Für Manager von Projekten oder Linienorganisationen stellt die Verwirklichung der eigenen Projektziele innerhalb komplexer Organisationen eine ständige Herausforderung dar. Fast jedes Gespräch im beruflichen Alltag eines Projektmanagers hat die Umsetzung der eigenen Interessen und die gemeinsame Einigung zwischen den Geschäftspartnern zum Ziel und wird damit zur Verhandlung. Um in diesen Situationen erfolgreich zu agieren, bedarf es zweifellos einer professionellen Gesprächsführung. Daher zählt diese Fähigkeit inzwischen zu den unverzichtbaren Kernkompetenzen souveräner Führungskräfte. Schließlich hängt vom Erfolg der Verhandlungen letztlich der Erfolg des gesamten Projektes ab.
Typischerweise verhandeln Sie als Projektmanager mit den Stakeholdern oder Sponsoren, bei der Führung von Projektmitarbeitern aus dem eigenen oder aus anderen Fachbereichen, bei der Zusammenarbeit mit externen Lieferanten sowie bei der Durchsetzung Ihrer Ziele bei Ihrer Geschäftsleitung. Auch Sitzungen wie Steering Committees oder Jour-fix-Termine sind nicht unverbindliche Zusammentreffen, auch hier werden Verhandlungen geführt, und zwar oft mit erfahrenen Managern, die selbst über ausgezeichnete rhetorische und kommunikative Fähigkeiten verfügen. Da in Verhandlungen nicht selten ganz unterschiedliche Interessenlagen aufeinander treffen und dennoch eine Einigung erzielt werden muss, entstehen stets sehr komplexe Gesprächssituationen. Um das Gegenüber hier für die "eigene Sache" gewinnen und von der eigenen Position überzeugen zu können, sind daher hervorragende kommunikative Fähigkeiten unbedingt erforderlich.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie sich richtig auf Verhandlungsgespräche vorbereiten und auf Ihre (Verhandlungs-)Partner angemessen eingehen, um effizient und souverän eine Einigung im Sinne Ihrer Projektziele erreichen zu können.
Bereiten Sie sich gut vor
Der erste Schritt zu einer gelungenen Verhandlung ist die richtige Vorbereitung. Machen Sie sich Gedanken zum möglichen Ablauf des Gesprächs. Welche Interessen, Standpunkte und Positionen kann Ihr Gegenüber haben? Wie stehen die Interessenlagen verschiedener Personen zueinander und welche Auswirkung wird dies voraussichtlich für Ihr Projekt haben?
Nutzen Sie für die Systematisierung Ihrer Überlegungen Hilfsmittel, die Ihnen die Übersicht vereinfachen. Eine bewährte Vorgehensweise ist beispielsweise die Skizzierung der Gesprächssituation in Form eines Mindmaps.
Es ist es darüber hinaus unerlässlich, wichtige Rahmenbedingungen der Verhandlung bereits im Vorfeld zu klären. Dabei stellt sich zuerst die grundsätzliche Frage: Sollen Verhandlungen überhaupt aufgenommen werden? Die Frage ist keineswegs profan, denn aus einer Verhandlung können sich unter Umständen schwerwiegende Konsequenzen ergeben. Welche Folgen ergeben sich zum Beispiel, wenn es zu keiner Einigung kommen sollte? Sind diese Folgen vertretbar? Ist es denkbar, dass der Verhandlungspartner sich nach einer gescheiterten Verhandlung möglicherweise aus dem Projekt zurückzieht? Und sind Sie selbst zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt ausreichend gewappnet für eine Verhandlung? Oder steht zu befürchten, dass Sie zu große Zugeständnisse machen müssten, wenn Sie sich zu diesem Zeitpunkt auf eine Verhandlung einließen?
Oder denken Sie beispielsweise an die Situation, wenn ein kleineres Unternehmen die Möglichkeit erhält, mit einem Großunternehmen über einen Auftrag mit bisher ungekannten Dimensionen zu verhandeln. Hier muss sehr genau überlegt werden, ob die Ergebnisse der Verhandlung für das kleine Unternehmen überhaupt umsetzbar sind. Manch ein ungeschulter Manager lässt sich vorschnell auf Vereinbarungen ein, wenn ein großer Auftrag lockt, ohne im Detail abzuschätzen, ob eine Umsetzung der Verhandlungsergebnisse mit den Kapazitäten des eigenen Unternehmens überhaupt in der vereinbarten Zeit zu realisieren ist. Sind Vereinbarungen jedoch erst einmal vertraglich fixiert und unterschrieben, ist ein späterer Rückzieher nicht mehr möglich.
