VMware und AWS

VMware greift wieder nach der Public Cloud

26.06.2018 von Stefan  Ried
VMware bietet mit Hilfe von AWS-Infrastruktur wieder direkt Public-Cloud-Services an, diesmal mit Hilfe von AWS Bare-Metal, aber mit eigenem Management. Wirtschaftlich ist das Angebot nur für Kunden mit statischen Legacy Workloads interessant.
 
  • VMware bietet mit Hilfe von AWS-Infrastruktur wieder direkt Public Cloud Services an.
  • Lesen Sie die Historie der bisherigen Versuche des Virtualisierungs-Software-Herstellers mit eigenen Provider-Angeboten.

Auch wenn beim AWS Summit in Berlin Amazons Prominenz mit Abwesenheit glänzte und weder CTO Werner Vogels noch CEO Andy Jessy für die 5000 Besucher nach Berlin kamen, war der Event doch voll von interessanten Ankündigungen. Die bei weitem wichtigste Ankündigung kam aber von VMware, die verstärkt als AWS-Partner auftreten und erneut Ambitionen in der Public Cloud haben. Bevor wir beleuchten, was es mit der VMware Cloud auf AWS auf sich hat, erlauben wir uns einen kleinen historischen Rückblick zum Thema VMware in der Public Cloud.

Der Virtualisierungs-Spezialist VMware versucht sich erneut als Anbieter von Public-Cloud-Services.
Foto: phloxii - shutterstock.com

Diese kleine Abfolge zeigt nicht nur, wie schnell sich dieser Markt ändert. Es wird auch deutlich, wie schnell eine Technik wie die Virtualisierung, also die Abstraktion der Hardware, für viele Anwendungen durch Container, also der Abstraktion des Betriebssystems, ersetzt wird. In den Cloud-Anfängen konnten Unternehmen das Operations-Modell ihrer Anwendungen modernisieren, indem sie die virtualisierte Infrastruktur bei einem Managed Service Provider betreiben ließen. Heute sind diese "virtuellen" Umgebungen die Legacy, VMware eine Commodity und die Modernisierung findet durch ein Aufbrechen der alten Anwendungen in Microservices statt.

Cloud Computing - ein brutaler Markt für VMware

Aus Sicht des Anbieter-Ökosystems ist dieser Markt brutaler als jedes andere Segment im IT- und Technologiemarkt. Die ersten Managed Service Provider, die auf VMware gebaut hatten, waren durch vCloud Air verunsichert, behielten aber ihre Marktanteile, weil VMware vollkommen unterschätzt hatte, was der Betrieb von Rechenzentren bedeutet. Als das Business zu OVH ging, fühlten sich deutsche Größen, wie ATOS, Arvato oder T-Systems dadurch nicht mehr bedroht. Sie hatten mit VMware extrem professionelle Rechenzentren für die lokalen Märkte aufgebaut, die sich mit den Anwendungen füllen, die der Kunden im Kern nicht modernisieren kann. Kaum ein Jahr später riskiert VMware erneut die Loyalität dieser Partner, indem es mit Hilfe von AWS wieder selbst zum Managed Service Provider wird. Ob dieser zweite Anlauf wie schon vCloud Air erneut floppt, hängt nicht nur von den technischen Features, sondern auch von der Ökosystem-Strategie von VMware ab.

Was steckt hinter VMware auf AWS?

Aus der Perspektive eines Enterprise Kunden ist erst einmal wichtig, was diese neue Alternative "VMware auf AWS" überhaupt ist. Es ist ein Dienst von VMware, der auf Basis eines speziell entwickelten Bare Metal Instance Types von AWS beruht. Kunden kaufen aber beides, die VMware Softwarelizenzen und die Hardware direkt von VMware oder einem VMware Reseller. Da die VMware Lizenzen in den allermeisten Fällen heute schon als Subscriptions gekauft sind, kommt hier einfach eine weitere Option für die Hardware dazu. Der Vertragspartner ist also ausschließlich VMware, der das Modell mit Discounts bis zu 25 Prozent bei bestehenden VMware Lizenzen promotet. Falls ein Unternehmen schon AWS Kunde ist, werden diese Hardware-Instanzen im AWS Console gar nicht sichtbar, da VMware ja der AWS-Kunden ist. Damit ist das Geschäftsmodell schon einmal grundsätzlich anders als das Engagement von VMware mit irgend einem anderen Managed Service Provider. VMware hat bisher noch nie IaaS-Dienste unter ihrer Software von einem anderen Dienstleister vertrieben. AWS bekommt eine exklusive Position für dieses Konzept.

VMware riskiert den Konflikt mit dem Channel

Anders herum steht "VMware auf AWS" offiziell dem gesamten VMware Channel zur Verfügung. Während dies für Systemintegratoren wie Accenture, die keine eigenen Rechenzentren haben, sehr attraktiv ist, erscheint es mehr als fragwürdig für den Großteil der VMware Partner wie ATOS, Arvato oder T-Systems, die einen Großteil ihrer Rechenzentren gerade mit VMware Instanzen ihrer Kunden füllen. Hier ist der Channel-Konflikt programmiert, wenn VMware zu aggressiv nach der direkten Kundenbeziehung angelt.

