Alternative für Existenzgründer

Wann lohnt die Unternehmergesellschaft?

08.03.2011
Welche Vorteile sich bieten und welche Nachteile beachtet werden sollten, sagt Volker Loesenbeck.

Die Unternehmergesellschaft hat sich als alternative Rechtsform für Existenzgründer etabliert. Welche Vorteile bieten sich und welche Nachteile sollten Gründer nicht außer Acht lassen?

Das Kürzel "UG (haftungsbeschränkt)" findet sich auf immer mehr Geschäftspapieren wieder. Zum Jahreswechsel verzeichnet das Elektronische Handelsregister 44.271 Firmen in der Rechtsform der Unternehmergesellschaft (UG). In 2010 wurden rund 20.000 neue Firmen gegründet: Damit fiel bei rund fünf Prozent aller Unternehmensgründungen die Wahl auf die UG.

Die Unternehmergesellschaft wurde am 1. November 2008 im Rahmen der Reform des GmbH-Rechtes eingeführt. Neben GmbH und Einzelkaufmann ist sie eine typische Rechtsform für Existenzgründer. Die UG soll ihnen eine Alternative zur mittlerweile in Deutschland in Verruf geratenen Limited bieten.

Auf den ersten Blick ist die UG der Traum eines jeden Existenzgründers: Unkomplizierte Gründung, nur ein Euro Startkapital und obendrein haftungsbeschränkt. Doch die "Mini-GmbH", wie die Unterform der GmbH auch genannt wird, hat auch Kehrseiten. Nicht alle Existenzgründer sind sich darüber im Klaren. In den Entscheidungsprozess sollten alle Vor- und Nachteile einbezogen werden.

Attraktive Startbedingungen

Die UG wartet mit einigen Vorteilen auf. Der wohl wichtigste: Jungunternehmer können bereits mit minimalem Stammkapital eine Kapitalgesellschaft gründen. Während für eine GmbH-Gründung mindestens 12.500 Euro bei der Gründung in bar erbracht werden müssen, kann eine UG schon mit einem Euro ins Leben gerufen werden. Nach Berechnungen von Creditreform beträgt der Kapitaleinsatz durchschnittlich 1.250 Euro, allerdings verfügen 52,3 Prozent der Gesellschaften nur über maximal 500 Euro Stammkapital. Anders als beim Einzelunternehmen werden privates und betriebliches Vermögen rechtlich voneinander getrennt. UG-Gesellschafter haften grundsätzlich nicht, nachdem sie ihre Einlage geleistet haben. Verletzt allerdings der Geschäftsführer, der häufig auch der einzige Gesellschafter der UG ist, seine Sorgfaltspflichten, haftet er unter Umständen mit seinem Privatvermögen.

Gründungsvorgang

Der Gründungsvorgang selbst ist schnell und vergleichsweise kostengünstig. Als Vertragsgrundlage kann ein standardisiertes Musterprotokoll herangezogen werden, wahlweise für einen oder mehrere Gesellschafter. Das Protokoll umfasst maximal drei Seiten und dient als Gesellschaftervertrag, Gesellschafterliste und Bestellung des Geschäftsführers in einem. Wer auf das Musterprotokoll zurückgreift, spart bei Handelsregistereintragung und Notar. Durch die Standardisierung stellen die zuständigen Stellen geringere Gebührensätze in Rechnung. Zudem ist das Unternehmen oft schon binnen Wochenfrist im Handelsregister eingetragen.

Viele schätzen die UG noch aus einem weiteren Grund: Je nach finanzieller Lage wird jährlich weiteres Eigenkapital angespart. Ein Viertel des Jahresgewinns muss als Rücklage in der UG einbehalten werden. So wird die "Mini-GmbH" im Laufe der Zeit einer "Voll-GmbH" immer ähnlicher. Beträgt die Rücklage 25.000 Euro, kann die UG zur GmbH umgewandelt werden. Über 1.000 Unternehmergesellschaften haben bereits die Hürde von 25.000 Euro genommen und sind eine "vollwertige" GmbH geworden, so eine Untersuchung der Universität Jena.

