Aufarbeitung der Insolvenz schreitet fort

Vermögen des Getgoods-Gründers wird beschlagnahmt

30.09.2014 von Matthias Hell
Auf Antrag einer Anlegervereinigung hat das Landgericht Frankfurt/Oder die Beschlagnahme des Vermögens von Getgoods-Gründer Markus Rockstädt-Mies angeordnet. Damit schreitet die Aufarbeitung der Insolvenz voran, jedoch gibt es inzwischen ein ganzes Bündel an Klagen.

Rund zehn Monate nach der Insolvenz des Online-Händlers Getgoods.de AG haben die 1. Zivilkammer und die 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt an der Oder in insgesamt drei Fällen den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen des Gründers und ehemaligen Vorstands des Unternehmens Markus Rockstädt-Mies angeordnet. Ein "dinglicher Arrest" ist die juristische Bezeichnung für eine Unternehmensbeschlagnahme, mit der z.B. in einem Insolvenzverfahren die Vollstreckung der Forderung der Anleger sichergestellt werden soll. Nicht zu verwechseln ist dieses Rechtsinstrument mit einem "persönlichen Arrest", der zum Einsatz kommt, wenn z.B. ein Schuldner Vermögensbestandteile im Ausland beiseiteschaffen will. Die Bewegungsfreiheit von Getgoods-Gründer Rockstädt-Mies ist im Rahmen der Aufarbeitung der Insolvenzsache weiterhin gegeben.

Nach einer Aufsehen erregenden Wachstums-Story meldete GetGoods im November 2013 Insolvenz an.
Foto: GetGoods

Allerdings laufen weitere Arrestanträge von Zeichnern der Getgoods-Mittelstandsanleihe, die durch die Insolvenz geschädigt wurden. Das teilt der Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V. (BSZ) in einer Pressemitteilung mit. Der Verein tritt in Insolvenzangelegenheiten auf den Plan, versucht geprellte Anleger zu Bündeln und lässt deren Interessen durch geeignete Fachanwälte vertreten. Im Fall von Getgoods ist das der Berliner Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Walter Späth. Trotz dem "sozialen" Namen ist die Arbeit des BSZ allerdings nicht ganz uneigennützig: Für den Beitritt zu einer Interessengemeinschaft geschädigter Anleger erhebt der Verein in der Regel eine "Schutzgebühr".

Neben den Arrestanträgen hat der vom BSZ beauftragte Fachanwalt zudem vor kurzem auch erste Schadensersatzklagen für die Anleger gegen den ehemaligen Vorstand der Getgoods.de AG vor dem Landgericht Frankfurt/Oder eingereicht. Wie der Verein mitteilt, hätten sich Anhaltspunkte für sogenannte Prospekthaftungsansprüche ergeben, da die Anleger im Getgoods-Verkaufsprospekt nach Ansicht von Anwalt Walter Späth nicht über alle wesentlichen relevanten Punkte informiert worden seien.

Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt weiter

Die von dem Berliner Fachanwalt eingereichten Klagen sind dabei nur Teil eines ganzen Klagebündels gegen den Getgoods-Gründer. Bereits kurz nach der Insolvenz hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder nach einer Anzeige des TK-Distributors Brightstar wegen eines angeblich unerlaubten Verkaufs von Waren in Millionenhöhe Ermittlungen aufgenommen. Zudem startete die Staatsanwaltschaft Potsdam im Gefolge der Insolvenz Ermittlungen wegen des Verdachts auf Insiderhandel.

"Dinglicher Arrest": Das Vermögen von Markus Rockstädt-Mies soll für die Vollstreckung der Forderung der Anleger herhalten.
Foto: GetGoods

Inzwischen wurden diese Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gebündelt. Wie ChannelPartner vom Sprecher der Staatsanwalt erfuhr, laufen dort noch weitere Verfahren, die teils von geprellten Anlegern eingeleitet wurden, aber auch von Kunden, die nach der Insolvenz leer ausgingen. Derzeit laufen gerade Zeugenvernehmungen in verschiedenen Angelegenheiten, wann es zu einer Entscheidung über mögliche Anlageerhebungen kommt, kann die Ermittlungsbehörde noch nicht sagen.