Zudem gibt es auch Fälle, in denen Verhandlungen einfach keinen Sinn machen, weil bestimmte unveränderliche Bedingungen Voraussetzung für die Zusammenarbeit sind, die für das eigene Projekt oder Unternehmen jedoch von Nachteil oder nicht zu realisieren sind. Beispiel dafür sind Bedingungen von großen Unternehmen für die Zusammenarbeit mit Lieferanten. Hier gibt es für den neuen Lieferanten oft keinen Spielraum für die Einbringung eigener Bedingungen, sondern nur die Wahl zwischen Akzeptieren oder Ablehnen.
Deshalb kann es nach einem Gegenüberstellen von Pro und Contra manchmal sogar die weitsichtigere Entscheidung sein, sich auf eine Verhandlung erst gar nicht einzulassen. In allen Fällen ist daher ein sehr sorgfältiges Abwägen angezeigt, ob eine Verhandlung überhaupt aufgenommen werden sollte.
Neben diesen grundsätzlichen Aspekten sind im Vorfeld noch weitere Punkte zu klären.
Stellen Sie sich dazu die folgenden Fragen:
Worüber wird überhaupt verhandelt und worüber nicht? Bei einigen Verhandlungen sind die Grenzen klar abgesteckt, bei anderen bestehen größere Spielräume. Auch das gemeinsame Verhandlungsziel (beispielsweise die Auftragsvergabe und Konditionen der Abwicklung) kann sehr genau spezifiziert sein oder auch vorerst offen bleiben.
Wer verhandelt für die jeweiligen Parteien? Jede Partei wird versuchen, einen qualifizierten und geeigneten Vertreter für seine Interessen ins Rennen zu schicken. Hierfür sind nicht nur Vorüberlegungen notwendig, wer die Interessen auf der eigenen Seite am besten vertreten kann, sondern auch, welches der oder die Gegenspieler in der Verhandlung werden. Zuweilen ist es notwendig, dass mehrere Personen an der Verhandlung teilnehmen, zum Beispiel wenn eine Entscheidung die Vollmacht mehrerer Handlungsbefugter benötigt oder das Fachwissen verschiedener Projektbereiche für die Verhandlung gebraucht wird.
Welche Kompetenzen, Befugnisse und Vollmachten haben die Personen, die an der Verhandlung teilnehmen? Weil in Verhandlungen Entscheidungen von teilweise erheblicher Tragweite getroffen werden, muss mit dem Programm-Managern, den Bereichsverantwortlichen oder beteiligten Führungskräften geklärt sein, ob und an welcher Stelle die Befugnisse enden. Zu geringe Kompetenzen erschweren dabei den Standpunkt in der Verhandlung und engen hinsichtlich der Spielräume ein; bei außerordentlich großen Vollmachten muss man sich im Klaren sein, dass diese unter Umständen auch tatsächlich eingesetzt werden und dann verantwortet werden müssen.
Worüber besteht bereits im Vorfeld Einigkeit, und an welcher Stelle sind Differenzen zu erwarten? Unstrittige Punkte brauchen nicht verhandelt zu werden, Problembereiche werden dagegen besonders sorgfältig in die Verhandlungsvorbereitung einfließen.
Welche Konzessionen können gemacht werden, welche nicht? Hier müssen die Vertreter der Parteien wissen, wie weit sie gehen können. Solche Aspekte erfordern sorgfältige Überlegungen im Vorfeld und betreffen Fragen wie zum Beispiel: Was und wie viel kann bis zu welchem Zeitpunkt geliefert werden? Und zu welchen Preisen? Wie viele Arbeitskräfte stehen zur Verfügung? Können die eigenen Zulieferer die Materiallieferungen in ausreichendem Maße erhöhen?
Was passiert nach der Verhandlung? Wer gestaltet ggf. erforderliche Verträge? Was genau wird hier fixiert? Außerdem können Nachverhandlungen erforderlich werden. Derartige Vorüberlegungen sind absolut notwendig, damit nicht erst in der Verhandlung Fragen von essentieller Bedeutung auftreten.