Handicaps im Blick

Wer von den Vorteilen der UG profitieren möchte, muss sich gleichzeitig auf besondere Anforderungen einstellen. Gerade in steuerlicher Hinsicht kommen auf Gründer einige Auflagen zu, da die UG als Kapitalgesellschaft gilt. Diese sind immer zur doppelten Buchführung verpflichtet und müssen eine Bilanz erstellen. Zudem sind von Anfang an die Bestimmungen des Körperschaft- und Gewerbesteuergesetzes zu befolgen. Gewinnausschüttungen an Gesellschafter unterliegen der Abgeltungsteuer oder dem Teileinkünfteverfahren. Wer sich nicht vorinformiert und fachlich beraten lässt, ist schnell überfordert. Welche steuerlichen Rahmenbedingungen bei der UG besonders zu beachten sind, zeigt der Infokasten.

Risiken durch geringes Startkapital

Für viele Gründer birgt vor allem das geringe Startkapital Risiken. Kreditinstitute reagieren skeptisch auf Unternehmergesellschaften und ziehen deren Kreditwürdigkeit in Zweifel. Konsequenz: Die Unternehmen haben ohne die Stellung weiterer persönlicher Sicherheiten nur eingeschränkt Zugang zu Kreditmitteln. Obendrein sind Unternehmergesellschaften häufig auch bei den Konditionen schlechter gestellt. Die Finanzierung erfordert viel Weitblick, schließlich sind die UG und ihre Gesellschafter bei Liquiditätsengpässen weitgehend auf sich gestellt.

Aufgrund ihres geringen Stammkapitals ist die UG vergleichsweise insolvenzanfällig. Laut einer Erhebung von Creditreform ist die Insolvenzquote bei der Unternehmergesellschaft vier- bis fünfmal höher als bei der GmbH. Eine UG kann sogar schon bei ihrer Gründung scheitern. Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft den Gründungsaufwand trägt und die Kosten das aufgebrachte Stammkapital übersteigen. Bei Insolvenzverschleppung und unerlaubten Zahlungen kann der Geschäftsführer persönlich zur Haftung herangezogen werden.

Auch die partielle Gewinnthesaurierung bringt Einschränkungen mit sich. Die UG darf nur maximal drei Viertel ihres Gewinns ausschütten. Unrechtmäßig ausgeschüttete Gewinne sind an die UG zu erstatten. Der Geschäftsführer kann in diesem Fall auch persönlich haften.

Der Gründungsvorgang ist mitunter unflexibler als gedacht. Bei der Gründung sind Sacheinlagen ausgeschlossen. Die UG kann ausschließlich mit Barmitteln errichtet werden. Das Musterprotokoll erweist sich in vielen Fällen als nicht praktikabel, etwa wenn mehrere Gesellschafter oder Geschäftsführer vorgesehen sind. Nicht selten muss eine Individualgründung erfolgen, die mit höherem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Und: Für jede Satzungsänderung ist der Gang zum Notar Pflicht.

Entscheidung genau abwägen

Wann kommt die Rechtsform der UG in Betracht? Die Entscheidung ist nicht allein von rechtlichen Überlegungen abhängig. Es sind betriebswirtschaftliche, steuerrechtliche und strategische Aspekte zu berücksichtigen. Häufig tendieren Jungunternehmer zur UG, wenn sie von einem niedrigen Kapitalbedarf ausgehen oder diesen aus eigenen Mitteln bestreiten wollen. Deshalb ist die Rechtsform in der Dienstleistungsbranche am weitesten verbreitet. Vor allem Kleinunternehmer sehen in der UG eine interessante Option.

Die Handicaps einer UG erfordern ein besonderes Augenmerk. Inwieweit sie tatsächlich ein Hindernis darstellen, ist individuell zu prüfen. Entscheidend ist eine langfristige Finanz- und Unternehmensplanung, die auch unternehmerische Rückschläge einbezieht. Auch das Standing in der öffentlichen Wahrnehmung sollte nicht vernachlässigt werden: Der Misserfolg der Limited auf dem deutschen Markt hängt vor allem mit der fehlenden Akzeptanz bei den Kunden zusammen. Eine sorgfältig finanzierte, in Deutschland weitgehend anerkannte "vollwertige" GmbH ist je nach Branche und Kundenkreis deshalb vorzuziehen. Im Übrigen zwingt die Existenzgründung auch zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Gründungsvorhaben. Der geringe Kapitalbedarf der UG führt dazu, dass dieser Umstand häufig verkannt wird. Gerade bei den personenbezogenen Dienstleistungen kann die UG wegen des geringen Kapitalbedarfs aber eine vernünftige Alternative sein.

