Wirksamkeit setzt Fristeinhaltung voraus

Wann eine Kündigung als zugestellt gilt

29.12.2011
Zugang einer Kündigung durch Übergabe an Ehegatten außerhalb der Wohnung. Von Dr. Christian Salzbrunn

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wird als sogenannte einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung erst dann wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer zugeht, § 130 BGB. In der Praxis werden im Rahmen der Zustellung jedoch oft Fehler gemacht, zum Teil mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Denn wenn eine Kündigung z. B. erst am letzten Tag des Monatsendes auf den Weg gebracht wird und sie den Empfänger nicht vor Ablauf des Monatswechsels erreicht, ist die ursprünglich vorgesehene Kündigungsfrist nicht eingehalten. Dann kann zwar im Regelfalle im nächsten Monat eine neue Kündigung des Arbeitsvertrages ausgesprochen werden, das Arbeitsverhältnis endet dann einen Monat später.

Ärgerlich sind solche Fallgestaltungen aber vor allem dann, wenn z. B. vertraglich eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende oder sogar von einem halben Jahr zum Jahresende vereinbart worden ist. Versäumnisse bei der einwandfreien Zustellung einer Kündigungserklärung können dann auf Arbeitgeberseite schnell einen Quartalslohn oder schlimmstenfalls einen Jahreslohn kosten.

Daher haben sich die deutschen Arbeitsgerichte auch immer wieder mit der Problematik der Kündigungszustellung zu befassen. In einer neuen Entscheidung des BAG vom 09.06.2011 zu diesem Thema mussten die Erfurter Richter über die Rechtsfrage befinden, ob auch der Ehegatte des zu kündigenden Arbeitnehmers als so genannter Empfangsbote fungieren kann, wenn er die Kündigung außerhalb der gemeinsamen Ehewohnung übergeben bekommt.

In dem zu beurteilenden Sachverhalt ging es um eine Assistentin der Geschäftsleitung, die seit dem 03.02.2003 in dem beklagten Unternehmen beschäftigt war. Aufgrund der Größe des Unternehmens fand das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Am 31.01.2008 verließ die Arbeitnehmerin nach einem Streit einfach ihren Arbeitsplatz, und der Arbeitgeber entschied sich dazu, das Arbeitsverhältnis noch am gleichen Tag mit der entsprechenden Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende, mithin zum 29.02.2008 zu beenden.

Das Kündigungsschreiben übergab der Arbeitgeber einem Mitarbeiter, der noch am selben Tag den mit ihm befreundeten Ehemann der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitplatz in einem Bau- und Heimwerkermarkt aufsuchte und das Schriftstück übergab. Dieser reichte das Schreiben aber erst am darauffolgenden Tag, d. h. am 01.02.2008, an seine Ehefrau weiter, da er das Kündigungsschreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen gelassen hatte.

Die Parteien stritten im Folgenden vor den Arbeitsgerichten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis bereits zum 29.02.2008 oder erst zum 31.03.2008 beendet worden ist. Erstinstanzlich hatte die Arbeitnehmerin noch Erfolg, das LAG Köln und auch das BAG wiesen ihre Klage jedoch ab.

Machtbereich des Arbeitnehmers

Die Richter des BAG wiesen in ihrer Urteilsbegründung darauf hin, dass eine Kündigung unter Abwesenden erst dann zugeht, wenn sie verkehrsüblicherweise in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist, sodass dieser unter den gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hat, hiervon Kenntnis zu nehmen. Dabei sei es ebenso möglich, Kündigungsschreiben auch an solche Personen zu übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung zusammenleben und aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten als geeignet erscheinen, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten.

Vor allem Ehegatten seien als solche zulässigen Empfangsboten anzusehen. Die BAG-Richter sahen es des Weiteren auch nicht als hinderlich an, dass das Kündigungsschreiben dem Ehemann an dessen Arbeitsplatz und damit außerhalb der ehelichen Wohnung übergeben worden ist. Denn nach ihrer Ansicht sei allein entscheidend, dass unter den normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am gleichen Tag gerechnet werden konnte.

