VIA in Zugzwang

03.05.2001
Seit Anfang April kursieren nicht nur im Internet Berichte über Probleme mit VIAs Southbridge, inzwischen "VIA-Bug" genannt. BIOS-Updates sollen das Problem lösen. Doch vielleicht wird hier die falsche Medizin verordnet.

Dass es sich beim "VIA-Bug" um ein echtes Problem handelt, musste inzwischen auch VIA selbst eingestehen. In einer Stellungnahmen am 12. April bestätigte man in Taiwan, dass es bei einigen Boards mit dem VIA-82C686B-Chipsatz zu Datenverlusten, korrumpierten Datensätzen oder Systemabstürzen kommen kann, wenn zwischen den beiden IDE-Ports große Datenmengen bewegt werden.

"Im Rahmen unserer eigenen Tests haben wir festgestellt, dass es sich dabei um ein BIOS-Problem handelt", sagte dazu Richard Brown, Director of Marketing bei VIA Technologies. Damit waren die Schuldigen gefunden und man versprach zügige Abhilfe durch BIOS-Updates für die betroffenen Mainboards.

Die Southbridge

Die Southbridge 82VC686B ist ein vielfältig einsetzbarer Baustein. Man findet sie nicht nur auf Boards mit den VIA Northbridges KT133A und KT133 für die AMD-Prozessoren Athlon und Duron, sowie beim AMD Chipsatz 760/761, sondern auch im Zusammenspiel mit VIAs 694X für Intel-Prozessoren.

Tests verschiedener Hardware-Online-und PC-Redaktionen grenzten den Fehler jedoch auf Mainboards mit dem KT133A und dem AMD-761 Chip ein. Alle neuen Boards mit diesem Chipsatz sind dann betroffen, wenn an beiden IDE-Ports Geräte hängen.

Bis heute ist es aber noch nicht gelungen, eine konkrete Ursache für diesen Bug festzustellen. Fest steht bis dato nur, dass die Last auf dem PCI-Bus eine Rolle spielt. Unter Last versteht man hier die Anzahl der eingesteckten PCI-Karten. Die jeweiligen digitalen Eingänge der Bausteine ziehen immer einen gewissen Strom, auch wenn die entsprechende Karte gar nicht angesprochen wird. Der auf den Internetseiten immer wieder erwähnte Zusammenhang mit der Soundblaster-Karte SBLive! könnte auf dieser Tatsache beruhen. Weiterhin sollen auch SCSI-, TV- oder Netzwerkkarten, die den Bus ebenfalls belasten, das Auftreten des Bugs beschleunigen.

VIA erklärt, dass es sich bei dem Bug "nur" um ein BIOS-Problem handelt. Mit einem Update oder Patch sei das Problem behoben. Nach Auskunft von einigen Motherboard-Herstellern werden durch den Patch einige Register im Chip neu gesetzt und die Taktfrequenz herabgesetzt. Auch wenn der Leistungsverlust nach allgemeiner Einschätzung nicht gravierend ist, zahlt der Kunde nicht dafür, dass er seinen Rechner anschließend gedrosselt betreiben muss. In Zusammenhang mit den unterschiedlichen Fehlerformen, von eingefrorenen Systemen bis hin zu zerstörten Daten, kann man nicht mehr von einem Bug sprechen, die Southbridge hat definitiv einen Fehler. Damit muss man auch Brown widersprechen, wenn er von einer das BIOS betreffenden Schwierigkeiten spricht.

Das große Problem: der Fehler lässt sich nur äußerst schwer rekonstruieren. Mal läuft das Board problemlos über mehrere Stunden und dann wiederum stürzt es unvermittelt ab. Den betroffenen Händlern und Kunden bleibt zur Zeit jedoch nichts anderes übrig, als auf die gebotenen Hilfsmittel zurück zu greifen. Inzwischen es gibt für fast alle Mainboards auf den entsprechenden Homepages BIOS-Updates. VIA ist dabei, auf ihrer deutschen Seite unter www.viacyrix.de, Technical Support, diese als Link oder gar zum Download anzubieten. Für gezielte Fragen steht auch die Hotmail in Troisdorf unter support@via-cyrix.de zur Verfügung. Alle Mainboard-Hersteller, die VIAs Southbridge in ihren Produkten einsetzen, arbeiten zur Zeit fieberhaft an einer Lösung. Ein Mainboard-Hersteller hat beispielsweise die Versorgungsspannung für die I/O-Bausteine um 0,1 Volt angehoben. Danach soll der Fehler verschwunden gewesen sein. Ein anderer Hersteller betreibt den Baustein sowieso mit höherer Spannung und der Fehler tritt trotzdem auf. Alles in allem wird man auf die endgültige Lösung wohl noch warten müssen. Auf den entsprechenden Homepages der jeweiligen Hersteller finden sich fast immer Patches, die das Problem beheben sollen. Aber ohne Mitwirkung von VIA werden die Mainboard-Hersteller und deren Kunden im Regen stehen. Bleibt zu hoffen, dass VIA konsequent reagiert.

www.via-cyrix.de

ComputerPartner Meinung:

Der Fehler der Southbridge stellt ein ernst zu nehmendes Problem für VIA dar. Außerdem taucht er zu einem falschen Zeitpunkt auf. Denn nachdem die weit verbreitete Meinung, Intel würde stabiler laufen, fast entkräftet war, durfte dies nicht passieren. Liegt der Fehler aber im Baustein selbst (man denke nur an Intels Probleme mit dem MTH-Chip), wird es interessant zu beobachten, was VIA in diesem Fall machen will. Startet das Unternehmen eine Rückrufaktion wie seinerzeit Intel, oder belässt man es bei einem Patch, der die Geschwindigkeit des Systems herabsetzt? (tm/jh)