Veränderungen in der unternehmerischen Entwicklung können die Frage nach der richtigen Rechtsform neu aufwerfen. Grundsätzlich bietet die UG die nötige Flexibilität: Auch eine Umwandlung oder die Verschmelzung mit anderen Rechtsträgern ist möglich.

Der Bedarf an unkomplizierten und unbürokratischen Rechtsformen ist groß. Alternativ zur UG kommen die GmbH oder das Einzelunternehmen in Betracht. Das Einzelunternehmen bringt geringere Auflagen und steuerliche Pflichten, allerdings auch volle persönliche Haftung mit sich. So kann der Existenzgründer die Strukturen überschaubar halten, leichter an Finanzmittel kommen und sich ganz auf seinen Geschäftsbetrieb konzentrieren. Auf europäischer Ebene laufen Bestrebungen, die sogenannte Europäische Privatgesellschaft (EPG) einzuführen. Noch ist unklar, wann und zu welchen Bedingungen die EPG als Alternative in Betracht kommt. Die "Europa-GmbH", wie die EPG auch genannt wird, soll voraussichtlich viele Parallelen zur UG aufweisen. Als einheitliche europäische Rechtsform soll die EPG länderübergreifende Aktivitäten für kleine und mittelständische Unternehmen erleichtern.

Steuerliche Rahmenbedingungen im Blick

Für die Unternehmergesellschaft (UG) gelten grundsätzlich die gleichen steuerlichen Bestimmungen wie für andere Kapitalgesellschaften. Daneben gibt es einige Sonderregelungen. Was Gründer besonders beachten sollten und welche Gestaltungsoptionen bestehen.

- Buchführung: Eine Einnahmen-Überschussrechnung wie beim Einzelunternehmen ist bei der UG nicht ausreichend. Sie muss alle Auflagen des Handelsgesetzbuchs erfüllen. Dazu zählen eine kaufmännische Buchführung, Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz sowie die Veröffentlichung des Jahresabschlusses.

- Geschäftsführervergütung: Der UG-Geschäftsführer ist Angestellter seines eigenen Unternehmens. Als Mehrheitsgesellschafter kann er über Gehalt, Betriebsrente und andere Vergütungen selbst bestimmen. Dies ruft schnell das Finanzamt auf den Plan. Denn: Steuerlich ergeben sich große Unterschiede, ob Gewinne als Lohn oder Gehaltsextra an den angestellten (Gesellschafter-)Geschäftsführer oder als Gewinnausschüttung fließen. Eine vorausschauende Gestaltung ist daher Pflicht.

- Verlustverrechnung: Rote Zahlen sind gerade in den Anfangsjahren keine Seltenheit. Während Einzelunternehmer Verluste aus dem ersten Geschäftsjahr rückwirkend mit positiven Einkünften etwa aus einem Angestelltenverhältnis verrechnen können, ist dies bei der UG nicht möglich. Erlaubt ist eine Verlustverrechnung nur innerhalb der UG, nicht mit anderen Einkunftsarten. Die UG muss dafür aber zunächst einen Gewinn erzielen oder die Verluste in die Zukunft vortragen.

- Rücklagenbildung: Die UG muss eine Gewinnthesaurierung durchführen. Ein Viertel des Jahresüberschusses ist in eine Rücklage einzustellen. Der Betrag darf nur zur Erhöhung des Stammkapitals und zum Ausgleich von Verlusten eingesetzt werden. Es bieten sich jedoch Chancen: Die Regelungen veranlassen den Unternehmer zu Investitionen in seinen Betrieb und zwingen ihn zu einer restriktiven Ausschüttungspolitik: Das Geld arbeitet im Unternehmen. (oe)

Der Autor Volker Loesenbeck ist Steuerberater bei der DHPG Euskirchen (www.dhpg.de).

Tätigkeitsschwerpunkte:

Jahresabschlusserstellung und Jahresabschlussprüfung mittelständischer Personen- und Kapitalgesellschaften. Beratungstätigkeit für Existenzgründer, Vortragstätigkeit für Existenzgründer bei der IHK, der Handwerkskammer sowie dem Kreis Euskirchen zu rechnungslegungs- und steuerbezogenen Themen für Einzelunternehmer und (Gründungs-)Geschäftsführer