Bodenhaftung durch perfekte Kundendaten

Warum Unternehmen an Digitaler Transformation scheitern

13.06.2016 von Holger Stelz
Das Rennen um Marktanteile und Kunden in der digitalen Wirtschaft ist längst eröffnet und Entscheidern traditioneller Unternehmen bereitet das zunehmend schlaflose Nächte. Sie fragen sich: Welcher Konkurrent digitalisiert als Nächster erfolgreich und kann sich ein Stück vom Datenkuchen sichern? Und wie kann ich mein Unternehmen durch Digitalisierung meiner Geschäftsprozesse erfolgreicher machen? Die einfache Antwort auf diese Fragen lautet: perfekte Kundendaten!

Unternehmen scheitern hierzulande an der digitalen Transformation – unter anderem weil sie eines ihrer wertvollsten Wirtschaftsgüter sträflich vernachlässigen – ihre Kundendaten. Es fehlt ihnen sprichwörtlich die nötige Bodenhaftung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage im Auftrag von Uniserv. Und nicht umsonst empfehlen die Analysten von Forrester Research: die eigenen Kundendaten zu optimieren, das sei ein zentraler Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche digitale Transformation.

Die digitale Transformation fordert das Marketing heraus

Um den Zusammenhang zwischen digitaler Transformation, Marketing und Kundendaten zu verstehen, muss man einen Schritt zurückgehen und das veränderte Kundenverhalten in den Fokus rücken: Wo früher Filialen und Verkaufsschalter waren, gibt es heute digitale Plattformen, auf denen Kunden sich selbst bedienen. Sie haben die Vorteile der vernetzten Welt bereits kennen und lieben gelernt – ihr Einkaufsverhalten und ihre Erwartungen haben sie entsprechend daran angepasst.

Deutsche Unternehmen sind noch längst nicht digital-ready
Foto: Uniserv

So belegt eine von Uniserv in Auftrag gegebene Studie aus dem November 2015, dass deutsche Verbraucher den Online-Handel in vielen Bereichen dem stationären Handel vorziehen. Den Einkauf per Internet bevorzugen sie vor allem um Mobilfunk- (52 Prozent) und Internet-Verträge (40 Prozent) abzuschließen sowie um Bankgeschäfte (44 Prozent) zu erledigen. Jeder dritte Konsument kauft Bekleidung, und knapp jeder Vierte seine Medikamente (24 Prozent) lieber über das Internet ein.
Jeder achte Euro wird mittlerweile im Internet ausgegeben. Für dieses Jahr erwartet der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel ein Umsatzplus von zwölf Prozent im E-Commerce. Für Konsumenten ist die Webseite des Händlers zudem Hauptinformationsquelle (65 Prozent), gefolgt von Suchmaschinen-Ergebnissen mit 20 Prozent. Kataloge sind nur noch für 18 Prozent der Konsumenten die erste Wahl.
Innerhalb der Studie wurden 1.008 Verbraucher in Deutschland im November 2015 zu ihrem Einkaufsverhalten befragt. Die Mehrheit der Befragten stammt aus der Altersgruppe 18 bis 54 Jahre.

Im B2B-Umfeld werden laut Marktforschungsunternehmen sogar 80 bis 90 Prozent aller Käufe durch die Hersteller-Webseite beeinflusst. Aber nicht nur geändertes Einkaufsverhalten, sondern auch das Informationsverhalten verändert den Kontakt zwischen Kunden und Unternehmen sowie den kompletten Verkaufsprozess und damit auch die Marketing-Aktivitäten.

Kunden informieren sich anders

So stand früher in der Informationsphase der Kontakt zum Unternehmen im Mittelpunkt. Heute begeht der Interessent eines Produkts immer häufiger diese Phase online, quasi im stillen Kämmerlein. Das heißt: vom Interesse an einem Produkt bis hin zur Kaufentscheidung informieren sich Verbraucher überwiegend auf eigene Faust. Recherchen zu Produktinformationen, Kundenbewertungen und Produktvergleichen finden statt, ohne dass ein Verkaufsberater offensiv angesprochen wird. Die Folge: Produkte, Informationen oder Kampagnen erreichen Konsumenten nicht mehr auf gewohntem Wege.

