Mit einem VoIP-Anschluss genießt man neben den Kosteneinsparungen auch den Vorteil von jedem Internet-Anschluss der Welt aus telefonieren zu können sowie erreichbar zu sein. Diese Tatsache hat allerdings auch einen Haken, denn durch die Mobilität ist die geografische Ortung schwierig bis unmöglich. Dadurch können auch keine Notrufe über VoIP abgesetzt werden. "Das Notruf-Problem bei VoIP rührt daher, dass man nicht exakt lokalisieren kann, woher ein Anruf kommt. Die Datenpakete werden aufgeteilt und über verschiedene Router und Gateways geschickt. Zusammengesetzt werden sie erst wieder beim Empfänger, wodurch nicht eindeutig eruierbar ist, woher sie kommen", erläutert Philipp Bohn, Analyst bei Berlecon Research.
Ein VoIP-Gerät meldet sich, sobald es online geht, beim Server des Providers und teilt diesem die IP-Adresse mit. Somit ist das Gerät im Internet lokalisierbar. Da es sich jedoch dabei meist um eine dynamische IP handelt, kann dem Gerät keine fixe geographische Position zugeordnet werden. Der VoIP-Provider hat nur jene Daten, die bei der Aktivierung des Anschlusses angegeben wurden - zumeist ist dies die Rechnungsadresse. In vielen Fällen werden diese Informationen nicht ausreichen.
Die Notruffunktion bietet beispielweise der VoIP-Anbieter Sipgate. Die Nummern 110 und 112 können über einen Sipgate-Anschluss erreicht werden und sind für die hinterlegte Adresse aktiviert. Jedoch weist Sipgate gleichzeitig darauf hin, dass Kunden die persönlichen Daten laufend aktuell halten müssen. Denn nur wenn der angegebene Name und die Adresse zum Zeitpunkt des Absetzens eines Notrufes korrekt sind, kann eine einwandfreie Notruf-Funktionalität gewährleistet werden. Stimmen die Daten nicht, so muss der Anrufer zumindest seinen Standort bekannt geben können. Sogenannte Röchelanrufe sind in Verbindung mit nomadischer Nutzung nicht möglich. Die Hilfe würde an die falsche Adresse geschickt werden.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass die derzeit im Mobilfunk umgesetzte Ortsbestimmung auch auf den VoIP-Bereich übertragen wird. Hierzu wäre jedoch eine zusätzliche Hardwareausstattung der Geräte nötig. An der FH Frankfurt haben Forscher ein Notrufmodell entwickelt, welches den korrekten Standort auf der Basis des Session Initiation Protocol (SIP) ermittelt. "Ein SIP-Telefon muss sich dabei immer zunächst am heimischen SIP-Server anmelden, um die derzeitige Internetadresse mitzuteilen", erklärt der Forscher Ulrich Trick vom Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften. Mit Hilfe dieser Signale lassen sich die physischen Netzwerkadressen auslesen und dem Nutzer zuordnen, woraus wiederum eindeutig auf den genutzten DSL-Eingangsport geschlossen werden kann.
Derzeit bieten viele VoIP-Betreiber noch keine Notruffunktion an. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss sich darum kümmern, dass er neben dem VoIP-Zugang noch eine zusätzliche Telefonverbindung hat, über die selbst ein Röchelnotruf erfolgreich abgesetzt werden kann - also einen Festnetzanschluss oder ein Mobiltelefon. "In Unternehmen, die ausschließlich VoIP einsetzen, wird die Notrufmöglichkeit über eine Backup-Verbindung über das herkömmliche Telefonnetz umgesetzt", berichtet Bohn, der sich zuversichtlich zeigt, dass "es in den nächsten zwei Jahren entsprechende Lösungen geben wird. "Die VoIP-Anbieter arbeiten hieran bereits intensiv", so der Analyst abschließend. (pte/rw)