Mittelstandsmarkt in Deutschland

Warum Private und hybride Clouds das Rennen machen

13.01.2014 von Regina Böckle
Die Späh-Aktionen der Geheimdienste bremsen die Nachfrage nach Cloud-Lösungen im Mittelstand nicht aus, haben aber die Anforderungen an Sicherheit und Transparenz erhöht. Provider hierzulande wittern Morgenluft.
Das klassische Infrastrukturgeschäft bleibt für Systemhäuser ein wichtiger Umsatzträger, weil ihre Kunden zwar Cloud-Lösungen einsetzen wollen - allerdings nicht in dem Tempo wie das mancher Hersteller erwartet.
Foto: Julien Eichinger - Fotolia.com

Das Ergebnis der Studie verblüffte selbst die Marktanalysten: TechConsult hatte im dritten Quartal 2013 mittelständische Unternehmen in Deutschland nach den Top-IT-Themen befragt. Angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits enthüllten Spionageaktivitäten der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste rechneten die Marktforscher eher mit einer rückläufigen Nutzung und Planung von Cloud-Services. Doch die Antwort der Business- und IT-Verantwortlichen im deutschen Mittelstand war eindeutig: Die Cloud rangiert bei mehr als 60 Prozent der Befragten unverändert auf Platz eins noch vor den Themen Mobility und Bring Your Own Device (BYPD).

Deutlich wurde aber, dass Sicherheitsfragen einen noch höheren Stellenwert erhalten haben. Unternehmen, die Cloud-Services beziehen wollen, entscheiden sich wesentlich häufiger für speziell zugeschnittene Private-Cloud-Angebote als für standardisierte Public-Cloud-Dienste oder eine Kombination aus beiden, der Hybrid-Cloud. "Die Abhöraktivitäten der Geheimdienste haben Cloud-Lösungen grundsätzlich nicht ins Abseits gestellt, vielmehr haben sie dazu beigetragen, dass die Anwenderunternehmen künftig noch detaillierter die genutzten Cloud Services begutachten werden", zieht Techconsult Analyst Max Schulze Bilanz. Er erwartet, dass die Forderung der Anwender nach höheren Sicherheitsstandards den Cloud-Markt langfristig transparenter werden lässt und den Fortbestand der Cloud-Technologie sichert.

Die Ergebnisse dieser Umfrage decken sich mit den Beobachtungen von Systemhäusern und Distributoren, die in diesem Bereich bereits aktiv sind. "Größere Mittelständler implementieren parallel die Cloud-Technologien, um von den damit verbundenen Möglichkeiten on-premise zu partizipieren. Die Akzeptanz für Data Center und Cloud-Services als mögliche Lösung steigt trotz des NSA-Skandals", berichtet beispielsweise Robin Wittland, Aufsichtsratsmitglied der Wortmann AG.

Datenstandort Deutschland punktet

Systemhäuser und Service-Provider beobachten außerdem, dass gerade für mittelständische Kunden die Frage nach dem Standort des Rechenzentrums, in dem Daten, Dienste und Anwendungen gehostet werden, eine noch größere Bedeutung als bislang erhalten hat. Sie hoffen, von diesem Trend profitieren zu können.

Die Ergebnisse der PwC-Studie spiegeln dies wider: Im Jahr 2010 speicherte und verarbeitete gut die Hälfte der Anbieter die Daten der Kunden auf Servern beziehungsweise in Rechenzentren in Deutschland. Heute gilt dies für neun von zehn Anbietern. "Offenkundig haben die Anbieter ein stärkeres Problembewusstsein für die Compliance und den Datenschutz entwickelt, um ihre Cloud Services optimal vermarkten zu können", so PwC. Zudem lassen heute 83 Prozent der Anbieter ihre Kunden selbst bestimmen, ob die Daten in Deutschland bleiben sollen. 2010 waren dies nur 55 Prozent.

Kein Wunder also, dass Anbieter wie Fujitsu, IBM oder HP die Rechenzentrumskapazitäten hierzulande kräftig aufstocken. Ausnahme bildet hier Dell: Das 2011 für Halle angekündigte Cloud-Rechenzentrum wurde auf Eis gelegt. Und auch Spezialdistributoren mit starken Servereigenmarken wie Tarox und Wortmann sind längst auf den Zug aufgesprungen. Tarox verzeichnete kürzlich den dreihundertsten Fachhändler in der Tarox Data Cloud, die im deutschen Rechenzentrum betrieben wird.