VMWare hat dieses Konzept bereits vor neun Monaten auf den US-amerikanischen Markt gebracht und erst letzte Woche auf AWS Frankfurt und damit in der EU verfügbar gemacht. Crisp Research hatte auf der Veranstaltung nicht nur die Chance, mit Vertretern von VMware und AWS zu dem Thema zu sprechen, sondern konnte sich auch mit einem Beta-User aus der Otto-Group austauschen.

Das VMware auf AWS-Offering arbeitet zur Zeit mit einer einzigen Host-Spezifikation von 2 CPUs, 36 Core, 512 GB Memory. Dies ist eine neue AWS Bare Metal Instance, die unter dem Namen i3.metal instance type im Mai dieses Jahres angekündigt wurde. Um die Verfügbarkeits-Mechanismen von VMware zu erfüllen, muss man einen Cluster von mindestens 4 mieten. Die kleinste jährliche Subskription ist also € 201.970 pro Jahr (24*356*5,9097*4). Damit ist das Hardware Commitment durchaus mit einem Azure-Stack im eigenen Rechenzentrum vergleichbar (siehe Abbildung). Noch teurer ist ein On-Demand Cluster.

Self-Service für AWS Hosts im VMware Offering
Foto: Quelle: VMware (cloud.vmware.com/vmc-aws/pricing)

Das Entscheidende bei dieser dedizierten Hardware ist, wie weit ein Kunde sie wirklich befüllt bekommt. Während es einem Kunden bei AWS EC2 und auch bei vielen VMware-basierten Angeboten von Managed Services Providern egal ist, ob physische Hosts halb leer stehen, geht dieses Risiko beim "VMware auf AWS" Offering auf das Konto des Kunden. Er kauft immer die ganzen dedizierten Hosts, auf denen keine VMs anderer Kunden laufen. Auf so einer 36 Core / 512GB Machine kann man schon einige VMs laufen lassen. Diese Dichte entscheidet aber genau, ob sich so eine Hardware-Subscription lohnt.

Kostenvergleich "VMware auf AWS", normale AWS Instanzen und traditionelle On-Premises Kosten
Foto: Quelle: VMware Briefing für Crisp Research, Juni 2018

VMware hat uns freundlicherweise ein Beispiel zum Kostenvergleich zur Verfügung gestellt (siehe Bild 2). Während die orange Kurve eines nativen Cloud-Dienstes für den Kunden immer gleich kostet - egal wie dicht die physische Hardware tatsächlich ausgelastet wurde - werden die Kosten bei VMware rechnerisch ab ca. 1,3 VMs pro Core günstiger. Das Beispiel geht von VMs mit 2 vCPUs und 8GB RAM aus. Auf der heute angebotenen 36 Core Hardware reden wir also von mehr als 46 VMs pro Host. Mal vier Hosts.

VMware auf AWS - geeignet für statische Legacy-Anwendungen

Wenn ein Unternehmen also weiß, dass es mehr als 184 (4x46) virtuelle Maschinen dieser Größe, beispielsweise mit einer Legacy-Anwendung und relativ konstanter Last, ohne viel Elastizität benötigt, ist das neue VMware Offering sehr attraktiv. Insbesondere weil die AWS Hosts nahtlos den VMware Tools der On-Premises Umgebung erscheinen und Migrations-Tools wie vMotion nahtlos funktionen sollen.

Unternehmen dürfen allerdings nicht unterschätzen, dass diese Self-Service Hardware Subscription eben NICHT die üblichen Vorteile eines Economies of Scale eines Hyperscalers an Endkunden weitergibt. Workloads sind nicht geeignet, wenn eine Elastizität der Infrastruktur verlangt wird oder sie heute schon auf den nativen Hypervisern der Hyperscaler laufen, wie dies sogar die SAP für alle drei Hyperscaler angekündigt hat. VMware auf AWS ist also interessant für statische Legacy Anwendungen. Vielleicht ein zu kleines Marktsegment, da viele Kunden ihre statischen und dynamischen VMware Workloads bei einem Managed Service Provider deponieren wollen. VMware auf AWS ist auch hochinteressant für Multi-Cloud Topologie. Wenn Sie also schon einzelne Anwendungen auf AWS haben und die schnelle "locale" Netzwerkverbindung zu einer VMware-Instanz benötigen, ist AWS mit seinem Direct Connect Offering sicher interessant. Viele Managed Service Provider sind allerdings inzwischen auch bei den gleichen Location Providern wie die Hyperscaler, so dass Kunden die Netzwerk-Vorteile im Einzelfall hinterfragen sollten.

Zusammenfassend sind Kunden, die sich für das neue VMware auf AWS-Angebot interessieren, eher zu warnen. VMware tritt hier selbst als Provider auf und hat damit alles andere als eine gute Reputation am Markt. Auch wenn ihnen AWS mit der Verfügbarkeit von Netz und Hardware hilft, ist die Verfügbarkeit des VMware Clusters in der Verantwortung von VMware Operations-Personal. Da haben alle verbleibenden Managed Service Provider deutlich mehr Erfahrung.