Vista und Office 2007 in Unternehmen: erste Migrationsprojekte angelaufen

12.03.2007
Windows Vista besticht vor allem mit neuen Funktionen für die heimischen Endanwender. Sollen deshalb Unternehmenskunden überhaupt auf das neue Betriebssystem umsteigen? Und warum sollten sie auf das 2007 Microsoft Office System setzen?
Walter Gsöll, Unternehmenssprecher der ACP Holding GmbH: "Unsere Aktivitäten betreffen die Vista-Editionen Enterprise und Business im gleichen Umfang."
Foto: Ronald Wiltscheck

Eine erste ChannelPartner-Umfrage unter Systemhäusern zur Akzeptanz von Vista und Office 20007 bei Unternehmenskunden fiel zwiespältig aus. Beispielsweise sieht die Sotec GmbH noch überhaupt keinen Handlungsbedarf.

Besser aus den Startlöchern gekommen ist das österreichische Systemhaus ACP: "Mehrere Vista-Projekte befinden sich bereits in der Startphase, deren Umsetzung ist noch im ersten Quartal 2006 vorgesehen. Finale Migrationen haben wir aber noch nicht vorzuweisen", berichtet Walter Gsöll, Unternehmenssprecher der ACP-Gruppe. Dabei fragen ACP-Kunden je zur Hälfte die Vista-Editionen Enterprise und Business nach.

Computacenter mit Pilotkunden aus der Großindustrie

Deutschlands größtes Systemhaus, die Computacenter AG & Co. oHG, hat ebenfalls schon eine Handvoll Vista-Pilotkunden. Es sind vorwiegend Großunternehmen aus den Bereichen Chemie, Automobil- und Fertigungsindustrie sowie Banken und Versicherungen. Computacenter selbst möchte im ersten Schritt 1.000 seiner insgesamt 3.000 Arbeitsplätze auf Windows Vista umstellen. Bis Mitte 2007 soll die Migration abgeschlossen sein. In anderthalb Jahren sollen dann alle PCs bei Computacenter unter Vista laufen.

Das Systemhaus Bissinger hat die ersten Vista-Migrationen beziehungsweise Neueinführungen bereits Anfang Februar 2007 durchgeführt, bislang allerdings ausschließlich auf Basis der Vista Business 32 Bit Edition.

Rainer Henrich, Managing Director bei der SHB Business Solutions GmbH: "Vistas Aero Oberfläch, wird von den Anwendern positiv bewertet."
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Für Rainer Henrich, Leiter der Münchner Bissinger-Niederlassung und Geschäftsführer der SHB Business Solutions GmbH, macht Vista derzeit primär nur beim Kauf neuer Hardware Sinn. Nur in Ausnahmefällen hätte das Systemhaus bestehende Hardware auf Vista migriert.

"Die Usability, insbesondere die Aero Oberfläche, wird von den Anwendern positiv bewertet", betont Henrich. Allerdings funktioniert dies nur soweit die Hardware die nötige Performance bietet. "Die von Microsoft propagierten Geschwindigkeitszuwächse sind subjektiv nicht festzustellen", gibt der SHB-Manager zu bedenken. Er vermutet, dass es an diversen Zusatzanwendungen für Vista liegen könnte. Dafür beurteilen seine Kunden die neuen Sicherheitsfeatures von Windows als hilfreich, auch wenn sie gewöhnungsbedürftig sind. Man erhofft sich dadurch ein sichereres System.

Es fehlt an Zusatzsoftware und Treibern

"Ausgesprochen unbefriedigend ist derzeit die Versorgungslage mit Vista-kompatibler Software und mit Treibern", gibt Henrich zu bedenken. "Insbesondere die Unterstützung durch Anbieter von Sicherheitslösungen ist aktuell noch unbefriedigend und hemmt weitere Vista Migrationen", so der Mann von Bissinger weiter.

Was Office 2007 betrifft, ist die Kundennachfrage beim Systemhaus Bissinger derzeit noch sehr verhalten: "Unsere ersten Projekt zeigen jedoch, dass das anfänglich kritisch beurteilte neue Office 2007-look & feel von unseren Kunden schnell adaptiert und anschließend ausgesprochen positiv beurteilt wird", fasst Henrich seine ersten Erfahrungen zusammen. Seiner Meinung nach sollte die Argumentationskette für die Migration auf Office 2007 ohnehin auf gesteigerten Fähigkeiten der Software in den Bereichen Business Intelligence, Sharepoint Integration, Dokumenten-Management und Collaboration beruhen. Auch die verbesserte Durchgängigkeit zwischen den Anwendungen, etwa One Note mit Outlook, spricht für den Einsatz des neuen Microsoft Office-Pakets. Bei klassischen Einsatzszenarien mit dem Fokus auf Nutzung der Software durch einzelne isolierte Anwender fehlen laut Henrich noch die starken Argumente für das 2007 Office System.

