Lizenzen & Migration

Warum der Fachhandel jetzt auf Windows 7 setzen sollte

23.11.2009
Seit 22. Oktober ist das neue Microsoft-Betriebssystem auf dem Markt. Im Gegensatz zum Vorgänger Vista bietet Windows 7 dem Channel lukrative Geschäftschancen.

Etwa 300 Fachhandelspartner waren der Einladung von Actebis Peacock gefolgt und hatten gemeinsam mit Microsofts Channel-Chef Wolfgang Brehm den Verkaufsstart von Windows 7 in Frankfurt eingeläutet. In der Mainmetropole hatte ihnen der Hersteller nicht nur alle Neuigkeiten rund um das neue Betriebssystem mitgeteilt, mit einer Party danach brachten die anwesenden Händler ihre Vorfreude auf das künftige Lizenz- und Servicegeschäft zum Ausdruck.

Denn noch so ein Desaster wie mit Vista kann sich Microsoft nicht leisten. Gewerbliche Kunden haben auf den Windows-7-Vorgänger weitgehend verzichtet und stattdessen mit dem bewährten XP weitergearbeitet. Diese Vorgehensweise schilderte beispielsweise auch Thomas Hemmerling-Böhmer, Vorstand des Microsoft Business User Forums und IT-Leiter bei der Karl Storz GmbH, auf der Windows-7-Launch-Veranstaltung in München.

In seinem Unternehmen hat der Manager das neue Betriebssystem in drei Wochen eingeführt: "Die Leute haben uns Windows 7 aus den Händen gerissen", berichtet der IT-Direktor und ist voll des Lobes über Microsofts neuestes Produkt: "Da hat der Hersteller offensichtlich Kunden zugehört." Einen Kritikpunkt musste Hemmerling-Böhmer dennoch loswerden: die nach wie vor zu komplizierte Lizenzierung des Betriebssystems.

Klaus Donath, Direktor der Networking & Software Group (NSG) bei Ingram Micro: "Das Migrationspotenzial ist hoch."
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Hier sollte nun der qualifizierte Fachhandel ansetzen und dem Kunden die mühsame Suche nach dem passenden und kostengünstigsten Lizenzmodell abnehmen. "Windows 7 jetzt zum Jahresende ist die Gelegenheit für Händler, die Hard- und Softwareverkäufe anzukurbeln. Das neue Betriebssystem liefert vielen Notebook- und PC-Nutzern den Anstoß, sich technisch auf den neuesten Stand zu bringen", argumentiert etwa Tobias Nagel, Leiter der VAD-Business Unit Software & Services bei Actebis Peacock.

"Ein würdiger XP-Nachfolger"

Andreas Dudda, Leiter der Business Unit Components & Software bei der Devil AG: "Windows 7 bietet die Möglichkeit, zusätzliche Hardware zu verkaufen."
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Auch Klaus Donath, Direktor der Networking & Software Group (NSG) bei Ingram Micro, sieht bei Windows 7 ein großes Migrationspotenzial für Microsoft-Partner, da viele Endkunden sich gegen Vista entschieden haben und nun "ein würdiger Windows-XP-Nachfolger auf den Markt kommt". Andreas Dudda, Leiter der Business Unit "Components & Software" bei der Devil AG, hat wiederum vornehmlich Privatkunden im Visier: "Jeder Fachhändler sollte Windows 7 fürs Weihnachtsgeschäft vorhalten."

Ins gleiche Horn stößt Sybille-Angela Luecke, Leiterin der Softwaredivision bei Also: "Das Consumer-Business ist bei uns sehr erfolgreich angelaufen, für den Vertrieb der Boxen und teilweise auch der OEM-Versionen hat sich schon vor dem Launch-Tag eine starke Nachfrage abgezeichnet, und diese Produkte werden das Jahresendgeschäft deutlich beleben. Privatanwender mit älterer Hardware bekommen jetzt die Möglichkeit, ein schlankes und modernes Betriebssystem auf demselben PC zu betreiben."

"Für den Fachhandel gibt es keine andere Möglichkeit, als sich mit Windows 7 auseinanderzusetzen und auch vertrieblich darauf zu setzen", da ist sich Stefan Bichler, Leiter Business Development bei Infinigate ganz sicher. "XP ist mittlerweile acht Jahre alt und wird in Zukunft immer weniger von neuer Hardware unterstützt. Vista war aufgrund der vielen Probleme keine wirkliche Alternative."

