Microsofts Cloud-Strategie im Channel

Warum Reseller auf Azure setzen sollten

12.07.2010
Viele Systemintegratoren und ISVs haben sich bisher noch nicht an Cloud-Computing-Plattformen herangetraut. Mit Microsoft Azure könnte sich das ändern, meint Christoph Witte.*

Von Christoph Witte

Zu schwierig, zu unüberschaubar, zu unsicher - so haben bisher viele Reseller die vorhandenen Cloud-Computing-Plattformen charakterisiert. Mit Windos Azure stellt Microsoft einen gelungenen Versuch vor, Cloud Computing als Ergänzung zum traditionellen IT-Ansatz zu etablieren.

So sollen ISVs Azure-Applikationen entwickeln und zur Verfügung stellen
Foto: xyz xyz

Windows Azure kann heute für ISVs und Systemintegratoren im Wesentlichen zwei entscheidende Leistungen erbringen: Es kann zum einen als Plattform für kleinere Softwarehäuser dienen, um neue Services und Applikationen zu entwickeln und zu verbreiten. Dabei müssen diese ISVs keine eigene Infrastruktur oder ein Servicemanagement aufbauen. Solche Services können auch Informationsdienste, Plattformen, Videoportale, Webapplikationen oder Dienste sein, die von anderen Applikationen benutzt werden, um sie mit zusätzlichen Funktionen zu versehen. Zum anderen könnten Systemintegratoren ihren Unternehmenskunden hoch automatisierte virtualisierte Infrastruktur zu Verfügung stellen, um zum Beispiel kurzfristig rechenintensive Aufgaben zu erledigen, ohne dass Kunden in eigene Hardware und eigenen Storage investieren müssen.

Die auf der Azure-Plattform genutzte Kapazität ist leicht skalierbar. Kunden können so viele CPUs wie gewünscht stundenweise beanspruchen und abrechnen. Storage-Kapazität lässt sich monatlich genauso variieren wie Datenbanken, Service-Bus-Connections, Transaktionspakete und Datentransferraten. Hinzu kommen Integrations-, Security- und Entwicklungs-Services. Azure übernimmt das gesamte technische Management wie Load Balancing, Scheduling, Provisioning und Life-Cycle-Management. Dabei garantiert Microsoft eine Verfügbarkeit von 99,95 Prozent, das Angebot entspricht höchsten Sicherheitsanforderungen und ist weltweit zu festen, verbrauchsabhängigen Preisen flexibel zu beziehen.

Das Microsoft-Rechenzentrum

Um diese Leistungen performant und mit hoher Verfügbarkeit zu ermöglichen, hat Microsoft weltweit sechs Rechenzentren errichtet. Ihre Leistungsfähigkeit beziffert der Softwarekonzern nicht mehr in Tera- oder Petabytes und auch nicht in Megaflops. Die neue Maßeinheit lautet einfach Schiffscontainer. Diese Container, die mit bis zu 2.000 Servern (mit unterschiedlich vielen CPUs), Storage, Netzwerk-Switches, Stromversorgungen und sonst allem bestückt sind, was zu einem autarken Rechenzentrum gehört, tragen als Lastesel das gesamte Gewicht der Microsoft-Cloud. Diese hoch automatisierten Einheiten werden nach ihrer Fertigstellung nicht mehr von Menschen betreten. Jedes Microsoft-Rechenzentrum verfügt über eine festgelegte Menge an "Parkbuchten" für die Rechencontainer.

Weltweit hat Microsoft sechs Cloud-Rechenzentren errichtet
Foto: Ronald Wiltscheck

Das im November 2009 eröffnete MS-Rechenzentrum in Chicago verfügt über 56 solche Buchten. Neue Container arbeiten nach dem "Parken" innerhalb von acht Stunden im Netz. Zurzeit wächst die Kapazität um etliche tausend Racks pro Monat.

Natürlich sorgt das flexible Containermodell auch für eine schnelle und einfache Austauschbarkeit der Module. Stellt man sich Azure Platform als Haus vor, dann bilden die beschriebenen Rechenzentren die Fundamente. Windows Azure OS und Storage kann man sich wie Betriebsräume (Heizung, Klima) und Vorratsräume im Keller vorstellen. Darüber liegt der Wohnbereich. Dort entwickeln die ISVs ihre Applikationnen, dort arbeiten auch die Systemintegratoren, und von dort gelangen diese Services in die Cloud. Kunden benötigen im Grunde nicht mehr als einen breitbandigen abgesicherten Internetzugang und einen Zugang zum Azure-Platform-Portal, wenn sie ihre Aufgaben und Services komplett außer Haus abwickeln.