XP-Kunden werden nicht migrieren

Noch keine Vista-Migrations-Projekte hat Deutschlands viertgrößtes Systemhaus Cancom durchgeführt. Grund hierfür: viele Cancom-Kunden haben erst 2005 und im Vorjahr auf Windows XP migriert, so dass für sie Vista derzeit noch nicht in Frage kommt. Aber die Verantwortlichen in Scheppach gehen davon aus, dass Vista-Migrationen vermehrt in der zweiten Jahreshälfte 2007 anstehen werden.

Cancom forciert das Thema Vista vor allem bei Neukunden. Einer von ihnen wird im Laufe der nächsten Wochen die Vista Enterprise Edition, das 2007 Office System und Exchange 2007 erhalten. Den Aufwand für die reine Vista-Migration bei diesem Kunden schätzt Cancom auf 20 bis 30 Manntage.

Von den neuen Microsoft-Produkten Vista, Exchange 2007, Sharepoint und 2007 Office System erhofft sich der Kunde eine einheitlichen und zukunftsweisende IT-Plattform. Die Investition soll die dortige Software-Instrastruktur auf den neuesten Stand katapultieren sowie unmittelbaren Nutzen für Anwender und IT Administration mit sich bringen.

Deutschlands zweit größtes Systemhaus, die Bechtle AG, hat bereits erste Erfahrungen mit Vista-Migration gemacht, dabei gelangen sowohl Business- als auch die Enterprise-Editionen zum Einsatz. Abhängig von der Anzahl und Dauer der erforderlichen Tests, die sich wiederum nach den im Einsatz befindlichen Applikationen richten, kann ein derartiges Projekt laut Bechtle schon mal ein halbes Jahr in Anspruch nehmen.

Exchange als Hebel einsetzen

Office-2000-Kunden, die Exchange 2007 erwerben wollen, wird das Systemhaus auch das 2007 Office System nahe bringen. Das macht laut Bechtle aus vielerlei Gründen Sinn. Zum Beispiel lässt sich das neue Microsoft-Office leicht mit Geschäftsprozessen koppeln, etwa mit ERP-Systemen von SAP, oder Datenbanken von Oracle und IBM. Ferner glaubt Bechtle, dass der Aufwand für Programmanpassungen in Office 2007 relativ gering ist, da 80 bis 90 Prozent der von Kunden gewünschten Funktionen bereits im Standardumfang enthalten sind. Und falls mal tiefer gehende Anpassungen notwendig sind, muss der Dienstleister nur mit einer einzigen Entwicklungsumgebung umgehen - Visual Studio.net.

Software Spectrums Kunden testen erst mal das neue Betriebssystem von Microsoft. Einige von ihnen haben vor, auf Vista zu migrieren. Bezüglich Office 2007 zeigen sie sich noch vorsichtiger: "Keines der großen Unternehmen geht das Risiko ein" heißt es aus Ismaning. Immerhin gibt es einige Zusatzprodukte, die das Interesse einiger Software Spectrum-Kunden erweckt hätten: PDF Creative, OneNote und Groove Client sowie Dokumenten-Management-Funktionen wie elektronische Formulare oder Verwaltung der Urheberrechte.

Andreas Herch, Vorstand der Sahl Computer AG: "Vista ist etwas für Retailer"
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Vista-skeptisch zeigt sich in der ChannelPartner-Umfrage hingegen Dr. Andreas Herch, Vorstand der Sahl Computer AG: "Unsere Kunden legen derzeit wenig Augenmerk auf klassische Desktop-Themen. Sie haben aktuell andere Baustellen offen". Das sind laut Herch die Bereich Security, Virtualisierung und Server basiertes Arbeiten, etwa mit der Citrix-Software. Dort verzeichnet das Systemhaus aus Augsburg derzeit einen enormen Informationsbedarf. "Bei Vista tut sich hingegen wenig". Hier sind für den Sahl-Chef vor allem die Retailer gefragt: "Sie leisten derzeit eher die Überzeugungsarbeit, um Privatkunden für Vista zu begeistern". (rw)