Gute Verhandlungen brauchen klare Zielstellungen
Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt für gelungene Verhandlungen ist die größtmögliche Klarheit hinsichtlich der eigenen Zielsetzungen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass Sie Ziele nicht mit Positionen verwechseln. Um Ziele lässt sich verhandeln, um starre Positionen jedoch nicht - diese können lediglich akzeptiert oder abgelehnt werden. Für gelungene Verhandlungen ist ein möglichst breiter Verhandlungsspielraum unerlässlich. Starre Positionen führen dagegen dazu, dass Wege zum Erreichen der gemeinsamen Ziele oftmals nicht mehr erkannt werden, weil man sich auf einem zu engen Terrain bewegt.
Dennoch ist es von großer Bedeutung, dass Sie Ihre Ziele so konkret wie möglich formulieren. Wenn Sie vor einer Verhandlung sagen: "Wir wollen das Bestmögliche herausholen!", hört sich das zunächst zwar schön an, doch ein konkretes Verhandlungsziel haben Sie damit noch nicht aufgestellt: Es kann alles oder nichts sein. Mit einer solchen Aussage entstehen Gefahren, die sich ganz gegensätzlich äußern können: Das Verhandlungsziel wird entweder viel zu hoch angesiedelt oder es wird kein vernünftiges Limit nach unten gesetzt. Beides sollte unter allen Umständen vermieden werden.
Beispiele für klar formulierte Ziele:
Wir wollen bis zum 31. März vier neue Produktversionen mit höchster Qualität produzieren. Das Verhandlungsziel ist die gemeinsame Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für den Produktionsstart am 01. März laut vorliegender Checkliste.
Ziel der Verhandlung mit der Geschäftsführung ist die Einstellung von 40 neuen Mitarbeitern zur Fertigungsunterstützung unter Berücksichtigung der Produktionsrichtlinien, die in Einvernehmen mit den Vereinbarungen des Unternehmens mit dem Betriebsrat hinsichtlich des Sozialabbaus stehen.
Ziel der Verhandlung mit dem externen Lieferanten ist die Senkung der Bezugspreise um mindestens 5 Prozent bei gleichzeitiger Anhebung der Bezugsmenge.
Überzogene Ziele, die mehr auf Wunschdenken als auf realistischen Chancen beruhen, sind immer überaus kontraproduktiv. Man vergisst dabei schnell, dass die Verhandlungspartner einen genau gegensätzlichen Standpunkt einnehmen werden. Damit sind dann Konflikte und negative Emotionen programmiert. Zudem werden übersteigerte Zielsetzungen oft schon zu Beginn einer Verhandlung auf den Boden der Tatsachen zurückgeführt. Und wenn Sie dann schließlich erkennen, dass die Ziele zu hoch gegriffen sind, ist damit manchmal schon der Einstieg in die Verhandlung verpatzt. Nur selten stellen sich Erfolge ein, wenn man in der Verhandlung direkt aufs Ganze geht und zu hoch pokert.
Für die Obergrenze von Zielsetzungen lassen sich keine pauschalen Richtwerte angeben, hier sind immer Fingerspitzengefühl, Branchenkenntnisse und auch Erfahrungswerte gefragt. Im Zweifelsfalle sollte man sich hier ruhig einmal den Rat eines erfahrenen Kollegen und der Team-Mitglieder einholen. Denn das Risiko, dass ein Verpassen extrem hoher Ziele in einer totalen Niederlage endet, ist ziemlich hoch. Doch auch der Versuch, ein Verhandlungsziel um jeden Preis zu erreichen, ist oft ein zu hoher Preis. Daher muss auch präzise kalkuliert sein, in welchem Rahmen ein Entgegenkommen überhaupt noch lukrativ ist und an welcher Stelle weitere Zugeständnisse nicht mehr möglich sind. Erstellen Sie sich dafür ein Excel Sheet, und kalkulieren Sie alle Parameter, die Sie auch mit potenziellen Partnern im Vorfeld schon konkretisieren können. Daraus lässt sich dann ablesen, wie weit Sie dem Verhandlungspartner entgegenkommen können, ohne ein Verlustgeschäft zu machen.
