant bei 19 Prozent.
Leicht rückläufig ist auch die Bewertung der IT als Wettbewerbsfaktor. 16 Prozent der Befragten sprechen ihr die Bedeutung für die Differenzierung von der Konkurrenz ab. 2010 taten das nur 13 Prozent. 22 Prozent (gegenüber 28 Prozent im Vorjahr) äußerten die Ansicht, die IT sei "ein wichtiges Differenzierungsmerkmal und ein Wettbewerbsfaktor". Immerhin sind nach wie vor 37 Prozent überzeugt: "Ohne unsere leistungsfähige und moderne IT könnten wir uns am Markt langfristig nicht halten." Damit konstatieren sechs von zehn Umfrageteilnehmern, dass die IT ein quasi unverzichtbares Mittel im Kampf um Marktanteile ist. Dieser Wert ist wohl ausbaufähig.
Dazu passt, dass 86 Prozent der Befragten die Möglichkeiten der IT für längst nicht ausgeschöpft halten. 17 Prozent sehen sogar "viele Potenziale ungenutzt brachliegen"; im vergangenen Jahr sagten das nur 14 Prozent. Insgesamt sind die IT-Fachleute aber auf dem richtigen Weg, so legen die Studienergebnisse nahe: Mittlerweile bezeichnen 14 Prozent (gegenüber neun Prozent im Vorjahr) die Potenziale der IT als "weitestgehend ausgeschöpft".
Der Kostendruck hat nachgelassen
IDC-Analyst Matthias Kraus führt diese marginal bessere Einschätzung der IT darauf zurück, dass der Kostendruck etwas nachgelassen habe. Um die Position der IT weiter zu festigen, empfiehlt er den IT-Entscheidern, die Auswirkungen ihrer Arbeit auf die Fachbereiche und deren Geschäft verständlich darzustellen und den Mehrwert, den die IT mit ihren Tools und Lösungen liefert, nachzuweisen.
Wenn die IT die Erwartungen der Fachbereiche erfüllen will, so Kraus weiter, muss sie ihre Ziele aber stärker an den Geschäftszielen ausrichten ("IT Business Alignment"). Und die Voraussetzungen dafür ließen sich nur dadurch schaffen, dass die IT in die strategische Unternehmensplanung eingebunden werde. Hier beißt sich die Katze also häufig in den Schwanz.
Was das Business von der IT will
Die Fachabteilungen fordern von der IT vor allem eins: Unterstützung in ihrem Bemühen um schlanke Geschäftsprozesse. Dieser Punkt stand in den vergangenen drei Jahren immer an erster Stelle. Die zweitwichtigste Anfoderung der Geschäftsbereiche heißt: Bereitstellung von IT-Lösungen für die Unternehmenssteuerung - insbesondere in Form von Analyse-Tools, die helfen können, der steigenden Datenflut (Stichwort "Big Data") Herr zu werden.
Zunehmend wichtiger werden jedoch auch Anforderungen, die es noch nicht unter die Top Five geschafft haben. Dazu zählen die Einführung mobiler Lösungen, die Vernetzung mit Geschäftspartner sowie Unterstützung für Marketing und Vertrieb.
Anders sieht die Prioritätenliste der IT aus. Sie wird von der IT-Sicherheit angeführt - ebenfalls schon seit drei Jahren. Cloud Computing, mobile Endgeräte und Social Media sorgen dafür, dass dieses Thema die IT-Chefs wohl auch in den kommenden Jahren beschäftigen wird. Dauerbrenner mit allmählich schrumpfender Bedeutung sind die Themen IT-Performance sowie Standardisierung und Konsolidierung der IT-Landschaft. Sorgenfalten auf die Stirn der IT-Verantwortlichen zeichnen zunehmend auch die Rekrutierung geeigneter Fachkräfte und die Forderung nach mehr Energieeffizienz im Rechenzentrum.
Innovationen? - In Maßen!
An der Einstellung der Unternehmen zu Innovationen in der IT hat sich wenig verändert. Die meisten Studienteilnehmer, sprich: 34 Prozent, rechnen sich zu denjenigen, die die "zweite Welle" mitnehmen. Nur 16 Prozent sehen sich unter den Pionieren; das sind zwei Prozentpunkte weniger als im vergangenen Jahr.