Insoweit wiesen die BAG-Richter auch noch das Argument der Klägerin zurück, wonach die Eigenschaft ihres Ehemanns als "externer Briefkasten" nicht mit dem grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie gem. Art. 6 GG zu vereinbaren sei, weil sich ihr Verheiratetsein als ein erheblicher Nachteil gegenüber Nichtverheirateten oder Lebenspartnern herausstelle (denn dort gäbe es nach der Ansicht der Klägerin keine entsprechende Verkehrssitte). Hierbei betonten die Richter nämlich, dass sämtliche in der Wohnung des Kündigungsempfängers lebenden erwachsenen Haushaltsmitglieder als solche Empfangsboten fungieren könnten, d. h. also auch unverheiratete Lebenspartner. Nach alledem bestätigten die Richter die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits zum 29.02.2008 und nicht erst zum 31.03.2008 (BAG, Urteil vom 09.06.2011, Az.: 6 AZR 687/09).

Im vorliegenden Fall ist die Zustellung der Kündigung im sprichwörtlichen Sinne also noch einmal gut gegangen. Aber was wäre passiert, wenn der Ehemann die Annahme des Briefes verweigert hätte? Die BAG-Richter ließen in ihrer Urteilsbegründung durchblicken, dass dann nicht mehr von einem rechtswirksamen Zugang noch am 31.01.2008 hätte gesprochen werden können. Arbeitgeber sollten daher bei der Zustellung der Kündigung eines Arbeitsvertrages erhebliche Sorgfalt walten lassen:

Zeuge und Quittierung empfehlenswert

Erfolgt die Übergabe des Kündigungsschreibens gegenüber einem anwesenden Mitarbeiter, sollte bei der Übergabe ein zuverlässiger Zeuge anwesend sein, und es empfiehlt sich vor allem die Quittierung des Erhalts des Schreibens auf einer Kopie der Kündigungserklärung.

Schwieriger ist dagegen die Kündigung gegenüber einem abwesenden Mitarbeiter. Häufig bedienen sich Arbeitgeber zur Übersendung des Schreibens der Postzusteller, was aber gerade in den Fällen, in denen Kündigungsfristen zu beachten sind, sehr gefährlich werden kann. Eine Übersendung per normaler Briefpost oder auch per Einwurfeinschreiben hat den Makel, dass für die rechtzeitige Zustellung kein Beweis vorhanden ist und ein Arbeitnehmer hinterher immer behaupten kann, den Brief entweder gar nicht oder erst verspätet bekommen zu haben. Die Versendung per Übergabeeinschreiben oder per Einschreiben mit Rückschein hat den erheblichen Nachteil, dass in den Fällen, in denen der Empfänger von Seiten des Postboten zu Hause nicht angetroffen wird, lediglich im Briefkasten ein Benachrichtigungszettel hinterlegt wird. Das Kündigungsschreiben ist damit nicht in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Sofern der Empfänger das Schreiben nämlich gar nicht abholt, geht es nach dem Ablauf der Aufbewahrungsfrist zurück an den Absender. Die Kündigung ist damit nie zugegangen.

Der sicherste Weg für einen rechtswirksamen Zugang ist die Zustellung der Kündigung durch einen als Zeugen zu benennenden Boten des Arbeitgebers. Dabei sollte der Bote selbst das Original der unterschriebenen Kündigung einkuvertieren oder zumindest bei dem Vorgang anwesend sein, damit er sich von dem Inhalt des Umschlags überzeugen kann. Der Bote sollte dann das Schreiben in den Briefkasten des Arbeitnehmers einwerfen und hiervon ein ausführliches Protokoll anfertigen. Im Streitfalle kann dann das Protokoll vor Gericht vorgelegt werden und der Bote als Zeuge für die Zustellung benannt werden.

Allerdings sollte auch hierbei dringend darauf geachtet werden, dass der Einwurf in den Briefkasten zu einer Tageszeit vorgenommen wird, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs mit einer Entnahme durch den Adressaten noch gerechnet werden kann. Das bedeutet, dass die regelmäßigen Postzustellzeiten eingehalten werden sollten. Auch wenn heutzutage zahlreiche private Postdienstleister noch bis in den späten Nachmittag Zustellungen vornehmen, empfiehlt sich nach wie vor ein Einwurf bis in die späte Mittagszeit, d. h. bis ca. 14:00 Uhr, um sich nicht dem möglichen Einwand auszusetzen, dass mit einer Zustellung an diesem Tag nicht mehr gerechnet werden konnte und die Zustellung dann erst für den Folgetag gilt. (oe)
Der Autor Dr. Christian Salzbrunn arbeitet als Rechtsanwalt in Düsseldorf. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen das Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht sowie die Themen Insolvenz und Inkasso.
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