Derlei Überlegungen gehören eindeutig in die Planungs- und Vorbereitungsphase von Verhandlungen. Denn das Fehlen konkreter und realistischer Ziele kann dazu führen, dass Sie einem Partner mit klarer Zielsetzung vollkommen ausgeliefert sind. Improvisierte Zieldefinitionen in der Verhandlung (nach dem Motto "Ich weiß schon, wie weit ich gehen kann.") kommen einem Glücksspiel gleich. Wenn Sie also nicht genau wissen, ob 10.000 oder 100.000 Stückzahlen bis zum Liefertermin möglich sind, rechnen Sie sich dies mit den erprobten Werkzeugen aus dem Projektmanagement im Vorfeld aus, und gehen Sie mit diesen konkreten Zielen in die Verhandlung. Sonst kann es passieren, dass Sie Zusagen machen, die Sie später unmöglich einhalten können, worunter sowohl Ihr Projekt als auch Ihr persönliches Ansehen sehr stark leiden würden. Und man wird Ihren zukünftigen "Schätzungen" dann kaum noch Glauben schenken.
Auch die Festlegung auf ein einziges Ziel kann in einer Verhandlung unter Umständen zu Problemen führen. Denn nicht selten verengt ein "Alles-oder-nichts-Ziel" den erforderlichen Verhandlungsspielraum, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden kann. Wenn es lediglich um die Durchsetzung eines Zieles geht, entbrennt folglich ein besonders heftiger Kampf. Alle Energien konzentrieren sich auf das eine Ziel, das es auf Biegen und Brechen zu erreichen gilt. Ein Ausweichen auf andere Themen ist dann nicht möglich, wobei genau dadurch eine Entschärfung erreicht werden würde. Für jede Verhandlung sollten Sie sich deshalb unbedingt mehrere Alternativziele überlegen, auf die Sie ausweichen können, falls das Primärziel nicht erreicht werden kann.
Fragen Sie sich also:
Welches ist mein Hauptziel?
Welche Alternativziele habe ich?
Welches ist das beste Alternativziel?
Welches Alternativziel markiert die "Schmerzgrenze"?
Was kann zusätzlich erreicht werden?
Beispiele für Alternativziele:
Sie verhandeln über die Konditionen eines neuen Auftrages und versuchen parallel die Lieferbedingungen bereits erhaltener Aufträge zu verbessern.
Sie wollen einen höheren Preis erzielen, können alternativ eine Erhöhung des Auftragsvolumens anbieten.
Suchen Sie immer nach möglichst vielen Zielen, um Ihren Verhandlungsspielraum zu vergrößern. Oft lässt sich ein Primärziel auch in mehrere Teilziele dividieren. Auch die Erweiterung der Perspektive auf langfristige Zielsetzungen eröffnet meistens Möglichkeiten, um zusätzliche sinnvolle Ziele zu finden. Natürlich gilt Ihr vornehmliches Interesse weiterhin dem Erreichen des Hauptziels. Nur müssen Sie sich nicht mehr darauf versteifen und sich damit selbst einengen. Sie können taktisch manövrieren und situativ entscheiden, wann ein Ausweichmanöver angezeigt ist. Ihr Verhandlungsspielraum ergibt sich dabei aus der Differenz von Haupt- und Alternativzielen. Zugeständnisse bei Nebenzielen signalisieren dem Verhandlungspartner außerdem eine generelle Verhandlungsbereitschaft, sie zeigen Beweglichkeit und stärken dadurch die Ausgangslage zum Erreichen des Hauptziels.
Praxistipp:
Insbesondere Ihr Hauptziel muss genauestens definiert werden und sollte zudem messbar und kontrollierbar sein! Sie müssen den Punkt kennen, an dem ein solches Ziel erreicht ist und wo noch nicht. (Kalkulation von Kenngrößen, Aufwandsschätzungen, Erfahrungswerte).
Führen Sie keine Verhandlung, ohne zuvor die Ziele genau definiert und entsprechende Argumente gesammelt zu haben, die diese Ziele unterstützen! Denn erst auf einer klaren Definition aller Ziele kann sich eine souveräne und wirkungsvolle Argumentation aufbauen. Gut durchdachte Zielsetzungen sind der rote Faden, der Ihnen in Verhandlungen Sicherheit gibt und Sie vor unerfreulichen Überraschungen schützt.
