Der Marketplace ist ein von Amazon angebotener Dienst, in dessen Rahmen Amazon Händlern die Möglichkeit eröffnet, Waren an Endkunden zu verkaufen. Der Händler meldet gegenüber Amazon diejenigen Waren an, die er verkaufen möchte und wickelt im Fall einer Bestellung durch einen Kunden den Versand selbst ab. Für die Bereitstellung der Webseiten-Infrastruktur verlangt Amazon für jeden verkauften Artikel eine Provision von derzeit 15 %. Weiterhin kann Amazon aber auch Einfluss auf die Präsentation der zu verkaufenden Produkte nehmen, wobei dem Händler im Einzelfall wenig Spielraum verbleibt.
Inwieweit kann das problematisch sein?
In einem unlängst geführten Gerichtsverfahren vor dem OLG Hamm ging es darum, dass Amazon das Angebot des Händlers (es ging konkret um einen Sonnenschirm) mit einer Weiterempfehlungsfunktion versah, womit Käufer und Kaufinteressenten des Sonnenschirms diesen an Bekannte weiterempfehlen konnten und dieser Dritte ungefragt eine Werbe-Email erhielt. Solch eine Funktion verstößt gegen § 7 UWG und führte in dem vorliegenden Fall zu einer Abmahnung.
Die Abmahnung richtete sich allerdings nicht gegen Amazon (das die Funktion dem Angebot hinzufügt hatte), sondern gegen den Händler, zu dessen Artikel die Funktion hinzufügt wurde. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wurde die Frage erörtert, ob das Verhalten von Amazon dem Händler zugerechnet werden kann und ob dieser dafür verantwortlich gemacht werden kann.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Landgericht in erster Instanz lehnte eine Haftung des Händlers noch ab, wohingegen das OLG Hamm zu erkennen gab, dass diese Rechtsauffassung keinen Bestand haben kann und die Haftung des Händlers zu bejahen ist. Übereinstimmend mit entsprechenden Entscheidungen z.B. des OLG Köln vom 28.05.2014 stellte das OLG Hamm klar, dass der einzelne Händler - auch wenn er faktisch keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Beschreibung seines Artikels hat - für wettbewerbswidrige Beschreibungen, Artikeltexte und Funktionen wie die Weiterempfehlung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
Wie ist diese Entscheidung zu werten?
Zwar mutet es auf den ersten Blick seltsam an, wenn ein Händler für das Verhalten eines "Dritten" haften soll, jedoch relativiert sich diese Ansicht bei näherer Betrachtung. Zum einen setzt der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch weder ein Verschulden noch Kenntnis voraus, weswegen der Händler per se nicht dem Argument gehört werden kann, dass ihn für den Verstoße keine Schuld trifft. Der Händler bedient sich zum Verkauf der bekannten Plattform Amazon und hat deren Geschäftsbedingungen (die das entsprechende Änderungsrecht für die Auktionen beinhalten) akzeptiert. Dementsprechend muss sich der Händler auch die entsprechenden Änderungen durch Amazon zurechnen lassen.
Für den einzelnen Verkäufer bedeutet dies, dass dieser zwingend die von ihm auf Amazon eingestellten Artikel regelmäßig auf deren wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit hin überprüfen sollte, da eben auch durch Amazon vorgenommenen Änderungen am Text zu Lasten des Händlers gehen.
Kontakt und Infos: Manfred Wagner ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Wagner Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de