Laut Handelsblatt plant IBM bis zu 8.000 Mitarbeiter in Deutschland zu entlassen (ChannelPartner berichtete). Die Experton Group hält das für unwahrscheinlich. Jürgen Brettel, Vorstandsvorsitzender bei dem Marktforscher, hat diesen Bericht gelesen und kommentiert ihn.
Die Meldung bezieht sich auf das "IBM Liquid Challenge Program". Als Ziele dieser Initiative gelten Einsparung von Personalkosten und damit Steigerung Aktienwertes. Diese Nachricht hat für viel Verwirrung bei IBM-Partnern gesorgt.
Denn "Big Blue" ist als Gesamtunternehmen weltweit sehr gut aufgestellt, was sich auch in den Finanzkennzahlen zeigt. Diese sind grundsolide. Die IBM Aktie stieg 2011 um etwa 27 Prozent an - und in den Jahren 2009 bis 2011 insgesamt um etwa 90 Prozent. Allein 2010 hat IBM insgesamt 15 Firmen aufgekauft, 2011 waren es weitere Unternehmen und 2012 hat der IT-Konzern bereits die erste Akquisition (Worklight) getätigt. IBM veröffentlicht keine länderspezifischen Kennzahlen, so dass keine direkte Aussage für Deutschland möglich ist. Die Marktstellung von IBM in Deutschland wird von uns aber als "solide" beurteilt, könnte von den Voraussetzungen und dem Marktumfeld her aber noch wesentlich besser sein.
Ist das ein Grund, in Deutschland 8.000 Mitarbeiter und damit 40 Prozent der Belegschaft zu entlassen? Mit Sicherheit nicht. Es gibt sicher bei IBM und bei anderen IT-Unternehmen Überlegungen, wie künftige Modelle der Zusammenarbeit aussehen könnten. Bei dem IBM Liquid Challenge Program geht es in erster Linie um das Thema Software-Entwicklung, und dabei um die Einbindung von "Nicht-IBM-Mitarbeitern" in die Software Development Prozesse. Ein außerordentlich interessantes Konzept, welches aus unserer Sicht nichts mit einem möglichen Stellenabbau in Deutschland zu tun hat.
Chance für IT-Dienstleister
Wenn man grundsätzlich neue Modelle der Zusammenarbeit mit entsprechend drastischem Personalabbau "testen" möchte, ist Deutschland - neben Frankreich - auch eines der global am wenigsten geeigneten Länder. Das bestehende Arbeits- und Kündigungsrecht, entsprechende hohe Abfindungen und das Thema "Scheinselbstständigkeit" erschweren ein solches Verhalten enorm.
Aus unsere Sicht hat die gesamte Meldung also kaum Substanz, umso erstaunlicher ist, dass sich dazu bereits sehr viele Stimmen gemeldet haben und die Nachricht teilweise unkritisch weiter verbreitet wird.
IBM hat, wie auch andere IT-Unternehmen die Herausforderung, die Mitarbeiter-Ressourcen ständig an das sehr dynamische Marktumfeld und die Nachfrage der Kunden anzupassen. Dies ist in Deutschland, unter anderem wegen der gesetzlichen Regelungen eher schwierig, trotzdem für alle Anbieter eher "Business as usual".
Unter dem Strich halten wir eine solche Entwicklung bei der IBM als sehr unwahrscheinlich. (rw)