Chefqualitäten entwickeln

Vom Mitarbeiter zur Führungskraft

08.08.2011
Selbst fachlich hervorragenden Bewerbern fehlt es an Schlüsselqualifikationen. sagt Ruth Hellmich.
Foto: Hailo

Neulingen in der Führungsriege wird spätestens in der Praxis bald bewusst, dass ihnen die so genannten Softskills fehlen, und allen voran die Führungskompetenz. Doch die sind dringend notwendig, wenn Sie Mitarbeiter erfolgreich führen, ihr Team zu Spitzenleistungen motivieren und in selbstsicherer und entspannter Weise Ihren Führungsalltag meistern möchten.

Schauen wir uns die Praxis einmal an. Die meisten Führungskräfte waren zuvor Fachkräfte in ihrem Bereich - oft hoch qualifiziert. Und sie haben sich als solche bewährt. Nach einer gewissen Zeit werden sie befördert und die Vorgesetzten anderer, oft sogar die Chefs früherer Kollegen. Der Grund für diese Beförderung ist selten die Fähigkeit, andere Menschen zu führen, sondern ihre fachlichen Leistungen und Erfahrungen. Doch das Quantum an Zeit und Energie, das auf den fachlichen Bereich in Zukunft zu verwenden ist, schrumpft bei frischgebackenen Chefs je nach Position und Aufgabengebiet auf einen geringen Umfang zusammen - erübrigt sich manchmal sogar völlig.

Delegieren will gelernt sein

Quantitativ und von der Bedeutung der Tätigkeit her, hat nun das Führen der Mitarbeiter Priorität. Folglich hat der Betreffende die fachlichen Aufgaben abzugeben. Doch bereits hier ergibt sich für viele ein Problem. Die Arbeit, die sie gewohnt sind, die sie beherrschen, oft auch sehr mögen, sollen sie delegieren? Das nicht immer bewusste Gefühl unersetzbar zu sein und die Zweifel, ob es ein anderer auch so gut kann, nähren die Versuchung, die Arbeit auch weiterhin zu erledigen.

Oft wurde auch die Fähigkeit, sinnvoll zu delegieren, einfach nicht gelernt, so dass der Mitarbeiter nicht weiß was genau zu tun ist oder bis wann und mit welcher Priorität. Schaffen Sie als Führungskraft den Sprung nicht, die fachliche Arbeit abzugeben, addiert sie sich zu den Führungsaufgaben und dies garantiert Ihnen ein Leben mit hoher Überstundenzahl und langfristiger Überforderung.

Mut zum Führungs-Coach

Wenn Sie sich Ihrer Kernaufgabe, dem Führen, zuwenden, lohnt es sich für die Entfaltung dieser Fähigkeiten professionelle Berater heranzuziehen. Stellen Sie sich vor, Sie treffen die Entscheidung, Golfspielen zu lernen oder Geigenspielen oder würden dies Ihrem Sprössling ermöglichen. Würden Sie sich eine Geige besorgen und alleine lernen oder ohne Trainer auf dem Golfplatz herumstümpern? Für die meisten wäre es wohl selbstverständlich, einen Trainer oder Lehrer zu engagieren und ihn - zumindest eine Zeitlang - regelmäßig aufzusuchen.

Viele neuen Führungskräfte jedoch bleiben mit ihren Unsicherheiten allein und retten sich von einem Mitarbeitergespräch zum nächsten - immer mit der bohrenden Gewissheit im Hinterkopf, sie hätten es vielleicht besser machen können, wenn sie nur wüssten wie. Doch lieber halten Sie den Mund aus Angst, es könnte als Schwäche ausgelegt werden. Und Ärger haben Sie ja schließlich schon genug. Etliche erfolgreiche Führungskräfte haben nach langjähriger Führungstätigkeit ehrlich und mutig unter vier Augen zugegeben, dass sie sich oft hilflos fühlten und oft froh seien, sich irgendwie durchgemogelt zu haben.