Das Angebot umfasst unter anderem Microsoft-Hosted-Lösungen, Private Cloud vServer und Backup in der Cloud. Auch im Bereich Server-Housing/Hosting verzeichne man umfangreiche Projektanfragen durch den Fachhandel, wie das Unternehmen berichtet. Die Tarox-Cloud-Plattform ist einem Verbund von über 90 Rechenzentren und einer direkten Verbindung zu mehr als 900 Netzanbietern angeschlossen. Der Wettbewerber aus Hüllhorst, die Wortmann AG, hat Ende 2013 ebenfalls eine Cloud-Plattform gestartet und setzt ebenfalls große Erwartungen in das neue Projekt.

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Woran es auf Anbieterseite hapert

Trotz der langfristig guten Aussichten für das Cloud-Business bewerten viele Systemhäuser die aktuelle Situation auch kritisch: Das Geschäft mit klassischen Lösungen bleibt für sie mittelfristig ein wichtiger Umsatz- und Ertragsträger, weil ihre Kunden nicht in demselben Tempo in die Cloud wandern wollen, wie das mancher Anbieter erwartet. Die radikale Kehrwendung einiger Lieferanten sei hier kontraproduktiv. Im Kreuzfeuer dieser Kritik steht insbesondere Microsoft. Der Hersteller vernachlässige das - auch für ihn selbst - noch immer wichtige klassische Kerngeschäft mit Infrastrukturlösungen sträflich, monieren Partner. Wenn Kunden nicht von heute auf morgen umsteigen wollten, könnten Dienstleister sie nicht dazu zwingen. "Das scheint Microsoft nicht zu sehen", klagen viele Reseller.

Auch die Techconsult-Studie belegt, dass der Mittelstand trotz des großen Interesses noch immer große Vorbehalte gegenüber der Cloud-Technologie hegt. Eine wesentliche Ursache dafür ist die mangelnde Transparenz bei den Cloud-Anbietern, wie die Studie ergab.

"Was viele Cloud-Anbieter verschweigen, ist die Tatsache, dass der Kunde in der Verantwortung steht, seine Anwendung Cloud-tauglich zur Verfügung zu stellen, bevor er diese mit einem Cloud-Service in Verbindung bringt", kommentiert Techconsult-Analyst Max Schulze diesen Befund. So müsse der Softwareentwickler eventuell auftretende Probleme berücksichtigen, die bei der Nutzung beispielsweise eines IaaS-Dienstes auftreten können. Bei Ausfall der Cloud-Infrastruktur ist es nötig, dass die Anwendung selbstständig diesen Ausfall erkennt, sofort Maßnahmen ergreift und auf eine Ersatzinfrastruktur umschaltet, die vom Cloud-Anbieter zur Verfügung gestellt wird. "Demnach liegt die Verantwortung für die Ausfallsicherheit sowohl auf der Seite der Anbieter als auch auf der Seite der Anwenderunternehmen", führt Schulze aus.

Cloud-Anbieter müssten ihren potenziellen Kunden die strategischen Wege viel deutlicher aufzeigen, die nötig sind, um erfolgreich in der Cloud zu sein, bemängelt Schulze. "Die stets angepriesenen Kostenvorteile und Flexibilitätsgewinne von Cloud-Services wurden in den vergangenen Jahren hinreichend belegt. Jedoch benötigt ein umfangreicher Cloud-Service auch immer eine darauf abgestimmte Architektur, die vom Kunden erbracht werden muss. Cloud-Anbieter sollten demnach offensiv diese Bedingungen kommunizieren." Hier sind allerdings auch die Vertriebspartner gefragt.

Cloud-Management-Tools -
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Mt dem Online-Dienst “Doctape” bietet sich eine einfach gehaltene Lösung an, mit der sich sowohl private als auch geschäftliche Dokumente zentral in der Cloud verwalten lassen.
Doo
"Doo" ist ein hochwertiges Dokumenten-Management-System, das mit intelligenten Verwaltungs- und Suchfunktionen sowie mit nativen Clients für Desktop und Mobile punkten kann.
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"Fileee" bietet neben Cloud-Speicher, File-Sharing und Verwaltungsoptionen professionelle Scanservices an.
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Bei "Dropscan" aus Berlin handelt es sich um eine Art virtuellen Scanner, der das papierlose Büro verspricht. Der Clou: Briefpost und beliebige Dokumente werden beim Anbieter digitalisiert und in der Cloud bereitgestellt.
ProBinder
"ProBinder" verbindet effizientes Dokumenten-Management mit Team-Produktivität. Die Software präsentiert sich mit einem realistischen Interface-Design, bei dem Büroregale -Ordner und -Raster nachgeahmt werden.
Otixo
Von Dropbox und SkyDrive über Facebook und Picasa bis hin zu Amazon S3 und Alfresco DMS: Als ein universeller Datei-Manager bringt "Otixo" rund 30 populäre Cloud-Dienste unter einen Hut.