Mehr auf die technischen Features des neuen Betriebssystem als Verkaufsargument zielen die Experten von Tech Data: "Windows 7 Professional ist ein gutes Fundament für kleinere Unternehmen. Das Betriebssystem umfasst viele aktuelle Technologien, ist schnell, stabil, einfach zu bedienen sowie mit Soft- und Hardware anderer Hersteller einsetzbar."

Das Gros des Neugeschäfts mit Windows 7 im Geschäftskundensegment sehen alle Distributoren in Migrationsprojekten von Windows XP. Hierbei ist eine Neuinstallation des Betriebssystems notwendig; das empfehlen auch die Experten von Microsoft. Zwar gibt es am Markt diverse Werkzeuge, die eine direkte Migration von XP auf Windows 7 ermöglichen, doch vor allem im Unternehmensumfeld raten die Distributoren dazu, das System bei XP-Kunden komplett neu aufzusetzen. Hintergrund dieser Empfehlung ist die Tatsache, dass Windows 7 technologisch auf dem XP-Nachfolger Vista aufsetzt.

Migration von XP auf Windows 7

Stefan Bichler, Leiter Business Development bei Infinigate: "Windows 7 mit Third-Party- Security-Produkten ergänzen"
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Das neue Betriebssystem geht wesentlich schonender mit den Hardwareressourcen (CPU, Arbeitsspeicher und Grafik) um als Vista. Der Leistungsbedarf von Windows 7 liegt etwa auf dem Niveau von XP. "Bei Rechnern, die älter als fünf Jahre sind, könnte es Probleme mit Komponenten geben", meint Peter Endres, Geschäftsführer beim Microsoft-Partner Cervis. Computer neueren Datums sollten seiner Ansicht nach ohne nennenswerte Hardwareprobleme auf die Heimkunden-Standardversion Windows 7 Home Premium zu migrieren sein. Oliver Kaltner, Microsoft-Vertriebschef für den Konsumentenbereich, glaubt, dass es allein in Deutschland 25 Millionen ältere PCs gibt, die auf Windows 7 aufrüstbar sind.

Allerdings empfehlen die Distributoren, jedes Projekt gründlich vorzubereiten. Es gilt, die Kompatibilität älterer Anwendungen zu Windows 7 zu prüfen. "Alle Applikationen, die nur in einer virtuellen Windows-XP-Umgebung (XP-Modus) laufen können, sollten zuvor einem Praxistest unterzogen werden. Dies gilt aber auch für Windows-7-kompatible Anwendungen, vor allem für Produktivsysteme", argumentiert Sybille-Angela Luecke von Also.

Darin, dass bei der Migration von XP auf Windows 7 die Neuinstallation nötig ist, sieht Stefan Bichler von Infinigate prinzipiell keinen Nachteil: "Da bekommt der Kunde ein neues und sauberes Endgerät. Nicht zu unterschätzen sind dabei aber der zeitliche Aufwand und der benötigte Storage-Bedarf, um die Daten während der Migration zwischenzuspeichern." Außerdem warnt Bichler vor den unter Windows 7 nicht lauffähigen Anwendungen: "Im Kompatibilitätsmodus (XP-Modus) geht die bessere Performance, die Windows 7 verspricht, oft schnell verloren."

Hilfe bei Lizenzproblemen

Tobias Nagel, Leiter der VAD-Business-Unit Software & Services bei Actebis Peacock: "Mit Service im Bereich der Upgrades kann der Fachhandel noch zusätzliche Marge erzielen."
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Die von Microsoft autorisierten Distributoren agieren dem Fachhandel gegenüber als Helfer in Sachen Lizenzpolitik. Denn das zum Kunden am besten passende Lizenzmodell zu finden kann sich, wie erwähnt, als sehr langwieriger Prozess herausstellen. Dafür gibt es beispielsweise bei Ingram Micro ein speziell geschultes License Solution Team. Unter dem Motto "Die glorreichen 7" hat der Broadliner ein Gewinnspiel veranstaltet und dabei die teilnehmenden Reseller zu Neuerungen, Editionen und den Upgrade-Varianten des neuen Betriebssystems informiert. Im Volumenlizenzbereich lockt Ingram Micro mit bis zu 35 Prozent Preisnachlass.