Nicht nur für die Opfer der Getgoods-Insolvenz, auch für Conrad Electronics und dessen Unternehmenstochter Get-it Quick dürfte die sich hinziehende Aufarbeitung der Getgoods-Pleite eine Belastung darstellen - wird der Onlineshop, der bereits seit Dezember 2013 zum Beteiligungsgeflecht der Conrad-Gruppe gehört, damit doch weiterhin mit der Insolvenz in Verbindung gebracht. Dabei hat sich Getgoods unter der Leitung des Get-it Quick-Geschäftführers Volker Oschkinat stabilisiert und rangierte mit dem Schwester-Shop Home of Hardware (HOH) sogar auf Platz 30 des diesjährigen Onlineshop-Umsatzrankings von EHI und Statista.

Die größten Pleiten in der ITK-Branche in den vergangenen Jahren
IDS Scheer Consulting (September 2014)
Das IT-Beratungshaus IDS Scheer Consulting, das erst im Juni von der Software AG an die Scheer Group verkauft wurde, steht vor der Insolvenz. Jeder vierte Mitarbeiter muss gehen.
Printer Care (Juli 2014)
Einer der wichtigsten Online-Händler für Drucker und Zubehör hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Claus Grünig glaubt aber fest an eine Zukunft von Printer Care.
mStore (Juli 2014)
Gegen den Apple-Händler mStore wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die zunächst angestrebte Sanierung in Eigenverantwortung ist damit gescheitert. Noch in dieser Woche sollen die meisten Filialen der Kette geschlossen werden.
Vitec (Juli 2014)
Der britische AV-Distributor Imago will alle Mitarbeiter des insolventen Multimediaspezialisten Vitec übernehmen. Die Geschäfte sollen unter Vitec-Gründer Dr. Wilhelm Mettner am Standort Mainz weitergeführt werden.
ACI Supplies (März 2014)
Die Telefone stehen still bei ACI Supplies in Ratingen. Grund: Die Unternehmensmutter ACI Adam BV mit Sitz in Maastricht, hat Insolvenz angemeldet. Der Distributor ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
DiTech (März 2014)
Mit weit über 100 Millionen Euro Umsatz ist der österreichische Multichannel-Händler DiTech alles andere als ein Leichtgewicht. Im März 2014 musste das Unternehmen ein Sanierungsverfahren zur Abwendung einer Insolvenz einleiten.
Getgoods (November 2013)
Nachdem sich die Hinweise auf eine bevorstehende Insolvenz des Elektronikversender Getgoods gehäuft hatten, hat das Unternehmen Mitte November seine Zahlungsunfähigkeit offiziell bestätigt. Der Geschäftsbetrieb soll allerdings aufrechterhalten werden.<br>
BHS Binkert (November 2013)
Der auf das Imaging-Segment spezialisierte Distributor BHS Binkert hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Wie es weitergeht, ist derzeit noch ungewiss.<br>
Loewe (Juli 2013)
Nur wenige Wochen vor der IFA in Berlin ist Aushängeschild der deutschen Fernsehproduktion, Loewe, in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten geraten: Um einer Insolvenz vorzubeugen, hat sich das Unternehmen nun für ein Schutzschirmverfahren entschlossen.<br>
Chips and More (Juli 2013)
Der Freiburger Distributor Chips and More musste im Sommer 2013 Insolvenz anmelden. Der Grossist war unter anderem durch seine Eigenmarke CnMemory bekannt.
Niedermeyer (Mai 2013)
Sanierungskosten von bis zu 10 Millionen Euro – so viel war auch dem deutschen Onlinehändler Cyberport sein österreichischer Partner im stationären Handel nicht wert: Die Investorensuche für die Elektronikkette Niedermeyer blieb erfolglos, die verbleibenden 45 Filialen des einst 98 Standorte starken Filialnetzes mussten schließen.
Devil und COS (April 2013)
Nachdem die Kreditversicherer sowohl für Devil als auch für COS die Limits gekürzt hatten, mussten die beiden Distributoren im April 2013 Insolvenz anmelden.<br> Sechs Wochen später war die Zukunft von COS in Pohlheim gesichert: Der Api-Konzern wird das Unternehmen unter dem Namen COS Computerhandels GmbH weiterführen. Und im Juli 2013 wurde bekannt, dass der polnische Distributor Action S.A. den Braunschweiger Grossisten Devil übernehmen wird.<br>
b.com (März 2013)