Die digitale Transformation kann nicht isoliert betrachtetet werden

Das Marketing muss vor dem Hintergrund der Digitalisierung also die Fragen beantworten:

Damit Unternehmen auf diese Fragen schlüssige und entscheidungsfeste Antworten finden können, brauchen sie in aller Regel eine verlässliche Datenbasis, die Bodenhaftung, den so genannten Ground Truth. Nur dann lässt sich eine Gesamtsicht auf das Unternehmen und seine Außenbeziehungen mit Kunden, Partnern und Lieferanten herstellen. Doch so wünschenswert das ist, so häufig scheitern Analysevorhaben zur Unternehmenssteuerung ausgerechnet an der Verlässlichkeit der Daten. Insbesondere Kundendaten sind aufgrund ihrer dynamischen Natur sehr anfällig für Fehler, Unvollständigkeit und Überalterung.

Die Gründe für die Fehleranfälligkeit der Daten liegen in internen Unternehmensstrukturen. Noch immer nutzen laut einer aktuellen Uniserv-Studie unter 100 Unternehmensentscheidern aus der DACH-Region 63 Prozent mehrere abteilungsbezogene Lösungen für das Kundendatenmanagement. Für sie liegt die Herausforderung darin, die in den unterschiedlichen Systemen verwalteten Daten zu aggregieren, um daraus eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden zu erhalten. Zwei Drittel sehen in diesem Punkt auch Optimierungspotenzial im eigenen Unternehmen.

Ground Truth als Basis für Vorhersagen und Kampagnen

Einwandfreie Kundendatenbestände können daher der Schlüssel zum Erfolg sein. Das Herzstück bildet dabei der sogenannte Golden Record – der einzig wahre Datensatz eines jeden Kunden. Dieser wird zentral aus allen verfügbaren Kundenstammdaten gebildet. Sammelt man zudem Interaktions- und Transaktionsdaten von Kunden, so spricht man vom Ground Truth – der Datenbasis, die für Vorhersagen und Marketing-Kampagnen benötigt wird.

Der Ground Truth stellt damit die verlässliche Datenbasis in einem Unternehmen dar und enthält folgende Informationen:

Der Ground Truth erlaubt eine 360-Grad-Sicht
Foto: Uniserv

Nur über eine 360-Grad-Kundensicht lassen sich gewinnbringende Kampagnen fahren, die wiederum als Datengrundlage für aussagekräftige Auswertungen dienen. Und nur so lässt sich das Erfolgspotenzial von Ideen für neue Geschäfts- und Vertriebsmodelle fundiert analysieren. Das Kundendatenmanagement liegt damit im Mittelpunkt aller datenbezogenen Aktivitäten, vom Marketing Campaigning über Business Intelligence bis hin zu Predictive Analytics. Unternehmen müssen sich bewusstmachen, wie wichtig es ist, die gesamte digitale Transformation organisationsübergreifend zu betrachten und eine entsprechende Kultur in allen Abteilungen zu etablieren. Andernfalls stehen neu ausgedachte Businessmodelle auf wackeligen Beinen.

Fazit

Im digitalen Zeitalter hängt der Erfolg neuer Marketing-Ansätze ganz entscheidend von den vorliegenden Kundendaten ab. Denn nur auf Basis präziser und korrekter Kundendaten können digitalisierte Produktionsverfahren dabei helfen, Angebote ganz spezifisch auf die Bedürfnisse des einzelnen Konsumenten zuzuschneiden. Von Marketers wird das Kundendatenmanagement jedoch leider gerne vergessen. Dieses muss im Rahmen einer erfolgreichen digitalen Transformation aber unbedingt mitgedacht und schlussendlich auch umgesetzt werden.