Die EU-Kommission hat sich für die Umsetzung ihrer Binnenmarktstrategie in ihrem Arbeitsprogramm 2017 das Ziel gesetzt, den Einsatz digitaler Technologien während des Lebenszyklus einer Gesellschaft zu fördern und grenzüberschreitende Mobilität zu erleichtern.
Bereits am 9. Juni 2017 ist mit BRIS (Business Registers Interconnection System) das System zur Verknüpfung der Unternehmensregister auf Europäischer Ebene online gegangen. Über BRIS sollen Informationen über Unternehmen abgefragt werden können, die in den Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Liechtenstein und Norwegen bei den jeweiligen Unternehmensregistern hinterlegt sind. Zudem sollen Informationen über ausländische Niederlassungen und länderübergreifende Fusionen ausgetauscht werden können.
System steckt noch in den Kinderschuhen
Das System steckt derzeit noch merklich in den Kinderschuhen. Noch nicht alle Mitgliedstaaten sind mit dem System verknüpft, Informationen zu Gesellschaften noch nicht vollständig abgeglichen (Sucht man beispielsweise nach einem großen deutschen Sportartikelhersteller, findet man lediglich dessen Tochtergesellschaften, nicht aber die Muttergesellschaft) und auch der Kauf von Registerdokumenten über BRIS wird derzeit noch nicht unterstützt, sodass man diese doch wieder über die nationalen Register beziehen muss. Wird das System jedoch weiter mit Informationen gefüllt, sollte es in Zukunft eine deutliche Hilfe bei der Recherche von EU-Unternehmen darstellen, zumal Sprachbarrieren von ausländischen Unternehmensregistern überwunden werden.
Für einen vertieften Binnenmarkt prüft die EU-Kommission derzeit zudem, wie digitale Technologien verstärkt im Lebenszyklus einer Gesellschaft, also von der Gründung bis zu ihrer Abwicklung, eingesetzt und grenzüberschreitende Unternehmensverschmelzungen und -spaltungen erleichtert werden können. Zu diesem Zweck führt die EU-Kommission noch bis zum 6. August 2017 öffentliche Konsultationen durch, bei denen unter anderem Themen wie Online-Gründung, Kommunikation zwischen Gesellschaft und Investoren, Abhaltung von Online-Gesellschafterversammlungen und grenzüberschreitende Umwandlungen behandelt werden.
Viele rechtliche Fragen offen
Gerade aus deutscher Sicht werden hier vielfache rechtliche Fragestellungen zu klären sein, wie nationale Regelungen und damit verbundene Schutzzwecke mit der digitalen Welt in Einklang gebracht werden können, z. B. das Erfordernis der notariellen Beurkundung bei der Gründung einer Gesellschaft wie bei Satzungsänderungen. Ebenso sind Eintragungen in öffentliche Register wie z. B. das Handelsregister nur aufgrund öffentlicher Urkunde möglich.
Weitere Fragestellungen kollisionsrechtlicher Art ergeben sich zudem im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Mobilität. Bislang sind lediglich grenzüberschreitende Verschmelzungen infolge europäischer Rechtsetzung gesetzlich geregelt. Grenzüberschreitende Formwechsel sind nach europäischer Rechtsprechung zwar anerkannt. Allerdings fehlt es noch an diesbezüglichen klaren Regelungen. Gleiches gilt für grenzüberschreitende Spaltungen.
Es bleibt somit abzuwarten, wie die EU-Kommission mit diesen rechtlichen Hürden umgehen wird. (oe)