Verbraucherzentrale strebt Musterprozess an: Internetverkäufer sollen auch Hinsendekosten erstatten

10.01.2006 von Richard 
Die Frage, wer im Falle eines Widerrufes im Versandhandel eigentlich die Hinsendekosten trägt, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Rechtsanwalt Johannes Richard über den aktuellen Stand.

Die Frage, wer im Falle eines Widerrufes im Versandhandel eigentlich die Hinsendekosten trägt, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen will diese Frage nunmehr im Wege eines Musterprozesses klären. Wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen am 28.12.2005 meldete, ging die erste Runde des Musterprozesse zu ihren Gunsten aus: Das Landgericht Karlsruhe (Az.: 10 O 794/05) hat, nicht rechtskräftig, entschieden, dass Verbraucher, die im Versandhandel Ware bestellen und ihr gesetzliches Widerrufsrecht wahrnehmen, die Kosten für die Hinsendung nicht bezahlen müssen. Diese müssen zusammen mit dem Kaufpreis ebenfalls zurückerstattet werden. Ein Versender hatte - wie eigentlich andere Versender auch - im Falle des Widerrufes von dem Kunden eine Versandkostenpauschale für die Hinsendung verlangt, die im Falle des Widerrufes nicht erstattet wird.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale hält diese Regelung Käufer davon ab, Verträge zu widerrufen, dies gilt insbesondere bei Bestellungen in einem geringen Warenwert, da der Widerruf hier auf Grund der hohen Kosten für die Hin- und Rücksendung nicht wirtschaftlich sei.

Nach Mitteilung der Verbraucherzentrale, das Urteil liegt uns im Volltext noch nicht vor, gilt das Urteil des Landgerichtes Karlsruhe nur bei einem kompletten Widerruf. Wer von mehreren gleichzeitig bestellten Waren einen Teil zurücksendet, muss die Hinsendekosten begleichen und erhält diese nicht zurückerstattet.

Die Entscheidung ist bedenklich und dürfte die Kostenkalkulation im Internetversandhandel kräftig durcheinanderwirbeln. Dies gilt insbesondere beim Angebot niedrigpreisiger Artikel bei eBay. Eigentlich ist, abhängig von der Regelung der Rücksendekosten nur das zu erstatten, was der Käufer erlangt hat, die Hinsendekosten sind bereits verbraucht worden. Es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass die Versandkosten, die nicht nur die Portokosten, sondern auch den Arbeitsaufwand für die Verpackung und die Kosten für die Verpackung selbst betreffend, relativ ähnlich sind, egal was der Artikel an sich kostet. Da sowohl das Versandrisiko, wie auch das Rücksenderisiko, wie auch das Widerrufs- oder Rückgaberecht eine erhebliche Belastung für gewerbliche Verkäufer darstellt, stellt es noch eine erhebliche Benachteiligung der gewerblichen Verkäufer dar, wenn diese im Rahmen eines ausgeübten Widerrufsrechtes auch noch die Hinsendekosten tragen müssten. Die Gefahr der Rechtsmissbräuchlichkeit, die ohnehin bei der Ausübung des Widerrufsrechtes immer gegeben ist, steigt hier rapide an.

Zudem beziehen sich gesetzliche Regelungen nur auf die Rücksende- und nicht auf die Hinsendekosten, so dass letztlich wohl der Bundesgerichtshof über diese Frage entscheiden wird.

Zur Zeit besteht nach unserer Auffassung für gewerbliche Internethändler kein Handlungsbedarf, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Autor: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock, Kontakt und weitere Informationen zum Thema: www.internetrecht-rostock.de (mf)