Tech Datas durch Microsoft zertifiziertes Vertriebsteam berät Wiederverkäufer zu Lizenzierungsfragen telefonisch, aber auch vor Ort deutschlandweit in kostenlosen Windows-7-Verkaufstrainings. Selbstredend unterstützt auch Also Vertriebspartner bei der Wahl des richtigen Lizenzmodells. Dabei sind die Straubinger auf Miet- und Ratenkauf spezialisiert; diese Lizenzmodelle bieten nach Meinung des Fokus-Distributors interessante Vorteile für Geschäftskunden. "Leider beschäftigen sich noch zu wenige Fachhändler mit dieser Thematik, deshalb bieten wir ab Januar 2010 hierzu umfangreiche Workshops an", argumentiert Alsos Softwarebeauftragte Luecke.

Als von Microsoft autorisierter Distributor berät auch Actebis Peacock Reseller in Sachen Lizenzen. Ein speziell dafür geschultes Team informiert Fachhändler über das Modell Volumenlizenzen, denn nur über diesen Vertriebskanal ist die Enterprise-Version von Windows 7 beziehbar. Noch bis Ende Februar 2010 profitieren bei Actebis Peacock bestellende Reseller von 35 Prozent Rabatt auf den HEK. Technische Produktschulungen und Lizenzierungstrainings runden das Angebot der Westfalen ab. Infinigates Professional-Service-Team beliefert Fachhändler mit Lizenzierungsinformationen, hinzu kommen Pre-Sales-Beratung sowie Hilfestellung bei Migrationsproblemen.

Geschäft mit Zusatzprodukten

Mit Windows 7 lassen sich weitere Hard- und Softwareprodukte anbieten, da sind sich alle Distributoren sicher. "NAS-Systeme oder externe Festplatten, aber auch Netzwerkkomponenten, Streaming-Clients und Peripherieprodukte werden benötigt", meint etwa Andreas Dudda von Devil.

Sybille-Angela Luecke, Leiterin der Softwaredivision bei Also: "Im Geschäftskundenbereich herrscht noch eine deutliche Zurückhaltung."
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"Windows Server 2008 R2 ist die ideale Ergänzung zum neuen Desktop Betriebssystem", prognostizieren die Experten von Tech Data. "Damit lassen sich Virtualisierungslösungen leichter realisieren und über System-Center-Technologien zentral verwalten." Für ein besseres Zusammenspiel zwischen den Windows-7-Clients und dem neuen Server plädiert Stefan Bichler von Infinigate: "Optimal läuft Windows 7 mit einer Windows-2008-Active-Directory-Infrastruktur - dies sollten Reseller bei ihrer Planung berücksichtigen."

Mehr Geschäft mit mobilen Anwendern hat Tobias Nagel von Actebis Peacock im Fokus: "XP-Netbook-Nutzern sollten die Fachhändler Windows-7-Updates anbieten." Hier vertritt auch Microsoft-Geschäftsführer Achim Berg eine klare Meinung: "Ein Netbook mit Windows XP on board wird sich ab sofort nicht mehr verkaufen lassen." Nagel empfiehlt, Netbook-Kunden gleich auch noch externe Festplatten anzubieten - als zusätzliche Speicher für Musik- und Filmdateien oder für ihre Fotoalben. Auch NAS-Server können dem Endkunden als professionelle Alternative zur externen Festplatte angeboten werden, da dann die Daten im Office gesichert werden", so Nagel gegenüber ChannelPartner.

Tech Data schlägt eine Bresche für Unified Communications. Hier hat der Broadliner das Videokonferenzwerkzeug "Round Table" und Webcams für die Windows-7-Clients im Sinn. Diese sind demnach jetzt kostengünstig zu haben und einfach zu implementieren. Klaus Donath von Ingram Micro setzt auf Zusatzgeschäft mit Monitoren: "Mit Windows 7 ist paralleles Arbeiten mit zwei Fenstern ganz bequem möglich." Seiner Meinung nach könnten Reseller Kunden überreden, neue Notebooks oder neue Security-Software zu erwerben. "Da die Produkte aller Third-Party-Hersteller von Microsoft auf Windows 7 optimiert werden, ergeben sich auch hier zahlreiche Abverkaufsmöglichkeiten." (rw)

Meinung des Redakteurs

Windows 7 verspricht, der große Umsatzbringer 2010 zu werden, Microsoft-Partner werden viele Migrationsprojekte durchführen. Das ist bei vielen in die Jahre gekommenen XP-Rechnern auch dringend notwendig.