Gerade noch war Windows 7 in aller Munde, da kündigt Microsoft schon den Nachfolger an: Windows 8 soll im zweiten Halbjahr 2012 die Vorgängersysteme ersetzen und damit bestehende Client-Landschaften mobil, anwenderorientierter und leistungsfähiger machen. Keine Frage, in Sachen Performance, Sicherheit und Verwaltbarkeit ist die Beta-Version von Windows 8 dem Vorgänger Windows 7 bereits überlegen. Trotzdem sollten IT-Verantwortliche genau prüfen, ob die brandneue Touch-Oberfläche, die im Endkundenmarkt trendy ist, für ihr Unternehmen tatsächlich schon den gewünschten Mehrwert bietet.
Unternehmen, die von Windows 7 auf Windows 8 umsteigen wollen, müssen sich zumindest nicht vor bösen Überraschungen fürchten. Tests der Vorabversion haben die Funktionalität, Stabilität und Zuverlässigkeit im Unternehmensumfeld bewiesen. Das war nach den Erfahrungen mit Windows 7 kaum anders zu erwarten. Mittlerweile verhindern optimierte Entwicklungsprozesse bei Microsoft weitgehend instabile Systeme oder Hardware-Inkompatibilitäten.
Bis zum Starttermin mit noch unbekanntem Datum entwickeln die Windows 8-Spezialisten vorwiegend auf Funktionsebene weiter. Interessant ist allerdings die Frage, inwieweit die radikal neue Touch-Oberfläche Metro in Unternehmen heute sinnvoll genutzt werden kann. Während die Touch-Screens von Apple und Google sich ähneln, fährt Microsoft mit der Metro-Oberfläche einen bemerkenswert eigenständigen und neuen Ansatz, der nur Anwendern von Smartphones unter Windows Phone 7 bereits bekannt sein dürfte. Die Oberfläche ist für die Mehrheit der User neu, so dass hier Anwendertrainings zum neuen Bedienkonzept unverzichtbar sind.
Immerhin müssen die Mitarbeiter im Arbeitsalltag mit Touchscreen, Maus oder Tastatur jonglieren. Unternehmen sollten daher den Schulungsaufwand berücksichtigen, den Windows 8 zunächst erfordert. Mit der berührungsempfindlichen Navigation stützt Microsoft den unaufhaltsamen Trend der ‚Consumerization der IT’. In Verbindung mit modernen Arbeitsgeräten, die verstärkt auf den Markt drängen und in vielen Fällen derzeit in der Entwicklung sind, bietet Windows 8 Unternehmen die Chance, endlich eine mobile Arbeitsumgebung der Zukunft zu gestalten.
Windows-8-Umstieg: Anwender anhören ist Pflicht
Die starke Konsumentenorientierung wälzt traditionelle Client-Landschaften augenblicklich regelrecht um. In der Vergangenheit hatten IT-Verantwortliche die alleinige Entscheidungshoheit über die Ausstattung der Clients. Windows 8 sorgt erstmals für mehr Mitbestimmung: Als klar Endanwender-orientiertes Produkt fordert es die konsequente Einbindung der Fachabteilungen für die Gestaltung von Arbeitsplätzen. Vor der Einführung lautet daher die dringende Empfehlung, die Bedürfnisse der Anwender zu untersuchen und zu verstehen. Wer hier kein offenes Ohr zeigt, muss sich darauf einrichten, dass User auch ohne Autorisierung ihre eigenen Geräte, Anwendungen und Internetdienste nutzen und sich so nach und nach die gefürchtete Schatten-IT mit einem Wildwuchs an privaten Geräten und Übertretungen von Sicherheitsrichtlinien etabliert.
Besonders Wissensarbeiter und Ingenieure, die viel unterwegs sind, können von den Möglichkeiten profitieren, die Windows 8 bietet. Sie können etwa auf Reisen Daten von ihren Unternehmens-Desktops auf modernen Geräten wie Tablets und Smartphones weiter bearbeiten, arbeitszeit- und ortsunabhängig kommunizieren und sich überall Informationen beschaffen. Auch das reisende Management, das von unterwegs E-Mails versendet und Präsentationen den letzten Schliff gibt, ist mit Windows 8 gut bedient. Mit der passenden Hardware könnte die Zahl der Anwender, die mobile Arbeitsmodelle nutzen, nochmals sprunghaft ansteigen. Wie gut die Konvergenz zwischen Desktop-Computern und mobilen Geräten gelingt, hängt dann von der Entwicklungsgeschwindigkeit der sogenannten Convertibles ab, die die Nutzungsmöglichkeiten von Tablets und PCs kombinieren.
Unternehmen, die heute in Tablet-Infrastrukturen investieren wollen, interessieren sich vordergründig für die passende Hardware, die die Möglichkeiten von Windows 8 in einem Gerät abbildet. Apples iPad oder künftige Android-Tablets mögen die Endkunden reihenweise begeistern, im Geschäftsumfeld fehlt allerdings oft schlicht das Vertrauen aufgrund der mangelnden Erfahrung mit Apple oder Google als strategischem Business-Partner.
In vielen großen Unternehmen genießt Microsoft einen guten Ruf als etablierter Hersteller: Mit den Windows-Server-Angeboten bedient der Hersteller Profithemen. Die Server-Version von Windows 8, Windows Server 2012, erledigt im Hintergrund künftig das wenig aufsehenerregende Grundrauschen des täglichen IT-Betriebs: Dazu gehören Datei- und Druckdienste, Verzeichnisdienste für die Benutzerverwaltung, die Integration von Collaboration-Systemen wie SharePoint, das Überwachen von Lizenzen, die Verteilung von Software- und Sicherheits-Updates und vieles mehr.
