VMware hat für den Herbst 2011 die nächste Generation 5 seiner Virtualisierungsplattform "vSphere" samt flankierender Tools und neuem Lizenzmodell angekündigt.
von Thomas Cloer, COMPUTERWOCHE
Neben dem neuen Hypervisor gibt es neue Versionen der Sicherheitsplattform "vShield", des "vCenter Site Recovery Manager" (Disaster Recovery) sowie der übergreifenden, erst ein Dreivierteljahr alten Infrastruktur-Cloud-Plattform "vCloud Director" (Nachfolger des früheren "Lab Manager"). Für die ganze Suite hat sich VMware ein neues Lizenzmodell ausgedacht, das zwar auf jegliche Core-Beschränkungen verzichtet, aber für manche Anwender deutlich teurer werden könnte als bisher.
Den Hypervisor ESXi 5 hat VMware in Sachen Performance nochmals deutlich aufgebohrt. Eine Gast-VM kann nun bis zu 32 virtuelle CPUs (beziehungsweise Cores oder, bei aktivierten Hyperthreading, Threads) nutzen, bis zu 1 Terabyte virtuellen Arbeitsspeicher ansprechen, eine virtuelle Netzbandbreite von bis zu 36 Gigabit pro Sekunde nutzen und auf eine virtuelle Platte mit bis zu einer Million IOPs zugreifen. Festplatten dürfen nun auch größer als 2 TB sein, und ein einziger Host kann bis zu 512 Virtuelle Maschinen beherbergen.
Schon seit ESX Server und ESXi 4.1 kann der VMware-Hypervisor bis zu 160 Prozessorkerne abdecken. Allerdings ist an der Hardwarefront weit und breit kein entsprechender Server in Sicht, so dass es keinen Grund gab, an dieser Beschränkung etwas zu ändern (allerdings geht laut "Register" zumindest das Gerücht, die IBM arbeite an einem 16-Socket-Server mit Intels zehnkernigem "Westmere-EX"-Xeon-E7). Das Limit beim physikalischen Speicher wurde mit ESXi 5.0 aber auf zeitgemäßere 2 TB verdoppelt. Wie üblich macht VMware auch diesmal keine Angaben zum (zweifellos vorhandenen, speziell im Vergleich mit KVM) Overhead seines Hypervisors.
Weitere Neuerungen in vSphere 5 sind "Profile-driven Storage" und verteiltes Ressourcen-Scheduling. Damit lassen sich verstreute Storage-Systeme zu logischen Einheiten zusammenfassen. Ein neues "Auto-Deploy"-Tool soll ferner das schnelle Bereitstellen neuer Hosts vereinfachen, indem es die Image- und Konfigurationseinstellungen abgreift, die zu einem bestehenden Pool von Servern passen.
Der vCenter Site Recovery Manager beherrscht nun "vSphere Replication". Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, Daten und Virtuelle Maschinen ohne den Umweg über Array-basierenden physikalischen Speicher direkt über das Netzwerk zwischen verschiedenen Data-Center-Standorten zu verschieben.
Mit der neuen vShield-Version lassen sich Daten in unterschiedliche, voneinander logisch isolierte Zonen aufteilen, um bespielsweise branchentypische Governance- und Compliance-Richtlinien zu entsprechen. Der neue vCloud Director (Version 1.5) schließlich ermöglicht sogenannte Linked Clones. Dabei werden zwei sehr ähnliche Virtuellen Maschinen zunächst aufbauend auf einer einzigen Disk erstellt. Erst wenn sich beide tatsächlich auseinanderentwickeln, würden entsprechend zusätzlich Storage allokiert und die Dinge für die zweite VM unterschiedlich behandelt, wie VMware-CTO Steve Herrod im Rahmen der Ankündigung gestern erläuterte.
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Lizenzmodell: Künftig zählen Sockets und virtueller Speicher
VSphere wird künftig abhängig von der Anzahl der CPU-Sockel und der Menge des genutzten virtuellen Arbeitsspeichers lizenziert. Es gibt keine Beschränkungen mehr bezüglich der Kerne pro Prozessor oder des physikalischen Hauptspeichers pro Host. Außerdem wurde die Anzahl der Abonnement-Varianten von sechs auf fünf reduziert, um die Lizenzierung "leichter verständlich" zu machen. Für Kunden gibt es dazu einen "Licensing and Pricing Guide", der das neue Modell erläutert.
Bei den früheren VI3- und vSphere-4Stacks konnte jedes Software-Bundle ("Edition") nur eine beschränkte Anzahl Cores oder eine limitierte Menge virtuellen Speicher addressieren. Die vier kleinere vSphere-Editionen ("Essentials", "Essentials Plus", "Standard", "Enterprise") etwa waren auf Maschinen mit sechs oder weniger Kernen pro Socket beschränkt; sechs oder mehr Kerne pro Sockel waren nur mit den beiden High-end-Varianten "Advanced" und "Enterprise Plus" möglich. Außerdem waren sie bis auf Enterprise Plus (1 TB) allesamt auf 256 GB physikalischen Hauptspeicher limitiert.