Das Cloud-Potenzial im deutschen Mittelstand

Das Marktvolumen für Cloud-Services in Deutschland legte im SMB-Bereich von 1,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu. Das ergab die jüngste Studie von Parallels (SMB Cloud Insights, 11/2013). Berücksichtigt wurden hier Cloud-Services in den Bereichen IaaS, Webpräsenz und Webapplikationen, gehostete Kommunikation und Zusammenarbeit sowie Online-Business-Applikationen. Bis 2016 wird ein weiteres jährliches Wachstum um mehr als 23 Prozent auf ein Gesamtvolumen von 3,4 Mrd. Euro erwartet.

Der Parallels-Studie zufolge nutzen 31 Prozent der SMBs hierzulande Infrastructure-as-a-Service (IaaS), davon beziehen 80 Prozent mindestens eine Art von Infrastruktur-Add-on. 2013 wuchs der Markt für Infrastructure-as-a-Service um zwölf Prozent und erreichte ein Marktvolumen von 597 Millionen Euro.

Inhouse-Infrastruktur ist noch immer weiter verbreitet als die Nutzung gehosteter Server, immerhin 43 Prozent der Unternehmen nutzen sowohl gehostete als auch betriebseigene Infrastrukturen. Mit zunehmendem Alter der internen Systeme könnten zahlreiche SMB auf gehostete Server wechseln und die zweistelligen Wachstumsraten in diesem Bereich damit verstärken.

2013 verzeichnete der Bereich Webpräsenz ein Wachstum von 18 Prozent. Dabei haben 78 Prozent der deutschen SMBs eine eigene Website. Über 75 Prozent davon werden von einem Drittanbieter gehostet. Das entspricht einem Marktvolumen von 390 Millionen Euro.

Künftig wird der Markt für Webpräsenz etwas langsamer wachsen, da er für Webhosting und Websites zunehmend gesättigt ist. Insgesamt erwartet Parallels für die nächsten Jahre einen Anstieg um jährlich zwölf Prozent in diesem Bereich. Bis 2016 wird ein Marktvolumen von 548 Millionen Euro erreicht.

Mit geschätzten 140 Millionen Euro liegt das Marktvolumen für gehostete Kommunikation und Zusammenarbeit (UCC) zwar noch immer weit unter den Bereichen Webpräsenz und IaaS, dafür wächst dieser Bereich aber sehr viel schneller.

Business-Class-E-Mail-Services war 2013 insgesamt der am schnellsten wachsende Cloud-Service. Aktuell beziehen zehn Prozent der deutschen SMBs einen kostenpflichtigen Business-Class-E-Mail-Dienst, vier Prozent kaufen gehostetes PBX. Über die nächsten Jahre erwartet Parallels einen starken Anstieg dieser beiden Cloud-Dienste mit einer annähernden Verdreifachung des Marktvolumens auf zirka 397 Milliarden Euro.

Business-Applikationen zogen 2013 mit einer Wachstumsrate von 30 Prozent an IaaS vorbei und entwickelten sich zu der Cloud-Kategorie, in die deutsche SMBs am meisten investierten.

Mit einem Marktvolumen von derzeit 639 Milliarden Euro zählen Business-Applikationen zu einem der Bereiche mit dem größten Wachstumspotenzial auf dem deutschen SMB-Markt für Cloud-Services. Die derzeitigen Top-Anwendungen sind Telefonkonferenz, Filesharing, Instant Collaboration sowie Online-Backup und Storage.

In den kommenden Jahren werden Online-Business-Applikationen laut der Parallels-Studie die am schnellsten wachsende Cloud-Service-Kategorie sein. Bis 2016 erwarten wir ein jährliches Wachstum von mindestens 43 Prozent, wodurch Business-Applikationen im Jahr 2016 ein Marktvolumen von 1,5 Milliarden Euro erreichen.