Treiber der Innovation ist aus Sicht der Befragten meist der CIO oder IT-Leiter. 56 Prozent kreuzten diese Möglichkeit an; im vergangenen Jahr waren es noch 63 Prozent. Den Fachbereichsleitern und Geschäftsführern gestehen nur 22 beziehungsweise 18 Prozent der Studienteilnehmer diese Rolle zu. Aber Achtung! Man sollte bei der Einordnung dieser Ergebnisse nicht vergessen, dass für diese Studie vor allem IT-Entscheider gefragt wurden.
Optimistische Entwicklung der Budgets
So unterschiedlich wie die einbezogenen Unternehmen sind auch ihre IT-Budgets: Sie reichen von weniger als 50.00O Euro bis mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr. Wie IDC-Analystin Jennifer Waldeck präzisiert, liegen die IT-Ausgaben in zwei Drittel der teilnehmenden Betrieb unter einer Million Euro per annum.
Im Durchschnitt geben die Unternehmen in etwa je ein Drittel ihrer IT-Budgets für Hardware, Software und Services aus - mit leichten Nachteilen für den Dienstleistungsanteil. Dabei wenden die IT-Bereiche 60 Prozent ihrer Finanzmittel für operative Tätigkeiten auf, während 40 Prozent in spezifische Projekt mit den Fachabteilungen fließen.
Das nimmt sich gar nicht schlecht aus angesichts der Tatsache, das viele Marktforscher mindestens drei Viertel der IT-Budgets im Orkus des IT-Betriebs entschwinden sehen. Allerdings müsste man vor einem Jubelgesang wohl genauer eruieren, was eigentlich zu den operativen und was zu den Projektkosten gezählt wird.
Außerdem hat sich das Verhältnis gegenüber dem Vorjahr wieder verschlechtert. Seinerzeit betrug es 57 Prozent (für Operations) zu 43 Prozent (für Projekte). Laut Waldeck ist der Rückgang der Projektmittel vor allem auf die unsichere konjunkturelle Lage zurückzuführen. Sollen Kosten gespart werden, sind in aller Regel zuerst die Projekte betoffen.
Die Höhe der Budgets stabiliert sich offenbar auf einem annehmbaren Niveau. Jeder zweite Befragte gab an, die IT habe in diesem Jahr genauso viel Geld zur Verfügung wie im vergangenen. 37 Prozent erwarten sogar ein höheres Budget. Diese Angaben bestätigen den Aufwärtstrend des vergangenen Jahres. Die Software- und Serviceanteile an den IT-Ausgaben steigen in diesem Szenario leicht überproportianal, während die Hardwareaufwendungen logischerweise eher abnehmen.
Die Zukunft der IT-Bereiche
Der letzte Teil der Anwenderbefragung betrifft traditionell die Zukunft der IT-Abteilungen. In dieser Beziehung gaben sich die Befragten durchweg selbstbewusst: Jeder zweite sagte, die Bedeutung der internen IT werde weiter zunehmen. Fast ebenso viele sehen die unternehmenseigenen IT-Bereiche künftig als gleich wichtig wie heute. Nur drei Prozent äußerten die Befürchtung, deren Einfluss im Unternehmen werde schrumpfen.
Das Bild ändert sich etwas, wenn der IT-Betrieb verstärkt an externe Dienstleister ausgelagert wird. Unter dieser Voraussetzung gehen 17 Prozent der Befragten von einer abnehmenden strategischen Bedeutung der IT aus. Nur 36 Prozent wollten sich darauf festlegen, dass die IT auch dann ihre strategische Rolle weiter ausbaut. Die Mehrheit sagte, die strategische Bedeutung der internen IT bleibe etwa gleich.
In den kommenden Jahren werden sich die Anforderungen an die IT-Abteilungen weiter ändern, erläutert der IDC-Analyst Matthias Zacher. Und damit wechsle auch die Rolle, die diese Abteilungen künftig spielen werden. Als Beispiel dafür könnten die neuen Beschaffungs- und Bereitstellungsmodelle dienen: Cloud Computing, Software as a Service etc.
IT-Leiter und -Organisationen seien deshalb aufgerufen, sich zum Partner der Geschäftsbereiche zu entwickeln, so Zacher weiter. Das erfordere aber, dass die IT aktiv auf die Fachbereiche zugehe. Nur so könne sie deren Bedürfnisse besser verstehen und mit Hilfe intelligenter IT-Lösungen erfüllen. Wenn diese Voraussetzung erfüllt sei, werde die IT auch in den Augen der Fachbereiche und der Geschäftsführung zum strategischen Erfolgsfaktor, lautet die Schlussfolgerung des Marktkenners.
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