T-Systems

Warum COO Ulrich Kemp das Handtuch warf

15.01.2008
T-Systems-Chef Ulrich Kemp hatte für seinen Abschied gute Gründe: Zum Beispiel soll er den geplanten internen Umbau der Kundenbetreuung nicht unterstützt haben. Offenbar will T-Systems ...

T-Systems-Chef Ulrich Kemp hatte für seinen Abschied gute Gründe: Zum Beispiel soll er den geplanten internen Umbau der Kundenbetreuung nicht unterstützt haben. Offenbar will T-Systems mehr Personal abbauen als ursprünglich geplant.

Die Demission von Ulrich Kemp war zumindest bei T-Systems intern keine Überraschung. Der ehemalige Chief Operating Officer (COO) und Chef der Mittelstandsorganisation Business Services (BS) hatte sich den Informationen hochrangiger interner Quellen zufolge bereits vor Amtsantritt des neuen CEOs Reinhard Clemens am 1. Dezember zum Rücktritt entschlossen. "Clemens hat ihn nicht rausgeworfen", heißt es. Genervt von ständigen Widerständen im Konzernvorstand und den Problemen mit nächsten Kollegen im BS-Management, habe er aufgesteckt. Außerdem soll ihm ein bevorstehender Umbau der Kundenbetreuung bei T-Systems3 nicht gepasst haben.

Für viele Ärger hat die konzerninterne Leistungsverrechnung gesorgt. Die von Kemp geleitete Mittelstandsorganisation bezieht TK-Service von der Schwestergesellschaft T-Com zu einem Preis, "der nichts mit dem marktüblichen Niveau zu tun hat", berichtet ein Insider. BS habe diese Dienste für die Kunden veredelt und viel zu teuer anbieten müssen. So habe Kemp aufgrund mäßiger Finanzzahlen ständig in der Diskussion gestanden. Seine Vorschläge, die interne Leistungsverrechnung zu verändern, seien stets abgelehnt worden.

Zudem hatte sich das IT-Geschäft der Mittelstandsorganisation nicht in dem erhofften Maß entwickelt. Der Bereich erzielte zwar überdurchschnittliche Wachstumsraten, doch die Umsätze reichten nicht aus, um die Einbrüche im TK-Geschäft mit Business-Kunden zu kompensieren. Die Erwartungen, die der Konzern an das IT-Servicegeschäft knüpfte, erfüllte Kemp nicht, heißt es weiter aus Unternehmenskreisen. Die Ergebnisse hätten die Planzahlen nicht erreicht.

Gescheitert ist Kemp offenbar auch daran, die Organisation stärker auf Kundenorientierung zu trimmen. Während im für Großkunden zuständigen Geschäftsbereich Enterprise Services (ES) überwiegend IT-Spezialisten arbeiten, die im Zuge der Gedas- und Debis-Übernahme sowie diverser Outsourcing-Deals in den Telekom-Konzern wechselten, rekrutieren sich die BS-Mitarbeiter vor allem aus Telekom-Beschäftigten. Der Bereich sei nicht unbedingt für seine Schnelligkeit in der Entscheidungsfindung und in den Abläufen bekannt, heißt es.

Konkreter Anlass für Kemps Abschied dürfte aber der geplante interne Umbau der Kundenbetreuung gewesen sein. Der BS-Bereich richtet sich zwar überwiegend an kleine und mittlere Unternehmen, doch gibt es innerhalb der Mittelstandsorganisation auch eine Großkundensparte "Large Enterprise". Sie soll künftig vom Geschäftsbereich ES unterstützt werden. Die Diskussion ist nicht neu, da die bisherige Segmentierung anerkanntermaßen als willkürlich galt, doch für Kemp wäre die neue Kundensegmentierung mit einem Machtverlust einhergegangen.

Auf die Mitarbeiter kommen nun den Informationen zufolge neue Lasten zu. In der Mittelstandsorganisation stehen 800 Stellen zur Disposition. Der Arbeitsplatzabbau wurde zum Teil im Rahmen früherer Maßnahmen bereits angekündigt. Rund 500 dieser geplanten Stellenstreichung sind jedoch neu. Das Management strebt offenbar eine sozialverträgliche Lösung an. Möglicherweise müssen Mitarbeiter im Vertrieb und Betrieb ihre Wochenarbeitszeit bei entsprechendem Einkommensverlust reduzieren. Der mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ausgehandelte "Tarifvertrag Rationalisierungsschutz" (TV Ratio) sieht eine solche Maßnahme vor. Die genaue Ausgestaltung wird derzeit verhandelt.

T-Systems kommentierte die Gründe für die Demission von Kemp nicht. Bestätigt wurde lediglich, dass es Überlegungen gebe, die Kundenorientierung zu verbessern. Dazu wolle man in die Struktur von Vertrieb und Technik eingreifen. So gebe es beispielsweise Gedankenspiele, den derzeit getrennten IT- und TK-Fabriken zusammenzulegen. Der Betrieb der IT-Rechenzentren obliegt derzeit Enterprise Service. Die Mittelstandsorganisation Business Services verantwortet die TK-Produktion.

Arbeitsplätze würden lediglich in dem vor drei Jahren angekündigten Rahmen abgebaut, heißt es offiziell. Damals hatte T-Systems angekündigt, insgesamt 5.500 Stellen zu streichen. Erste vom neuen T-Systems-Chef Clemens angestrebte Maßnahme werde man Ende Januar veröffentlichen. Zu der Anfang März startenden CeBIT soll das künftige Programm von Clemens stehen. Dass es zu Änderungen in der T-Systems-Strategie kommen wir, ist offenbar ausgemacht. Seine Pläne wird Clemens mit einem neuen Management verfolgen müssen. Neben Kemp haben in den vergangenen Monaten Axel Knobe (Chef von ES), Hans-Jürgen Schwerhoff (verantwortlich für den Automotive-Sektor) sowie CEO Lothar Pauly das Unternehmen verlassen. Mit Joachim Langmack, künftig Leiter des Großkundensegments, hat sich Clemens bereits einen Vertrauten aus EDS-Zeiten an Bord geholt. (Computerwoche;jha/ wl)