Der Kölner Distributor B.com musste beim Amtsgericht Köln einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Ein bereits erarbeiteter Sanierungs- und Restrukturierungsplan sollte an die neue Situation angepasst werden.<br> Kurz Zeit später wurde mit der Wortmann AG ein Retter gefunden.<br>
Jet Computer (März 2013)
Auch der Spezialdistributor Jet Computer Products war in finanzielle Schieflage geraten und musste beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Vertrieb und Support sollten zusammen mit den Herstellern aufrechterhalten werden.<br>
BT Kopier (Dezember 2012)
Nachdem Büroring angekündigt hat, sich aus dem übernahmegeschäft mit BT Kopier zurück zu ziehen, musste der Büromaschinenspezialist beim Amtsgericht Duisburg Insolvenz anmelden.<br>
H&S (Oktober 2012)
Im Oktober 2012 hatte die H & S Entwicklungsgesellschaft Nettetal GmbH vor dem Amtsgericht Krefeld Insolvenz angemeldet. Besser bekannt war die Firma allerdings unter dem vormaligen Namen Terratec. <br>
Neckermann (Juli 2012)
Während die Rettung von Neckermann scheiterte, gab es zumindest für einen durch die Insolvenz in Bedrängnis geratenen Partner-Shop eine neue Zukunft: Der zum Distributor Wave gehörende Elektronikversender Alternate wollte den Onlinehändler Styleon.de weiterführen.<br>
ADA – Das Systemhaus (März 2012)
Das zu diesem Zeitpunkt siebtgrößte Systemhaus Deutschlands musste im März 2012 Insolvenz anmelden. Zum 1. Juli 2012 übernahm Ricoh das operative Geschäft und machte ADA zu einer Business Unit.<br>
PC live (Januar 2012)
Das Peripherie-Label Typhoon schien dem kein Glück zu bringen: Mit PC live wurde schon die dritte Eigentümerfirma insolvent. <br>
Asdis Software (Juni 2010)
Auch Thomas Benz, Geschäftsführer des Systemhauses Asdis Software, musste im Juni 2010 den Gang zum Insolvenzverwalter antreten.<br>
RZNet (August 2009)
Mit Lothar Papenberg, Vorstand der RZNet AG, musste ein weiterer Systemhaus-Chef im August 2009 den Gang zum Insolvenzgericht antreten.<br>
TDMi (Juli 2009)
Deutschlands drittgrößtes Systemhaus, die TDMi-Gruppe, musste im Juli 2009 Insolvenz anmelden. Betroffen waren die TDMi-Tochter Comparex, die Muttergesellschaften TDMi Deutschland Holding GmbH und die TDMi AG.<br>
COS (Juli 2009)
Besonders wild ging es bei der COS-Pleite im Juli 2009 zu: Erst verkaufte Firmenmutter Tiscon den Distributor an den russischen Investor Green Gold, der COS wohl entgegen den getroffenen Absprachen in die Insolvenz schickte. Als rettender Engel für die COS erwies sich ausgerechnet der Braunschweiger Wettbewerber Devil.<br>
Trekstor (Juli 2009)
Im Juli 2009 mussten auch die Trekstor-Geschäftsführer Daniel und Shimon Szmigiel (Foto) Insolvenz anmelden.<br>
Tandberg Data (April 2009)
Weil der Speicherspezialist Tandberg Data Kredite an den Investor Cyrus Capital nicht zurückzahlen konnte, musste das Unternehmen im April 2009 Insolvenz anmelden. Im Zuge der Restrukturierung verließen Deutschland-Chef Frank Roszyk und eine ganze Reihe führender Manager das Unternehmen und gründeten den direkten Wettbewerber Actidata.<br>
Finanzielle Schieflage
Auf den nächsten Seiten gibt es eine Auflistung der wichtigsten ITK-Distributoren, -Systemhäuser, -Hersteller, und -Händler die in letzter Zeit Insolvenz anmelden mussten oder pleite gingen.<br>
Netsquare (Juli 2015)
Distributor und PC-Fertiger Netsquare ist zahlungsunfähig. Ob der Geschäftsbetrieb weitergehen kann, ist laut Insolvenzverwalter noch nicht absehbar.
Weltbild (Juli 2015)
Also will die aus der Insolvenzmasse der Weltbild erworbenen Logistikaktivität nicht mehr finanziell unterstützen. Damit droht in Augsburg die Insolvenz.
Atelco (Juli 2015)
Das Sparprogramm, das die Atelco-Gruppe nach anhaltenden Umsatzrückgängen und Verlusten eingeleitet hatte, ist gescheitert. Nachdem Investorengespräche nicht schnell genug abgeschlossen werden konnten, beantragte das Unternehmen im Juli 2015 die Insolvenz.