Ob dies umso mehr für die weniger Erfolgreichen gilt? Und um wie viel besser könnten sowohl die einen als auch die anderen sein? Während bis vor einigen Jahren der Coach nur im Sport und in der Politik verbreitet war, ist es längst kein Geheimnis mehr, dass sich gerade Führungskräfte einen Coach leisten. Anders als im Sport eher ist er in der Wirtschaft allerdings eher unsichtbar und leise als Vertrauensperson, Berater und Begleiter im Hintergrund tätig. Innovative Unternehmen investieren zunehmend mittels Training und Coaching in die Qualifizierung ihrer Führungskräfte. Ob mittleres oder oberes Management, junge oder erfahrene Führungskraft, die positiven Effekte solcher Personalentwicklungsmaßnahmen haben sich längst in Studien erwiesen.

Was macht eine gute Führungskraft aus?

Was heißt eigentlich Führen, wie unterscheidet sich Führen vom Managen und wie verstehen Sie sich persönlich als Führungskraft? Wissen Sie genau, welches Ziel Sie verfolgen oder ist es doch ein bisschen nebulös? Welchen Führungsstil favorisieren Sie für sich? Wenden sich Ihre Mitarbeiter auch bei Problemen, Misserfolgen oder Fehlern an Sie?

Die Klärung des Selbstverständnisses und der eigenen Rolle, der Stärken und Lernfelder sowie der Wirkung nach außen sind genau so wichtig wie psychologische Grundlagen und die Fähigkeit zu guter Kommunikation. Beherrschen Sie als Führungskraft die klassischen Führungsinstrumente wie Mitarbeitergespräche führen, Zielvereinbarungen treffen, Kritikgespräche führen oder Aufgaben verteilen? Und wenn es mal schwieriger wird und sie mit handfesten Konflikten im Team zu tun haben, welche Werkzeuge haben Sie dann zur Verfügung, sie mit dem Ergebnis der Leistungsfähigkeit des Teams, gerecht und im Sinne des Unternehmens zu klären?

Eine gute Führungskraft hat eine Vielzahl von Methoden und Werkzeugen zur Auswahl, um ihre Führungsaufgabe gewinnbringend zu erfüllen. Die Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt, schenken ihm Vertrauen und stellen ihre Arbeitsleistung gern in den Dienst des Unternehmens. Als Führungskraft behalten Sie den Überblick und können souverän das Team leiten, Konflikte frühzeitig erkennen und für ihre Deeskalation sorgen. Sie begreifen ihre Mitarbeiter, deren Teamverhalten und die gesamte Teamdynamik besser und gewinnen mehr Gewissheit darüber, mit welchem Verhalten Sie in den unterschiedlichen Teamphasen besser ihre wechselnden Aufgaben erfüllen können. Das ist der Stoff, aus dem das praktische Berufsleben gestrickt ist. Genau diese Fähigkeiten sind gefragt. Aber: Wer hat die schon in unseren Ausbildungsstätten gelernt?

Somit wird jungen Führungskräften durch ein Coaching eine Menge ihrer Anfängerfehler erspart. Und erfahrene Führungskräfte profitieren von jeder Professionalisierung ihrer Führungskompetenz und sichern sich eine fortwährende Aktualität ihrer Führungsfähigkeiten, auch wenn sie bisher etwaige Probleme oder Verbesserungswünsche nicht thematisiert sondern für sich allein durchgestanden haben. Interessant ist für viele Führungskräfte auch das Sichern des eigenen Status innerhalb des Unternehmens und nach außen hin. Aber wussten Sie, dass auch der Status überwiegend über Körpersprache und Stimme signalisiert und bestimmt wird?

Auch wenn man dies theoretisch weiß, kann man es noch lange nicht in der Praxis nutzbringend einsetzen. Es ist nicht nur eine interessante Entdeckungsreise sondern für die berufliche Karriere ein großer Gewinn, wenn Sie wissen, wie Sie wirken, wenn Sie klären, wie Sie wirken möchten und wenn Sie im nächsten Schritt lernen, wie Sie die gewünschte Wirkung erzielen können. (oe)

Die Autorin Ruth Hellmich ist Rechtsanwältin, Trainerin und Coach mit eigener Praxis in Freiberg.

Kontakt:

Tel.: 0761 38429130, Internet: www.coaching-training-eu