Urheberrecht: Kopie und Konsequenzen

27.07.2007 von Johannes Richard
Darf man Software für den Privatgebrauch kopieren? Darf man einen Kopierschutz knacken? Was gilt für Musik, was für Spiele, was für Software? Im Urheberrechtsgesetz ist all das geregelt – aber längst nicht immer eindeutig.

Seit September 2003, also schon seit knapp vier Jahren, gilt in Deutschland das neue Urheberrechtsgesetz. Die Freiheit, nahezu unbeschränkt Daten zu kopieren, ist seitdem vorbei. Vorschriften legen genau fest, was noch vervielfältigt werden darf, Verstöße stehen unter Strafe. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen Musikstücken und Filmen einerseits und Computerprogrammen andererseits.

In diesem Artikel wollen wir Ihnen einen Überblick über die aktuelle Rechtslage verschaffen. Wir erklären Ihnen, wann eine Privatkopie zulässig ist, wem Sie die Kopie überlassen und welche Tools Sie auf keinen Fall verkaufen dürfen.

Privatkopie zulässig…

Bei Musik und bei Filmen ist eine sogenannte Privatkopie zulässig. Der Begriff „zulässig“ ist wichtig, da es – anders als viele Anwender annehmen – kein Recht auf eine Privatkopie gibt, nur eine Duldung. Die Privatkopie ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft.

Der Gesetzestext spricht im §53 des Urhebergesetzes von „Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch“. Kopien sind daher nur dann zulässig, wenn Sie sie entweder selbst nutzen – zum Beispiel als Zweit-CD fürs Auto – oder an Personen weitergeben, die mit Ihnen, wie es im Rechtsdeutsch so schön heißt, „persönlich verbunden „ sind. Gemeint sind Familienangehörige und Freunde.

Beliebig groß darf der Freundeskreis jedoch nicht sein. Maximal sieben Kopien sind erlaubt, so entschied die Rechtsprechung vor einigen Jahren aus wenig nachvollziehbaren Gründen. Fest steht, dass eine Kopie zum Beispiel für Arbeitskollegen oder Schulkameraden, mit denen keine engere Verbindung besteht, nicht zum privaten Gebrauch gehört.

...aber nur unentgeltlich

Die Kopie, so lautet die Regel in §53, muss nicht durch den Eigentümer der CD oder DVD selbst hergestellt werden. Sie kann auch durch eine andere Person erfolgen, sofern dies unentgeltlich geschieht. Unentgeltlich heißt dabei: Höchstens den Preis des Rohlings darf sich der Kopierer erstatten lassen, alles andere ist bereits unzulässiger Gewinn.

Die Kopie darf nicht auf einer „offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage“ basieren. Im Klartext: Kopiert werden darf nur vom Original. Die Kopie einer Raubkopie ist also rechtswidrig. Darunter fallen auch Internettauschbörsen – von dort heruntergeladene Musikstücke, Filme oder Programme gelten nicht als Privatkopie. Grund: Die Vervielfältigung erfolgt dabei außerhalb eines eng begrenzten und bekannten Personenkreises.

Der Kopierschutz

Soweit die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Privatkopie erfüllt sind, gibt es noch eine weitere Hürde: Das Original darf nicht kopiergeschützt sein. Im Juristendeutsch wird der Kopierschutz in §95 des Urhebergesetzes als „wirksame technische Maßnahme“ bezeichnet.

Eine Definition findet sich in §95a Abs. 2: Es handelt sich um Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Handlungen zu verhindern oder einzuschränken, die vom Rechteinhaber nicht genehmigt sind. Als Beispiele nennt das Gesetz die Verschlüsselung, die Verzerrung, die sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen sollen.

