(NEU: CFO, Personalvorstand, IG Metall)
Von Matthias Karpstein DOW JONES NEWSWIRES
MÜNCHEN (Dow Jones)--Die Siemens AG will in ihrer IT-Sparte bis 2011 weltweit 4.200 Stellen streichen, davon rund 2.000 an den deutschen Standorten. Zudem sollen die bislang sieben Geschäftseinheiten der SIS auf zwei Geschäftseinheiten fokussiert werden, wie der Münchner DAX-Konzern am Donnerstag mitteilte. Um die SIS wieder wettbewerbsfähiger zu machen, würden zudem bis 2012 mehr als 500 Mio EUR in die IT-Sparte investiert.
Das Unternehmen hatte kurz zuvor seinen Wirtschaftsausschuss über die Pläne zur Neuausrichtung der Siemens IT Solutions and Services (SIS) unterrichtet. Derzeit hat die IT-Sparte weltweit gut 35.000 Mitarbeiter, knapp 9.700 davon in Deutschland.
Die Arbeitnehmerseite reagierte mit Ablehnung auf den Stellenabbau. IG Metall und der Gesamtbetriebsrat von Siemens kritisierten, dass der Konzern kein tragfähiges wirtschaftliches Konzept für SIS vorgelegt habe.
Dieter Scheitor, Siemens-Aufsichtsrat der IG Metall, bemängelte, dass es in den vergangenen drei Jahren "weder grundlegende Veränderungen im Management noch ein tragfähiges Konzept" für SIS gegeben habe. "Den Versuch, diese Versäumnisse mit einer neuen Sparrunde zu kompensieren, lehnen wir ab", sagte Scheitor.
Der Stellenabbau solle "so sozialverträglich wie möglich umgesetzt werden", hatte der DAX-Konzern angekündigt. Dies schließe etwa die einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen oder das Auslaufen befristeter Verträge ein. "Betriebsbedingte Kündigungen können nur das allerletzte Mittel sein", sagte Personalvorstand Siegfried Russwurm auf einer Pressekonferenz in München.
Russwurm betonte, die SIS-Organisation müsse dem gesunkenen Geschäftsvolumen angepasst werden. Da in den vergangenen beiden Jahren die Umsätze um 13% zurückgegangen seien, würden nun die bisher rund 35.000 Stellen um rund 15% reduziert. Dabei werde sich Siemens zunächst auf die Verschlankung der Verwaltung sowie auf die Aufgabe von Randaktivitäten im Portfolio konzentrieren.
"Wir werden die Strukturen der Organisation der SIS nach dem gleichen Rezept verbessern, wie wir das auch bei der Siemens AG insgesamt gemacht haben", kommentierte Finanzvorstand Joe Kaeser. Die Komplexität solle reduziert werden und die Organisation fokussiert. Übrig blieben dann die beiden Säulen IT-Outsourcing und IT-Lösungen. Die bislang 47 operativen SIS-Einheiten in den Regionalgesellschaften werde Siemens "um rund ein Viertel straffen", sagte Kaeser.
Die IT-Sparte kämpft seit Jahren mit rückläufigen Umsätzen. Nachdem der DAX-Konzern nicht mehr die notwendige "Flexibilität" sah, um dem hohen "Preis- und Wettbewerbsdruck" der Konkurrenz standzuhalten, hatte Vorstandsvorsitzender Peter Löscher Anfang Dezember die Ausgliederung der SÍS angekündigt.
Zum 1. Juli soll die rechtliche Verselbständigung erfolgen. Der Münchener DAX-Konzern hatte in seinem Geschäftsbericht 2009 bereits darauf hingewiesen, dass das Ergebnis der SIS im laufenden Geschäftsjahr "durch Restrukturierungsaufwendungen deutlich belastet werden" könnte.
Über die rechtliche Verselbständigung hinaus soll aus der SIS im kommenden Geschäftsjahr ein eigenständiges IT-Unternehmen werden. Zum 1. Oktober würden daher die "Voraussetzungen für eine eigenständig operierende Gesellschaft" geschaffen, wie es von Siemens hieß. Dadurch hat die SIS etwa keinen Zugriff mehr auf das Intranet des DAX-Konzerns, sondern erhält ein eigenes Intranet.
Dabei ist laut Lothar Adler, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Siemens-Aufsichtsrat, die Zukunft von mehr als 2.000 Beschäftigten ungeklärt, die nicht in die künftige SIS wechseln würden. Es sei nicht hinnehmbar, "diese Arbeitsplätze einfach abzuwickeln", kritisierte Adler. Der IG Metall zufolge sollen bei der Siemens AG mehr als 2.000 Mitarbeiter verbleiben, deren Arbeitsplätze zusammen mit weltweit weiteren 2.200 der insgesamt rund 35.000 Stellen entfallen sollen.
SIS hat im vergangenen Jahr 4,7 Mrd EUR umgesetzt, dabei aber lediglich 90 Mio EUR Gewinn erzielt. Bereits seit drei Jahren ist das Ergebnis der Sparte rückläufig. Beim Umsatz ist SIS nach wie vor stark von hausinternen Aufträgen abhängig. 1,1 Mrd EUR des Umsatzes wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr mit Siemens gemacht, 3,6 Mrd EUR kamen von externen Auftraggebern. "Damit schwimmt die SIS sozusagen 'im Kielwasser' der weltweit führenden Geschäfte unserer Sektoren", sagte Finanzvorstand Joe Kaeser am Donnerstag in München.
Nach der Ausgliederung soll SIS fit für die Partnerschaft mit einem Wettbewerber oder gar für einen Börsengang gemacht werden. Ein Börsengang sei allerdings 2012 wahrscheinlicher als im kommenden Jahr, hatte Finanzvorstand Kaeser jüngst in einem Interview gesagt. Um die IT-Sparte attraktiver zu machen prüfe Siemens "explizit, wo wir die SIS durch selektive Akquisitionen stärken können", sagte Kaeser am Donnerstag.
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