Sparen Sie sich den Ärger

Verhandeln Sie schon oder prozessieren Sie noch?

27.03.2008
Warum Mediation in den meisten Streitfällen das bessere Verfahren ist, erklärt Rechtsanwalt Dr.Dietrich Pielsticker.

Erinnern Sie sich gern an Ihren letzten Rechtsstreit? Wahrscheinlich nicht, denn er hat Sie Zeit, Geld und Nerven gekostet. Eine Geschäftsbeziehung wurde zerstört. Das Urteil betraf eine gegenwärtige Situation. Die Zukunft ihres Unternehmens hingegen blieb ungeklärt.

Mediation wurde erdacht, um negative Erfahrungen dieser Art zu vermeiden. Am Beginn des Verfahrens steht ein Konflikt, der im Laufe der Verhandlungen zur Basis einer neuen Situation wird, von der alle Beteiligten profitieren.

Ein Beispiel: Der Unternehmer Print soll in China eine neue Druckerei errichten. Die Zeit drängt. Termine mit den chinesischen Partnern stehen an, doch der Automatenhersteller Speed hat noch nicht geliefert, obwohl Print die bestellten Automaten bereits mit fünf Millionen angezahlt hat.

"Die fünf Millionen waren doch lediglich für ergänzende Aufträge gedacht", behauptet Speed. Er erwartet von seinem Auftraggeber Print weitere drei Millionen, bevor er liefert.

Print hätte gute Aussichten, einen Prozess gegen Speed zu gewinnen, denn der Automatenproduzent handelt gegen die Vereinbarung. Aber ein Prozess kostet Geld und raubt Zeit. Der lukrative Auftrag in China droht zu platzen, selbst wenn Print jetzt zu Speeds Konkurrenten Tempo wechseln würde.

Prints Anwalt rät zu einem Mediationsverfahren, um die Zusammenarbeit von Print und Speed zu retten und damit beide Unternehmen an dem chinesischen Auftrag bleiben können.

Gemeinsam mit ihren Anwälten und dem Projektleiter führen die beiden Geschäftsführer unter Anleitung des Mediators Vorgespräche, um Themen und Probleme herauszuarbeiten.

Anders als bei der Gerichtsverhandlung werden bei der Mediation nicht die Positionen der Parteien thematisiert, sondern deren Interessen. Indem jeder offen seine Interessen und Probleme schildert, entsteht bei der Gegenseite Verständnis. Das Verständnis für die Situation des anderen führt zur Bereitschaft, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Der Mediator ergreift in diesem Prozess für keine Seite Partei, doch er gibt entscheidende Impulse für den Verlauf der Verhandlung, indem er die Lösungsansätze aus den Gesprächen filtert, hinterfragt und zusammenfasst. Die Lösung zu finden ist allein Aufgabe der streitenden Parteien.

Print und Speed haben nur einen Tag Zeit für die Verhandlung. In dieser kurzen Frist gibt es niemanden, der für sie Recht spricht und ein Urteil fällt. Allein von ihrer eigenen Kreativität hängt es ab, ob eine Vereinbarung zustande kommt. Mediation erfordert eigenverantwortliches Denken.

Mehr als achtzig Prozent der Mediationsverfahren enden mit einer Win/Win - Situation für alle Beteiligten.

Das hat sich noch nicht herum gesprochen. In Deutschland bahnt sich die Mediation gerade mühsam ihren Weg in den Mittelstand, gegen das Vorurteil, dass Mediation wohl wie Meditation eher etwas für Esoterik-Liebhaber sei. Natürlich steht dahinter eine andere Streitkultur als die der direkten Konfrontation mit Imponiergehabe und Sieger-Verlierer-Mentalität. Aber niemand lässt sich auf einer Bastmatte nieder, um Blütentee zu trinken und atmosphärischen Klängen zu lauschen.

Mediation ist Arbeit. Sie kann Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern klären, zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, Geschäftsleitung und Betriebsrat, zwischen Gesellschaftern und Eigentümern, zum Beispiel zur Regelung der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen. Sie hilft bei konzerninternen Problemen ebenso wie bei Streitigkeiten zwischen Herstellern, Handwerkern, Händlern einerseits und Kunden und Klienten andererseits.

Nahezu alle Dax notierten Unternehmen beschäftigen heute ausgebildete Mediatoren, wenn es darum geht, innerbetriebliche Konflikte zu lösen. Neuerdings beurteilen Banken die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens auch danach, wie mit Konflikten umgegangen wird.

Unternehmen, die noch gegeneinander prozessieren, hinken dem Zeitgeist hinterher. Wobei an dieser Stelle eingeräumt werden muss, dass sich nicht jeder Streit durch Mediation lösen lässt. Wenn es um grundsätzliche Rechtsfragen geht, wenn Verjährung droht oder sich die Parteien weit voneinander entfernt haben, der Konflikt emotional so aufgeladen hat, dass ein miteinander reden nicht mehr möglich ist, dann hilft nur noch der Weg zum Gericht.

Jeder Unternehmer steht heute vor der Herausforderung, es möglichst nicht so weit kommen zu lassen. Wir leben in einer vernetzten Gesellschaft. Wir sind voneinander abhängig. Mehr denn je.

Vorsicht bei der Wahl des Mediators ist geboten. Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Die Ausbildungen bewegen sich vom Wochenendkurs bis zum Master-Studiengang auf allen Niveaus.

Was die Kosten betrifft, so sind sie auf jeden Fall geringer als die Kosten eines Gerichtsverfahrens. Stundensätze werden mit dem Anwalt verhandelt. Einige Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten.

Print und Speed haben sich an diesem Tag verausgabt. Zu später Stunde legten sie ihre Vereinbarung in einem Vertrag schriftlich nieder.

Print wird Speed eine weitere Zahlung leisten, obwohl das anfänglich nicht vereinbart war. Diese Zahlung wird jedoch wesentlich geringer ausfallen als von Speed gefordert. Dafür wird Speed neue, wesentlich leistungsfähigere Druckautomaten liefern, die eigentlich noch einige Testläufe bestehen müssten, bevor sie in Serie produziert werden. Aus finanziellen Gründen hatte Speed die Testläufe bisher aufgeschoben. Nun wird Print die Testläufe unendgeldlich durchführen und protokollieren.

So gibt es am Ende des Tages zwei Gewinner. Print und Speed müssen zwar zu gleichen Teilen die Kosten der Mediation tragen, doch das Gerichtsverfahren hätte sie außer Zeit und Geld einen lukrativen Auftrag und eine wertvolle Geschäftsbeziehung gekostet.

Der Autor: Dr. Dietrich Pielsticker, Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator, Rechtsanwalt, Notar, Attorney-at-Law, New York. Die Schwerpunkte der Kanzlei liegen im Handels-, Gesellschafts-, Arbeits-, Urheber- und Wettbewerbsrecht sowie dem Familien - und Erbrecht. Bei Interesse an einem Mediationsverfahren bietet die Kanzlei ein unverbindliches Vorgespräch.

Kontakt und weitere Informationen: Pielsticker Rechtsanwälte/Notar, Kurfürstendamm 56, 10707 Berlin, Tel. 030/32 79 83 0, Fax. 030 32 79 83 10, Mail: info@pielsticker.de, pielsticker@pielsticker.de, Internet: www.pielsticker.de, www.mediationBerlin.de. (mf)