Der „wirksame“ Kopierschutz

Wann sind solche technischen Maßnahmen „wirksam“, wie das Gesetz voraussetzt? Man könnte auf die Idee kommen, technische Maßnahmen dann als nicht mehr wirksam anzusehen, wenn sie geknackt sind. Das Gesetz sieht das anders:

Kopierschutzmaßnahmen gelten grundsätzlich auch dann als wirksam, wenn ihre Umgehung möglich ist. Sonst würde es als Konsequenz ein Wettrennen zwischen Urhebern und Hackern geben – und das ist nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Aufnahme läuft: Mit diesen und ähnlichen Tools lässt sich der Kopierschutz durch eine analoge Aufnahme aushebeln. Unter Juristen ist die Zulässigkeit dieser Methode umstritten.

Im Einzelfall ist die Frage nach der Wirksamkeit allerdings schwierig zu beantworten. So gibt es CD-Brenner, die geschützte Audio-CDs auch ohne zusätzliche Spezialprogramme anstandslos kopieren. Noch diffiziler wird die Frage, wenn man sich ansieht, wie das Betriebssystem Linux auf viele Kopierschutzmaßnahmen für Audio-CDs reagiert – nämlich gar nicht. Unter Linux lassen sich ohne Probleme Kopien von gesicherten CDs machen.

Trotzdem darf man in diesem Fall davon ausgehen, dass grundsätzlich ein wirksamer Kopierschutz im Sinne des Gesetzes vorliegt. Zudem sollte man prinzipiell von einer rechtsgültigen Sicherung ausgehen, wenn der Hersteller auf der Verpackung auf das Bestehen eines Kopierschutzes hinweist – wozu er gesetzlich verpflichtet ist.

Grauzone

Es gibt jedoch eine Grauzone, die auch bei kopiergeschützten Musik-CDs eine legale Privatkopie zulässt: der Umweg über die analoge Aufnahme. Bei dieser Methode wird die Musik-CD im CDPlayer abgespielt, der mit einem Kabel an den Audio-Eingang des PCs angeschlossen ist. Dort nimmt Audiosoftware die Musik auf. Eine ausdrückliche Umgehung der Kopierschutzmaßnahmen ist hier nicht zu erkennen.

Wie legal dieses Vorgehen ist, wurde bislang allerdings noch nicht eindeutig geklärt. Unter Juristen ist die Antwort umstritten. Übrigens sind viele Kopierschutzmaßnahmen schon seit längerem im Gebrauch und vielen Nutzern gar nicht bekannt. So sind alle Videorecorder und die meisten DVD-Player ab Werk mit dem Kopierschutz Macrovision ausgestattet, der auch eine Analogkopie verhindert. Macrovision stellt ebenfalls eine wirksame technische Maßnahme dar und darf daher nicht umgangen werden.

Das ist verboten

Bezogen auf den Kopierschutz ist eine ganze Menge verboten: nämlich die Herstellung, die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf und die Vermietung von Gegenständen, mit denen der Kopierschutz umgangen werden kann. Dafür werben darf man ebenfalls nicht.

Wer aus der Zeit vor dem neuen Urheberrechtsgesetz noch ein Programm wie beispielsweise Clone CD hat, mit dem man auch geschützte Audio-CDs kopieren kann, darf es zwar behalten, aber nicht weiter nutzen. Verboten ist der Besitz an sich jedoch, wenn er gewerblichen Zwecken dient – das heißt, wenn zum Beispiel kopierte CDs mit Gewinn weiterverkauft werden. Das trifft oft schon auf Schulhof-Kopierer zu, die für ein paar Euro eine ganze Schule mit den neuesten Musikstücken versorgen.

Warnung: Ebay warnt Anbieter, die Kopierschutzknack-Software verkaufen wollen.

Die Regelungen aus §95 können schnell teuer werden, wenn man sie nicht beachtet. Wer das ehemals populäre Clone CD oder ähnliche Programme noch besitzt, aber nicht mehr benutzt, kommt leicht auf den Gedanken, die Software etwa beim Internet-Gebrauchtmarkt Ebay anzubieten.

Von derartigen Verkäufen raten wir mit Nachdruck ab: Wer Kopiersoftware anbietet, riskiert eine Abmahnung von einer Reihe großer deutscher Musikfirmen, die Ebay regelmäßig nach solchen Angeboten durchforsten.

