Arbeitnehmerfreundliches Urteil

Urlaub in der Kündigungsfrist?

07.06.2011
Gericht entscheidet Streit um Auslegung der Formulierung "sofortige Freistellung von der Arbeit unter Anrechnung der Urlaubstage unter Fortzahlung der Bezüge".
Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Umfang des Urlaubs bei einer Freistellung fiel sehr arbeitnehmerfreundlich aus - weil der Arbeitgeber unklar formuliert hatte.
Foto: Zerbor - shutterstock.com

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG legt der Arbeitgeber den Urlaub zeitlich fest. Die Erklärung eines Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Anrechnung auf dessen Urlaubsansprüche nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freizustellen, ist nach den §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen.

Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht, Frhr. Fenimore von Bredow, Vizepräsident des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17. Mai 2011 (9 AZR 189/10).

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Bankunternehmen, als Angestellter mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen beschäftigt. Mit Schreiben vom 13. November 2006 erklärte die Bank die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 31. März 2007. Gleichzeitig stellte sie den Kläger "ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge" frei.

In dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess entschied das Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten nicht beendet worden. Der Kläger macht Resturlaub aus dem Jahr 2007 geltend. Er vertritt die Auffassung, sein Arbeitgeber habe ihm während der Kündigungsfrist neben dem aus 2006 resultierenden Urlaub nur 7,5 Tage Urlaub für das Jahr 2007 gewährt. Dies entspreche dem Teilurlaub, den er nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 erworben habe. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Erklärung muss für Arbeitnehmer "hinreichend deutlich" sein

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat jedoch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers.

Die Erklärung muss für den Arbeitnehmer "hinreichend deutlich" erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen will. Zweifel gehen zulasten des Arbeitgebers. Denn als Erklärender hat er es in der Hand, den Umfang der Freistellung eindeutig festzulegen.

Im Streitfall konnte der Kläger der Freistellungserklärung der Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob die Beklagte den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte. (oe)