Das richtige Timing für die Windows-8-Migration
Für die Umstellung auf Windows 8 gibt es keine pauschale Empfehlung; unabdingbar aber ist in jedem Fall ein kluges Zeitmanagement. Haben Unternehmen noch keine konkreten Pläne für den Umstieg auf Windows 7 oder liegt die Rollout-Phase für laufende Migrationsprojekte klar in der Zeit, in der Windows 8 bereits verfügbar sein wird, kann das Überspringen einer Version durchaus sinnvoll sein. Allerdings stellt sich die Frage der Aktualisierung von Version 7 nach 8 nur für etwa die Hälfte aller großen Organisationen: Die andere Hälfte betreibt heute noch immer Windows XP oder Vista. Für diese Zielgruppe ist ein zeitnaher Umstieg auf eine der neueren Versionen zwingend, da der XP-Support 2014 ausläuft und auch Vista nicht mehr allzu lange unterstützt wird.
Wie bei jedem Betriebssystemwechsel stellen die Applikationen für Unternehmen die größte organisatorische, zeitliche und finanzielle Herausforderung dar. Die Frage nach der Lauffähigkeit von Anwendungen unter Windows 8 muss mittels Herstelleraussagen und Tests eindeutig nachgewiesen werden. Allerdings dürfte auf dem Weg von Windows 7 zu Windows 8 zumindest technisch gesehen nicht allzu viel schief gehen: Mehr als 90 Prozent aller Applikationen werden voraussichtlich mit Windows 8 kompatibel sein. Der organisatorische Aufwand, der durch die enge Abstimmung mit den Fachabteilungen und den Anwendungsverantwortlichen entsteht, bleibt trotzdem immens hoch.
Gibt es zu bestimmten Applikationen bereits Kompatibilitätsaussagen der Hersteller, sollten zunächst alle anderen wichtigen Programme auf ihr Zusammenspiel mit Windows 8 geprüft werden. Helfen können dabei standardisierte Methoden und Werkzeuge für die Automatisierung der Tests. Die zweite große Aufgabe für Unternehmen ist die fundierte Analyse des Anwenderbedarfs: Wie arbeiten die Kollegen, und welche Ausstattung macht sie unterwegs und im Büro am produktivsten?
Nur die wenigsten Organisationen stellen aktuell solche Fragen, oft stehen die technischen Features des Betriebssystems im Vordergrund. Aber eine flexible Arbeitsumgebung besteht nun einmal nicht nur aus den Einzelelementen Hardware, Betriebssystem und Applikationen. Für den Arbeitsplatz der Zukunft ist vielmehr deren perfektes Zusammenspiel von Bedeutung. Nutzer müssen trotz geografischer Entfernung gleichzeitig und unabhängig voneinander auf Anwendungen zugreifen und virtuell zusammenarbeiten können. Nur so entsteht eine Umgebung, in der Mitarbeiter zeit- und kostensparend agieren können.
Security-Konzepte in Windows 7 und Windows 8
Zwischen den Sicherheitskonzepten von Windows 7 und seinem Nachfolger gibt es keine grundlegenden Unterschiede. Beide Versionen verfügen über ein ganzes Arsenal an Schutzfunktionen. Es gilt allerdings, die Vielzahl an Security-Maßnahmen in der Praxis auch umzusetzen. In der Vergangenheit wurden diese allzu häufig umgangen. Konkret bedeutet das: Funktionen wie die Steuerung der Benutzerkonten oder die Festplattenverschlüsselung müssen genutzt werden. Neu ist beispielsweise der integrierte Virenschutz in Windows 8. Doch was Privatanwender freut, ist im Unternehmensumfeld weniger von Bedeutung. Denn die meisten Firmen unterhalten ohnehin zentrale Verträge mit Anbietern von Virenschutzprogrammen, mit denen neben Windows-Clients auch andere Systeme geschützt werden. Bei Bedarf kann der Windows 8-Schutz gegen Viren natürlich flankierend zu schon bestehenden Lösungen eingesetzt werden.
Windows 8: Tor zur mobilen Welt für Unternehmen?
Laut Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) arbeiten derzeit rund 40 Prozent aller Nutzer als sogenannte Wissensarbeiter. Diese Pioniere moderner Arbeitsszenarien drängen die IT-Hersteller dazu, geeignete Systeme wie Windows 8-fähige mobile Hardware zu entwickeln. Besonderes Interesse werden dabei konvertible Geräte wecken, die sich sowohl über den Bildschirm als auch via Maus und Tastatur ansteuern lassen. Die Hersteller konzentrieren sich gegenwärtig auf Features wie geringes Gewicht, Größe und lange Batterielaufzeiten für diese Hybriden. Am Ende könnten diese Geräte ganz neuen Nutzungsszenarien den Weg ebnen.
Schon heute gibt es einen Vielzahl von Smart Devices, die Anwender in jeder Sekunde des Tagesablaufs begleiten, sie bei der Arbeit unterstützen oder Informationen auf Knopfdruck liefern. Mit Windows 8 positioniert sich auch Microsoft in dieser neuen mobilen Welt der Endgeräte und Nutzungsszenarien. Windows 8 kann theoretisch jedes IT-Gerät im Unternehmen steuern, vom Telefon, über den Desktop bis hin zum Server. Auf diese Weise ließe sich die Idee einer einheitlichen Plattform für ganz unterschiedliche digitale Systeme realisieren. Auf lange Sicht könnte so das klassische IT-Konzept unternehmensweit eingesetzter Standard-Clients und Endgeräte verschwinden. (wh)