Anwender können dort beispielsweise vorübergehend rechnen lassen oder Software testen: Dabei lassen sich die Cloud-Services sowohl mit anderen Cloud-Services kombinieren als auch mit vor Ort beim Kunden installierten Services. Darüber hinaus sind zumindest die Services, die mit Dotnet entwickelt wurden, problemlos von der Cloud in On-Premises-Rechner und umgekehrt zu portieren.

Nachdem Azure dem Kunden nicht nur die Investitionen in eigene Hard- und Software abnimmt, sondern sich auch um Backup und Disaster Recovery kümmert, sinken für den Kunden auch die Betriebskosten - allein durch das komplett eingesparte eigene technische Management um bis 40 Prozent, so die Rechnung von Microsoft.

Vorteile für ISVs & Systemintegratoren

ISVs und Systemintegratoren können mit Azure eine höhere Servicequalität liefern. Außerdem lassen sich die einmal entwickelten Services gut zu Geld machen, denn natürlich können sie auch weiteren Kunden angeboten werden - selbstredend sind die in der Azur-Plattform entwickelten Services multimandantenfähig.

So weit das Prinzip und die Vorteile dieses Cloud-Angebots von Microsoft, das mit Public oder Private Cloud nur unzureichend beschrieben ist. Es geht hier um eine sichere globale Infrastruktur und Plattform, die Azure Anwendern, Entwicklern und Systemintegratoren zur Verfügung stellt.

Die Elemente von Windows Azure Platform

Windows Azure stellt das eigentliche Cloud-Betriebssystem zur Verfügung. Darauf befinden sich die Cloud-Services. Sie laufen auf hoch virtualisierten Servern in Microsoft-eigenen Rechenzentren. Der Hersteller sorgt für Load-Balancing, Geo-Replication und Application-Lifecycle-Management. Außerdem stellt das Cloud-OS "Compute”- und "Storage”-Services zur Verfügung. Letztere können von Cloud- und von On-Premises-Applikationen genutzt werden. Dort können ISVs ihre Binary Large Objects (Blobs) ablegen. Für Applikationen, die relationale Datenbanken benötigen, stellt Microsoft auf der Azure-Plattform mit SQL Azure Database einen eigenen Service zur Verfügung.

Windows Azure ist über ein browserbasiertes Portal erreichbar. Die Kunden zahlen Gebühren für die Nutzung von Rechenpower, Speicherplatz und Datenverkehr. Zurzeit bietet Microsoft stundenbasierte Tarife für die Rechenpower an, Datenverkehr und Speicher wird in Gigabyte pro Monat abgerechnet.

Der Service "SQL Azure" beinhaltet ein Datenbank- Management-System (DBMS), das mit relationalen Daten von Cloud- und von On-Premises-Anwendungen umgehen kann. Alle Informationen im Cloud-DBMS werden dreifach repliziert. Eine einzelne Datenbank in der Cloud ist derzeit auf 50 Gigabyte beschränkt. Eine Anwendung, die Zugriff auf mehr Daten benötigt, muss mehrere Datenbanken benutzen. "Huron” synchronisiert die Daten zwischen den verschiedenen Datenbanken. "App Fabric" bietet Cloud-Services für verteilte Anwendungen, die ebenfalls von lokalen und von Cloud-Applikationen genutzt werden können.

Die Windows-Azure-Plattform ist ein Bestandteil der Microsoft-Online-Services, die auch Exchange Online, Office Live Meeting, SharePoint Online, Office Communications Online und Office Web Applications enthalten. Das Azure-Platform-Angebot bezieht sich auf das Cloud-OS Azure (CPUs, Storage), die SQL-Azure-Datenbank, die Windows Azure Platform App Fabric sowie als Entwicklungsplattformen Microsoft Dotnet und SDKs für Visual Studio. (rw)

Der Autor

Christoph Witte ist IT-Publizist in München

Christoph Witte ist IT-Publizist in München