Die Verhandlung "führen"
Verhandlungen sind immer auch ein taktischer Prozess. Es wird um Positionen gefeilscht, wobei jeder auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und möglichst wenig Zugeständnisse machen will. Aus diesem Grund wird auch kaum ein Verhandlungspartner seine Karten von Anfang an offen auf den Tisch legen. Wenn alles gut läuft, wird man sich schließlich entgegenkommen und eine für alle Seiten tragbare Übereinkunft finden. Im Optimalfall wird ein Abschluss gefunden, der für alle Beteiligten einen Vorteil darstellt. Manchmal kann auch ein Ergebnis herauskommen, das eine oder sogar beide Parteien nur zähneknirschend akzeptieren können. Es verlaufen also längst nicht alle Verhandlungen völlig reibungslos, schließlich steht oft nicht wenig auf dem Spiel. Wenn die Vorstellungen der Verhandlungsparteien zu stark voneinander abweichen, kann es schwierig werden, eine Einigung zu finden, insbesondere dann, wenn die Parteien unnachgiebig auf Positionen beharren.
Weil eine festgefahrene, abgebrochene und ergebnislose Verhandlung nun für alle unbefriedigend ist, sind die Verhandlungspartner bemüht, sich an die Positionen des anderen langsam heranzutasten. Ein Scheitern von Verhandlungen stellt immer eine Belastung dar und ist (von sehr spezifischen Fällen abgesehen) fast nie ein Schritt zur Erreichung der eigenen Zielsetzungen.
Grundfaktoren einer gelungenen Verhandlung:
Eine Übereinkunft soll zustande kommen, sofern nicht tatsächlich unüberwindbare Hindernisse auftreten.
Mit dem Verhandlungsergebnis soll sich das Verhältnis zwischen den Parteien verbessern. Das Ergebnis darf die Beziehung zumindest nicht belasten.
Die Übereinkunft soll praktikabel und effizient sein. Der Verhandlungsaufwand muss im Verhältnis zum Ergebnis stehen, und dieses muss auch in der Praxis umsetzbar sein. Hierbei sollten die Interessenlagen aller Parteien im höchstmöglichen Maß erfüllt sein und bei Interessenkonflikten zu einer gerechten Lösung führen. Neben den Interessen der unmittelbar an der Verhandlung Beteiligten gilt es zudem, die Interessen der mittelbar von den Ergebnissen Betroffenen zu berücksichtigen.
Nur wenn die beteiligten Parteien sich über diese Punkte einig sind, kann eine Verhandlung überhaupt erfolgreich verlaufen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt sind, arten Verhandlungen oft in ein Tauziehen um Positionen aus. Gerade harte Verhandlungspartner rühmen sich zuweilen mit der eisernen Unverrückbarkeit der eigenen Positionen. Hierdurch wird in erster Linie jedoch nur erreicht, dass man sich in den eigenen Positionen verfängt. Ein Ergebnis wird nicht erzielt, und man hat wertvolle Zeit und Ressourcen verbraucht, ohne dem Ziel ein Stück nähergekommen zu sein. Oft hat man sich sogar noch mehr davon entfernt, weil sich die "Fronten verhärtet" haben.
Verhandlungen, die lediglich Spielraum für ein Ja oder ein Nein lassen, führen oft zu keinen konstruktiven Ergebnissen. Hier wird nicht mehr verhandelt, sondern nur noch zugestimmt oder abgelehnt. Auch wenn Sie von einem Gesprächspartner in einer Verhandlung ein Ja erhalten, bedeutet dies dann nicht unbedingt, dass diese Position im Nachgang auch bestätigt wird und sich der Partner wirklich an die Vereinbarung hält. Gerade Führungskräfte, die mit sehr dominanten Methoden von ihren Partnern ein Ja für die eigene Sache erzwingen, machen oft die Erfahrung, dass die nachgelagerte Umsetzung nicht den vereinbarten Parametern entspricht. Auch leidet langfristig häufig die Geschäftsbeziehung, wenn Verhandlungen mit dem Sieg der einen und der kompletten Niederlagen der anderen Partei ausgehen. Hier zieht sich der Unterlegene dann häufig für immer zurück.