Abmahnfähiges Ebay-Angebot: Abmahn-Anwälte freuen sich, wenn sie so ein Angebot sehen.

Die Unternehmen verlangen von ertappten Verkäufern eine Unterlassungserklärung. Zudem können Anwaltskosten von mehreren tausend Euro entstehen, da die Firmen mit dem Aufsetzen und Versenden der Unterlassungserklärung in der Regel Anwaltskanzleien beauftragen. Auf die Frage, ob man das Urheberrechtsgesetz überhaupt kannte oder nicht, kommt es dabei nicht an.

Die Folgen

Die Umgehung des Kopierschutzes zu privaten Zwecken ist nicht strafbar, denn eine Massenkriminalisierung ist nicht im Sinne des Gesetzes; schließlich wird nach wie vor landauf, landab ohne schlechtes Gewissen kopiert.

Voraussetzung für die Straffreiheit ist jedoch, dass es sich ausschließlich um eine Privatkopie handelt. Unabhängig davon kann der Urheber zwar Schadensersatz von überführten Schwarzbrennern verlangen. Bei Privatkopien von Musik und Filmen hat das aber Seltenheitswert.

Erklärung: Medienunternehmen fordern von ertappten Schwarzkopierern in der Regel Unterlassungserklärungen, die weitere Verstöße unter hohe Geldbußen stellen.

Nicht zu unterschätzen sind dagegen die Konsequenzen, wenn die Grenzen der Privatkopie überschritten werden, wie es zum Beispiel bei Schulhofkopien schnell der Fall ist. Gemäß §108b droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe; liegt ein gewerbliches Handeln vor – verdient der Täter also Geld mit den Raubkopien – erhöht sich die Maximalstrafe auf bis zu drei Jahre. Und die strafrechtliche Verfolgung ist nur eine Seite der Medaille.

Der Kopierer muss sich zudem auf erhebliche Schadensersatzforderungen der Musik- oder Filmindustrie einstellen. Der Verkauf eines Kopierprogramms oder eine Verbreitung über den Freundeskreis hinaus ist zudem gemäß §111a verboten und wird mit einem Bußgeld bestraft.

Kopien von Software

Alles in diesem Artikel bislang zum Thema Kopierschutz und Privatkopie Gesagte gilt nicht für Computerprogramme. Die gute Nachricht: Die Frage nach der Umgehung des Kopierschutzes und die Rechtsfolgen gelten grundsätzlich nicht für Computerprogramme.

Die schlechte Nachricht: Bei Software gibt es keine Privatkopie! Erlaubt ist gemäß §69d des Urhebergesetzes lediglich eine Sicherheitskopie. Die Rechtslage ist hier nicht ganz geklärt, man darf jedoch annehmen, dass zur Erstellung einer Sicherheitskopie auch ein existierender Kopierschutz umgangen werden darf. Eine Sicherheitskopie ist jedoch immer nur eine einzelne Kopie, die nicht weitergegeben werden darf. So freizügig wie mit Filmen oder Musikdateien dürfen Sie mit Spielen oder Anwendungssoftware also nicht umgehen. Daher ist auch der Download von geknackten Computerprogrammen, beispielweise aus Internettauschbörsen, immer illegal.

Zweiter Korb

Seit April 2004 wird in Deutschland vom Bundesministerium der Justiz eine erneute Urheberrechtsreform („Zweiter Korb“) vorbereitet, die die Rechte der Nutzer weiter einschränkt und die der Urheber und Rechteinhaber stärkt.

Für Privatpersonen ist vor allem der geplante Wegfall der Bagatellklausel relevant, nach der nicht bestraft wird, wer urheberrechtlich geschützte Werke nur in geringer Zahl und ausschließlich zum privaten Gebrauch vervielfältigt. Das Kopieren von Musik-CDs und Filmen für Freunde würde dann vollständig illegal. (ganestar; mja/ wl)