Von der Core-Beschränkung sieht VMware nun ab. Das ist nur sinnvoll, da die Definition eines Prozessor-Kerns zunehmend unschärfer wird. Die "Bulldozer"-Cores in künftigen Opteron-Prozessoren von AMD etwa bestehen aus paarweisen Integer- und Floating-Point-Units, die gemeinsam auf Scheduler und Caches zugreifen. Das Ergebnis sind pro solchem Paar irgendwo zwischen einem und zwei Cores, je nachdem wie die Applikation sie sehen möchte.
Wenn VMware die Cores nicht mehr begrenzt, muss es anderer Stelle Geld verdienen. Im Rahmen des neuen Lizenzmodells werden Kunden für die Menge des virtuellen Speichers zur Kasse gebeten, mit dem sie einen Hypervisor konfigurieren. Bezüglich des physikalischen Arbeitsspeichers gibt es bei vSphere 5 keine Grenzen mehr. Anwender müssen aber mehr Lizenzen pro Socket kaufen, wenn sie mehr virtuellen Speicher ansprechen wollen.
Die Advanced Edition wird mit vSphere 5 übrigens ersatzlos gestrichen, Bestandskunden können beim Upgrade auf Enterprise wechseln. Die Lizenzen für Essentials bis Standard sind auf 24 GB virtuellen Speicher pro Socket (und Lizenzen kauft man pro Socket) begrenzt. Für die Enterprise Edition liegt die Grenze bei 32 GB und für Enterprise Plus bei 48 GB "vRAM".
Es gibt auch wie in der Vergangenheit noch Grenzen für die vituellen CPUs, die eine einzelne Gast-VM verwenden darf. Die Standard Edition (mit VMotion Live-Migration, HA und Disaster Recovery) kostet pro Socket 995 Dollar und ist pro Server-Sockel auf acht vCPUSs und 24 GB vRAM pro RAM gedeckelt. Auch die Enterpise Edition (mit Storage-APIs und -VMotion, Distributed Resource Scheduler und Distributed Power Management) ist auf acht vCPUs beschränkt, sie kostet 2875 Dollar pro Socket. Das Ende der Fahnenstange ist schließlich bei der Enterprise Plus Edition (Distributed Switch, Auto Depoly, Storage DRS) für 3495 Dollar pro Sockel erreicht, die dann VirtualSMP mit 32 Wegen unterstützt.
Laut VMwares Marketing-Chef Bogomil Balkansky hat der durchschnittliche Kunde dieser Tage so 3 GB vRAM pro Virtueller Maschine konfiguriert. Die meisten dürften daher beim Umstieg von vSphere 4.x auf die 5.0 in puncto Lizenzierung kaum einen Unterschied feststellen. Klar ist aber, dass speziell diejenigen Anwender mehr zahlen müssen, die möglichst viele Cores in möglichst wenigen Sockets konsolidieren und gute VM-Leistung durch Zuweisung von viel virtuellem Arbeitsspeicher erzielen wollen.
Der "Register" macht dazu ein - zugegeben sehr theoretisches Rechenbeispiel - auf: Für ein dicken Acht-Wege-Xeon-E7-Server mit 80 Cores und 2 TB Hauptspeicher (in diesem Falle physikalisch = vRAM) würde man nach dem neuen Lizenzmodell 43 Enterprise-Plus-Lizenzen benötigen. Macht 150.285 Dollar statt zuvor 27.960, ein gewaltiger Unterschied. Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Die Lizenzen für virtuellen Speicher werden innerhalb von Editionen und über physikalische Maschinen hinweg gepooled - man könnte für eine Reihe von Servern mit vSphere 5 Enterprise Plus zum Beispiel 44 Lizenzen kaufen, diese über 22 Maschinen verteilen und damit auf einen virtuellen Speicher-Pool von knapp über 2 TB kommen. Würde ein Server dann plötzlich 1 TB Speicher benötigen und die anderen welchen übrighaben, könnte sich der ESXi 5.0 auf der bedürftigen Box diesen so lange "borgen", bis der speicherhungrige Workload abgearbeitet wäre.
In jedem Falle werden Kunden nun genauer und vorsichtiger planen müssen, mit was für physikalischen CPU- und Hauptspeicherkonfigurationen sie ihre virtuellen Server-Instanzen unterfüttern - insbesondere deswegen, weil VMware kein vRAM-Pooling über vSphere-Editions-Grenzen hinweg zulässt (logisch, sonst würde ja jeder nur die günstigsten Lizenzen kaufen, um sich möglichst viel virtuellen Arbeitsspeicher zu sichern).
Dass das neue Preismodell die Lizenzierung einfacher macht, darf jedenfalls bezweifelt werden. Einfacher wäre es sicher gewesen, VMware hätte den Preis für ESXi 5.0 auf 995 Dollar pro Socket plus einer Summe X für physikalischen Arbeitsspeicher festgesetzt und dazu eine Preisliste für die Aktivierung zusätzlicher Features ausgehängt. Aber so etwas ist dem Hersteller offensichtlich zu sehr à la carte. (tc/cw)
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