Außerdem werden als nichtverhandelbar deklarierte Positionen schnell mit der eigenen Person, dem Ego, verwoben: Man will mit seiner starren Haltung nicht mehr nur die Position, sondern vor allem sich selbst durchsetzen. Ein Abweichen von einer einmal proklamierten Haltung wird dann mit einem Gesichtsverlust gleichgesetzt, und einen solchen will jede Partei selbstverständlich vermeiden. Wenn sich der Fokus damit auf die Positionen konzentriert, wird zugleich ein Vordringen zu den tatsächlichen und dahinter liegenden Problemen verhindert. Das kontinuierliche Tauziehen um allzu starre Positionen kostet immer viel Zeit und Kraft und sabotiert eine rasche Einigung. Wenn hier zwei gleichermaßen unbewegliche Parteien aufeinander treffen, rückt eine Konsensfindung oft in weite Ferne.
Es empfiehlt sich daher, stets integrativ und konstruktiv auf die Gesprächspartner einzugehen, damit diese tatsächlich davon überzeugt sind, dass der vereinbarte gemeinsame Weg für sie alle Beteiligten von Vorteil ist. Es geht also auch in Verhandlungen um eine klassische Win-win-Situation, die dazu führt, dass beide Seiten an einer dauerhaften Geschäftsbeziehung Interesse entwickeln.
Verhandeln - nicht auf Kosten der Beziehung
Die Kunst der Verhandlung liegt also darin, die eigene Zielsetzung zu erreichen, ohne dabei die Beziehung zum Verhandlungspartner zu gefährden. Dies kann nur gelingen, wenn sich die Verhandlungspartner auf die gemeinsamen Interessen konzentrieren und dafür weniger auf gegensätzliche Positionen. Da die persönlichen Interessenlagen selten offen genannt werden, empfiehlt es sich, so zu argumentieren, dass der Partner aus der Argumentation ableiten kann, welche persönlichen Ziele mit der Vorgehensweise erreicht werden können und wo seine eigenen Vorteile an der Einigung liegen. Verhandlungsergebnisse sind nun einmal nur dauerhaft tragfähig, wenn sie auch von allen Beteiligten getragen werden (können) und nicht auf Kosten einer unterlegenen Partei zustande gekommen sind. Und dass vereinbarte Lösungen nachhaltig Gültigkeit haben, liegt ganz natürlich in Ihrem eigenen Interesse, weshalb unfaire Methoden, die auf die Durchsetzung der eigenen Position um jeden Preis zielen, sich von allein ausschließen, da sie eine erfolgreiche Einigung für beide Seiten unmöglich machen.
Wenn Sie nun Ihrerseits auf einen harten und unnachgiebigen Verhandlungspartner treffen, ist insbesondere die treffsichere Argumentation zum Vorteil der Person und ein besonderes Verständnis für die Position des Gegenübers sinnvoll. Es gilt weniger die eigene Zielsetzung zu modifizieren, als vielmehr den Gesprächspartner davon zu überzeugen, dass der vorgeschlagene Weg seinen persönlichen Interessen dient.
Praxistipp:
Sie können sich und Ihrem Partner die Verhandlung erleichtern, wenn Sie immer berücksichtigen, dass Sie es in Verhandlungen nicht nur mit klärungsbedürftigen Sachverhalten zu tun haben, sondern immer und vor allem auch mit Menschen. Hieraus ergeben sich zwei Ebenen, die wir getrennt voneinander behandeln sollten, zum einen den Verhandlungsgegenstand (die Sache) und zum anderen die persönliche Beziehung (den Menschen). Das Lösen der Probleme auf sachlicher Ebene stärkt dabei in der Regel auch die Beziehungsebene - und umgekehrt. Wenn Sie die Beziehungsebene günstig beeinflussen, indem Sie Ihrem Gegenüber mit Respekt, Interesse und persönlicher Wertschätzung begegnen (unabhängig davon, wie weit Ihre Verhandlungspositionen auseinander liegen), werden Sie auch schneller und einfacher tragfähige Vereinbarungen finden.
