Howard Davies, CEO and Co-Founder von Context, kennt den europäischen Channel wie kaum ein anderer. Er bescheinigt der deutschen IT-Distribution eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit. Gerade in den zurückliegenden Jahren war dies der Schlüssel zum Erfolg, denn Themen wie Remote Work und digitale Transformation haben durch die Pandemie einen zusätzlichen Schub bekommen.
Der IT-Branche bescherte dies ein deutliches Nachfrageplus: "Kunden fragten durch die veränderten Bedingungen verstärkt nach Lösungen für mobiles Arbeiten, Cloud-Dienste, Collaboration Tools sowie und Cyber-Sicherheit", berichtet Davies. Und für den Marktforscher wird das kein Einmaleffekt sein: Er spricht von einem "gewaltigen Volumen" an zukünftigen Geschäften.
Management der Lieferkette bleibt Kernaufgabe
Der IT-Distribution kam laut Davies die Rolle des "Stoßdämpfers" zu: So hatten die Grossisten während den Krisen der letzten Jahre alle Hände damit zu tun, Waren zu organisieren, zuzuteilen und die Verfügbarkeit zu moderieren. Sie nivellierten Warenüberhänge und stopften Nachfragelöcher.
Doch welche Auswirkungen hat eine Rückkehr zur Normalität auf die Rolle der Distribution? Der Context-CEO ist der Ansicht, dass es weiterhin eine der Kernaufgaben sein wird, Warenströme zu organisieren. "Da wir uns jedoch aus dem Krisenmodus herausbewegen, kann sich die IT-Distribution wieder mehr auf ihre andere wichtige Rolle konzentrieren, nämlich die des Channel Enablers", meint er. So sei nun Raum für die Entwicklung neuer Vertriebsmodelle, Technologien und Systeme, damit der Channel diese den Kunden anbieten könne.
KI und Nachhaltigkeit verändern den Channel
Trotz aller Konsolidierungen im Channel und in der Distribution rechnet Davies nicht damit, dass sich die Grundstruktur mittelfristig grundlegend ändert. Er sieht auch hierzulande im Aufschwung mittelständischer, oft inhabergeführter Distributoren kein kurzfristiges Phänomen: "Die Topologie des Vertriebskanals wird sich nicht ändern, nur die Akteure in der Landschaft", prognostiziert Davies.
Trotzdem brechen klassische Vertriebsmodelle auf: Die Grenzen zwischen Herstellern, Distributoren und Wiederverkäufern verschwinden immer mehr. Hersteller machen Systemhausgeschäfte, Distributoren verkaufen an Endkunden und Wiederverkäufer entwickeln ihre eigenen Lösungen, die sie auch über andere Wiederverkäufer vertrieben. Davies sieht darin weniger ein Problem, sondern vielmehr eine Chance: "Distributoren sind aufgrund ihres grundlegenden Geschäftsmodells als Vermittler optimal in der Lage, neue Bedürfnisse zu erkennen und Wege zu finden, wie sie wichtige Dienstleistungen anbieten können", erläutert der Context-Chef.
So müssen sich die Grossisten auch auf neue Markttrends einstellen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. "Die IT-Distribution in Europa wird sich durch zwei Makrotrends verändern, durch KI-gesteuerte Dienste und durch die Nachhaltigkeitsvorgaben der EU und den damit verbundenen Markterwartungen", prophezeit Davies.
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