Spezialdistribution

Von Spezialisten für Spezialisten

06.07.2012 von Armin Weiler
Marktnähe, Know-how und langjährig gewachsene Geschäftsbeziehungen prägen das Segment der Spezialdistributoren. Und diese Grossisten wird es weiterhin geben - weil sie flexibel sind.
"Ich erwarte von Herstellern mit einem komplexen Lösungsansatz ein Investment in die Systemhäuser." Robin Wittland, Leitung Marketing, Einkauf und CIO bei Wortmann

Marktnähe, Know-how und langjährig gewachsene Geschäftsbeziehungen prägen das Segment der Spezialdistributoren. Und diese Grossisten wird es weiterhin geben - weil sie flexibel sind.

So vielfältig wie die IT-Branche sind auch die auf bestimmte Produktsegmente oder vertikale Märkte spezialisierten Gossisten. Im Gegensatz zu den Broadlinern geht es hier weniger um die Sortimentsbreite, sondern vielmehr um die Sortimentstiefe. So sehen sich die Spezialdistributoren unabhängig vom Fachgebiet im Konkurrenzkampf mit den großen Playern der Branche gut gerüstet. "Es ist schwer für einen Broadliner, eine 180-Grad-Wende zu realisieren und Lösungen für vertikale Märke inklusive Pre-Sales, Sales, Service und Support zu implementieren. Wir haben es da wesentlich einfacher", meint Robin Wittland, Maketingchef bei Wortmann.

"Für die Spezialisten bleiben die Spezial-Distis sicher weiterhin erste Wahl. Unser Mehrwert ist eben mehr wert", Johannes Haseneder, Director Business Unit UCC bei Allnet

"Natürlich können auch Broadliner auf individuelle Kundenbedürfnisse eingehen, wenn die richtigen Profis an den entscheidenden Stellen sitzen, die wissen, wie man welches Projekt am besten zum Erfolg führt", räumt Johann Haseneder, Director Business Unit UCC bei Allnet, ein. Allerdings könne man die über lange Jahre gewachsenen Beziehungen zu den teils hoch spezialisierten Kunden nicht einfach ignorieren. "Für die Spezialisten bleiben die Spezial-Distis aber sicher weiterhin erste Wahl. Unser Mehrwert ist eben mehr wert", gibt sich Haseneder selbstbewusst.

Ähnlich sieht es Hans-Jürgen Schneider, Vertriebsleiter beim Imaging-Distributor DexxIT: "Ein Spezialdistributor verfügt über beste Marktkenntnisse in seinem Segment und kann das Potenzial bewährter und neuer Produkte schnell und kompetent einschätzen", erklärt Schneider. "Der Markt braucht Spezialisten und keine Generalisten", ist sich Torsten Schnutz, Geschäftsführer des auf Verbrauchsmaterial spezialisierten Distributors Despec, sicher.

Preisverfall und angespannte Margensituation

"Beim Thema Preisstabilität wäre Unterstützung der Hersteller wünschenswert", Helge Scherff, Geschäftsführer bei Wick Hill

Zu schaffen machen den Spezialisten sinkende Preise und die damit verbundene Margensituation. "Eine der momentanen Herausforderungen liegen im allgemeinen Preisverfall", bestätigt Wick-Hill-Geschäftsführer Helge Scherff und wünscht sich bessere Unterstützung seitens der Hersteller. "In unserem spezialisierten Bereich kämpfen wir für unsere Kunden und erklären den Herstellern, dass sie uns einen sauberen Channel bieten müssen, damit wir sie lieb haben. Die meisten unserer Hersteller haben das verstanden, und deshalb ist mit UCC-, LAN- und WAN-Produkten weiterhin Marge zu machen, wenn man es richtig anstellt", stellt Allnet-Manager Haseneder fest.

Für den Wortmann-CIO Robin Wittland ist daher der Mix entscheidend: "Generell ist ein Einstieg in einen gesetzten Markt, auch wenn es sich um hochwertige Lösungsprodukte handelt, nicht so margenträchtig wie ein Produkt- oder Lösungsvertrieb für ein neues innovatives Produkt ohne entsprechende Marktdurchdringung", erklärt er. Für Wittland gibt es daher einen elementaren Unterschied zwischen Produkt- und Lösungsvertrieb: Die Schwierigkeit liege darin, dass man das sonst übliche Preisbewusstsein im diesem Bereich ablegen müsse. Wittland sieht hier auch seine Zulieferer in der Pflicht: "Ich erwarte von Herstellern mit einem komplexen Lösungsansatz ein Investment in die Systemhäuser", fordert er.

Wenig Konkurrenz durch Direktvertrieb

"Ein Spezialdistributor verfügt über beste Marktkenntnisse in seinem Segment und kann das Potenzial bewährter und neuer Produkte schnell und kompetent einschätzen", Hans-Jürgen Schneider, Vertriebsleiter bei DexxIT

Naturgemäß kritisch sehen die Distributoren direkte Vertriebsaktivitäten der Hersteller, wobei diese Aktivitäten je nach Produktsegment unterschiedlich stark ausgeprägt sind. So stellt DexxIT-Vertriebsleiter Schneider in seinem Spezialgebiet Foto und Consumer Electronics kaum Direktvertrieb fest: "Wenn überhaupt, haben sie den Charakter eines Flagship Stores, was letztendlich unsere Handelskunden bei der Vermarktung sogar unterstützt", meint er.

"Hersteller brauchen uns nicht nur für die Logistik, das kann heute theoretisch auch Amazon", betont Allnet-Director Haseneder. "Wir stehen mit unserem Namen für den indirekten Vertrieb über Systemhäuser und Fachhändler", verspricht Wortmann-Manager Wittland. Herstellern, die an der Distribution und am Händler vorbei an Endkunden verkaufen, droht er mit Auslistung. "Wenn Hersteller denken, Geschäfte am Handel und der Distribution vorbei machen zu müssen, dann werden sie schnell feststellen, wie schwierig unser Geschäft ist, und sie werden sicher bald die Lust daran verlieren", prognostiziert Supplies-Spezialist Schnutz. Der Hersteller habe die Aufgabe, innovative Produkte zu entwickeln. Die Distribution sorge für die Verteilung der Ware, und der Handel müsse bei der Vermarktung unterstützt werden. "Schuster, bleib bei deinen Leisten", ist daher sein Motto.

"Der Markt braucht Spezialisten und keine Generalisten", Torsten Schnutz, Geschäftsführer bei Despec

So sieht sich die Spezialdistribution gut für die Zukunft gerüstet: flexibler als die Broadliner, mit dabei beim Service- und Lösungsgeschäft und weitgehend verschont durch den Direktvertrieb der Hersteller. Oder wie es Torsten Schnutz ausdrückt: "Von Schwierigkeiten reden wir nicht, da in unserer Branche schon seit 20 Jahren gejammert wird. Wir sehen in jeder Marktveränderung eine Herausforderung, der wir uns stellen wollen und werden." (awe)