Eine gute zwischenmenschliche Beziehung ist auch in Verhandlungen die beste Basis, um die unterschiedlichen Interessen auszugleichen und so Entscheidungsalternativen unter neutralen Beurteilungskriterien zu ermöglichen, die der Lösung der Sachfragen dienen und nicht die Stärke der Verhandlungspartner demonstrieren sollen. Dafür ist es notwendig, sich in der Verhandlung von einengenden starren Positionen zu trennen und stattdessen den Blick für die beeinflussenden Parameter wie Beziehung, Verhandlungsgegenstand, Rahmenbedingungen, Interessenlagen, Positionen sowie die persönlichen Ziele der Beteiligten zu schärfen. Ihr Ziel bleibt eine erfolgreiche Verhandlung, die für alle Beteiligten positive Ergebnisse erwirken kann.
In allen Verhandlungen treffen unterschiedliche Standpunkte aufeinander, was selbst dann nicht ausbleibt, wenn Sie sich auf die gemeinsamen Interessen konzentrieren. Und wo verschiedene Standpunkte aufeinandertreffen, entwickeln sich schnell Kontroversen, die zur Belastung der Beziehungsebene werden und somit den Erfolg einer Verhandlung gefährden können.
Wichtige Tipps, damit Sie die Beziehungsebene nicht unnötig belasten:
Versuchen Sie, alle Probleme auch aus der Perspektive Ihres Verhandlungspartners zu betrachten.
Oft ist es ratsam, weniger selbst zu reden und dafür mehr zuzuhören sowie Fragen zu stellen, um damit das Geschehen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Wenn Sie beispielsweise nach den finanziellen Vorstellungen Ihres Gegenübers fragen, können Sie das Gespräch damit gut auf den Kostenvorteil lenken, den Sie bieten.
Manchmal ist es durchaus sinnvoll, schweigen zu können, anstatt aus Prinzip dagegenzuhalten, so entstehen Pausen, die Zeit zum Nachdenken und Formulieren der eigenen Gedanken ermöglichen. Auch hat Ihr Gegenüber so die Möglichkeit, seine Ausführungen näher zu erläutern, was Ihnen selbst oft weitere und gute Ansatzpunkte für Ihre Argumente verschafft.
Nehmen Sie Einwände vorweg, bevor Ihr Gegenüber die Schwachpunkte aufdeckt. Wer sein Gegenüber aufmerksam beobachtet, kann meistens schon anhand von Mimik und Gestik erkennen, dass dem Partner ein Einwand schon auf der Zunge liegt. Ein Beispiel dafür: "Herr Meier, ich habe das Gefühl, diese Vorgehensweise entspricht nicht Ihren Vorstellungen, liege ich damit richtig? Wo sehen Sie Punkte, die ergänzt werden sollten?" Sie demonstrieren damit, dass Sie die Interessen Ihres Gegenübers ernst nehmen und gemeinsam mit ihm eine Lösung finden wollen.
Betonen Sie immer wieder Gemeinsamkeiten wie "gemeinsame Zielerreichung", "unsere Produktionsergebnisse" usw.
Wenn Sie einen Schritt weitergekommen sind, halten Sie den Teilerfolg in einem Zwischenresümee fest, damit dieser Punkt später nicht noch einmal diskutiert werden muss.
Nageln Sie Ihr Gegenüber nicht auf bestimmte Äußerungen fest, lassen Sie ihm immer taktvolle Rückzugsmöglichkeiten. Halten Sie ihm also nicht seine früheren Bemerkungen vor, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt etwas anderes einräumt, bloß um ihm seine Verhandlungsschwäche unter die Nase zu reiben.
Mehrere kleine Zugeständnisse sind eine gute Strategie, um einen entscheidenden Vorstoß einzuleiten.
Beginnen Sie nicht sofort mit dem stärksten Argument, jedoch auch nicht mit einem sehr schwachen. Achten Sie darauf, dass Sie Ihr Pulver nicht zu früh verschießen, behalten Sie Reserven. Verwenden Sie nur Argumente, die aus der Perspektive Ihrer Verhandlungspartner Überzeugungskraft besitzen. Beginnen Sie mit den soliden und unzweifelhaften Argumenten, um so eine gute Grundlage für die Verteidigung der etwas schwächeren Argumente zu legen. Zum Schluss sollten Sie Ihre stärksten und beeindruckendsten Argumente anführen, damit Sie die beste Ausgangslage für die Diskussion erreichen.
Wenn Sie auf persönlicher Ebene angegriffen werden, leiten Sie niemals (aus Rache) einen Gegenangriff ein. Der Angriff des Gegenübers geht ins Leere, wenn Sie ihn nicht mit einem Gegenangriff vergelten. Sachliche Angriffe sind letztlich keine Angriffe, da sie immer Argumente sind, mit denen Sie sich sachlich auseinandersetzen können. Persönliche Angriffe hingegen sollten Sie souverän übergehen oder bei echten Beleidigungen höflich anmerken, dass Sie sich auf diese Art der Auseinandersetzung nicht einlassen möchten. Versuchen Sie immer, die Diskussion wieder auf die Sachebene zu führen.
Kontrollieren Sie vor allem das eigene Verhalten, nicht das Verhalten des Partners.
Vermeiden Sie alle überflüssigen Diskussionen, am einfachsten geht das, indem Sie aussprechen, dass dieser Punkt nicht zur sachlichen Auseinandersetzung gehört und daher überflüssig ist.
Beschränken Sie sich auf die wesentlichen Aspekte.
Gehen Sie in Ihrer Argumentation Schritt für Schritt vor und keinesfalls in größeren nicht nachvollziehbaren Sprüngen.
Zeigen Sie sich in unwesentlichen Punkten nachgiebig.
Bleiben Sie hart in der Sache, wenn es nötig ist, jedoch immer fair gegenüber den Menschen. Respekt und persönliche Wertschätzung des Gegenübers und der konsequente Verzicht auf persönliche Angriffe sind hier die besten Mittel.
Lassen Sie sich niemals provozieren. Bleiben Sie ruhig, wenn Ihr Gegenüber versucht, Sie zu provozieren, damit die Emotionen nicht hochkochen, und sprechen Sie die Provokation offen an. Bringen Sie auch hier das Gespräch wieder auf die Sache zurück.
Vermeiden Sie alle Übertreibungen, da diese die Emotionen unnötig anheizen und oft zu heftigen Widersprüchen anregen.
Sprechen Sie in kurzen, prägnanten Sätzen und verzichten Sie auf kategorische Aussagen ("Das ist so, und nicht anders!"), um heftige Gegenreaktionen zu vermeiden, die das Gesprächsklima belasten würden.
Halten Sie sich Verhandlungsmöglichkeiten für die Zukunft offen, auch wenn die Verhandlung im Moment für Sie unbefriedigend verläuft. Die beste Voraussetzung dafür ist auch hier die Aufrechterhaltung einer konstruktiven Einstellung zur Verhandlung und zum Gesprächspartner.
Fazit: Aus dem Vorangegangenen wird bereits ersichtlich, dass es in Verhandlungen nicht darum geht, die eigenen Positionen und Interessen, mit welchen Methoden auch immer, durchzuboxen. Der Verlauf einer Verhandlung mitsamt den dabei gefundenen Lösungen und getroffenen Entscheidungen bildet immer auch einen neuen Ausgangspunkt für die Beziehung der Verhandlungspartner. Ihr Partner wird Sie daran messen, wie Sie sich ihm gegenüber in der Verhandlung präsentiert haben. Denn erst hier zeigt sich, ob die Geschäftspartner zu einer dauerhaften Beziehung fähig sind und ob von einer konstruktiven Zusammenarbeit gesprochen werden kann. Ihr Auftreten, das Bemühen, für beide Seiten vorteilhafte Lösungen zu finden sowie die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit Ihrer Aussagen werden hier einer genauen Prüfung unterzogen. Dies lässt letztlich keinen Platz für brachiale Verhandlungsmethoden, mit denen eine gute Beziehung aufs Spiel gesetzt wird. Denn Sie wollen nicht den einmaligen und nur vordergründigen Verhandlungserfolg, sondern den Grundstein für eine möglichst langfristige und befriedigende Zusammenarbeit legen. Eine gelungene Verhandlung ist demnach eine Verhandlung, die zum beiderseitigen Vorteil verlaufen ist.
Der Autor: Stéphane Etrillard ist Gründer und Inhaber des Management Institute SECS, Düsseldorf, das zu den führenden Trainingsinstituten im Bereich Persönlichkeitsentwicklung sowie Management- und Vertriebsqualifikation, zählt. Er ist Autor von über 20 Büchern und Audio-Coaching-Programmen. Kontakt und weitere Informationen: E-Mail: info@etrillard.com, Tel: 0211/757 07 40, Internet: www.etrillard.com (mf)