OLG Frankfurt

Update! Handel mit Echtheitszertifikaten ist laut Microsoft rechtswidrig

25.05.2009
Ein Händler hat im November 2008 auf eBay Microsoft-Echtheitszertifikate (COA) zum Verkauf angeboten. Das ist nach Ansicht von Microsoft rechtswidrig.

Echtheitszertifikate

Der "Handel" mit derartigen Echtheitszertifikaten ohne die daran geknüpfte Software ist rechtswidrig

Am 12. Mai 2009 hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gegen einen Händler entschieden, der einzelne Microsoft-Echtheitszertifikate (so genannte Certificates of Authenticity, kurz COAs) über eBay vertreiben wollte (Aktenzeichen 11 W 15/09). Der auf Urheberrecht spezialisierte 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt ließ dabei offen, ob COAs "neben ihrer Funktion, die Echtheit eines bestimmten Softwareprogramms zu bestätigen, zugleich eine Art Lizenzfunktion haben". Für Microsoft ist die Sache klar: Mit dem isolierten Vertrieb von "nackten" COAs wären Urheber- und Markenrechte verletzt worden

Selbst wenn COAs auch (Lizenz-)Rechte verkörperten, wären sie einzeln nicht ohne Zustimmung von Microsoft übertragbar. Das Gericht stellte ausdrücklich klar, dass sich der Verkäufer der Echtheitszertifikate nicht auf den Einwand der Erschöpfung berufen kann, da Erschöpfung nur beim Vertrieb körperlicher Werkstücke eintritt und nicht bei online zugespielten Computerprogrammen oder bei reinen Volumenlizenzverträgen. In der Entscheidung wird die Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des OLG München (Aktenzeichen 6 U 2759/07) vom 3. Juli 2008 als "eindeutig" bezeichnet. Das OLG München hatte damals den Vertrieb gebrauchter Software untersagt, die ursprünglich per Download in den Verkehr gebracht worden ist.

Der vom OLG Frankfurt entschiedene Fall betrifft eine immer häufiger auftretende Variante der Software-Handels, bei der neue oder - wie hier - gebrauchte Einzelbestandteile von Original-Microsoft-Produkten einzeln "als Lizenzen" verkauft werden, obwohl diese Gegenstände beziehungsweise Dokumente nach Ansicht von Microsoft keine Lizenzrechte verkörpern. Im konkreten Fall hatte ein Händler Echtheitszertifikate einzeln über eBay als Lizenzen verkauft, was ihm vom Landgericht Frankfurt im Wege einer einstweiligen Verfügung am 26. November 2008 untersagt worden war. Der Händler hatte daraufhin am 10. Dezember 2008 Rechtsmittel eingelegt, Prozesshilfe beantragt und argumentiert, dass COAs Lizenzrechte verkörpern würden, die einzelnen weiter übertragen werden dürften.

Das Landgericht Frankfurt wies den Antrag des Händlers vom 10. Dezember 2008 auf Prozesskostenhilfe mit der folgenden Begründung zurück (Entscheidung vom 27. Januar .2009, Aktenzeichen: 2/3 O 599/08): "Die vom Beklagten vertriebenen COAs verkörpern nach ihrer Funktion, die allein die Klägerin [Microsoft] bestimmt und nicht umgewidmet werden kann, jedoch nicht die Gestattung der Vervielfältigung oder Lizenz. Mit dem Verkauf eines COAs werden keine Rechte übertragen." Auf den vom beklagten Händler erhobenen Einwand der Erschöpfung käme es - so das Landgericht Frankfurt - deshalb nicht an. Das Prinzip der Erschöpfung gelte ohnehin nur für körperliche Werkexemplare "und auch nur bezogen auf das Verbreitungsrecht, nicht aber auf das Recht, die Vervielfältigung Dritten zu gestatten".

Übertragung von COAs nur mit Zustimmung von Microsoft

Gegen die Nichtgewährung der Prozesskostenhilfe legte der beklagte Händler am 10. Februar 2009 Rechtsmittel ein (eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt) und verlor erneut - wegen fehlender Erfolgsassicht, wie die Justizbehörde am 12. Mai 2009 argumentierte. Das Oberlandesgericht ließ dabei die Frage offen, ob COAs "neben ihrer Funktion, die Echtheit eines bestimmten Softwareprogramms zu bestätigen, zugleich eine Art Lizenzfunktion haben", da COAs auch in diesem Fall nicht ohne Zustimmung von Microsoft übertragen werden dürfen. Das Gericht betonte, dass allein Microsoft entscheiden kann, wem Nutzungsrechte an Microsoft-Computerprogrammen eingeräumt werden und wem nicht.

Etwas anderes folge auch nicht aus dem vom Beklagten angeführten Grundsatz der Erschöpfung (§ 69 c Ziffer 3 S. 2 UrhG). Dieser besagt, dass ein einmal mit Zustimmung des Rechteinhabers in den Verkehr gebrachtes Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms frei weiter veräußert werden darf, weil sich das Verbreitungsrecht des Rechteinhabers in Bezug auf dieses konkrete Vervielfältigungsstück "erschöpft" hat.

Das OLG Frankfurt weist in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass "Erschöpfung" nur beim Vertrieb körperlicher Werkstücke eintritt und nicht bei online zugespielten Computerprogrammen oder bei Volumenlizenzverträgen. Eine analoge Anwendung des Erschöpfungsprinzips auf solche Fälle lehnt das OLG Frankfurt ebenfalls ab: "Selbst wenn man in solchen Fällen eine analoge Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes für möglich und geboten erachten würde, bezöge sich die Erschöpfung nur auf dieses ,Werkstück‘ und nicht auf beliebige Download-Vorgänge. Auch bei einer analogen Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes würde der Erschöpfungsgrundsatz nur das Verbreitungs- und nicht das Vervielfältigungsrecht berühren (OLG München a.a.O.)."

OLGs Frankfurt und München urteilen ähnlich

Das Oberlandesgericht Frankfurt schließt sich dem OLG München auch in der Einschätzung an, dass die Rechtslage eindeutig sei und keiner Bestätigung durch den BGH oder den EUGH bedürfe. "Diese Entscheidung wird von Microsoft uneingeschränkt begrüßt, da sie zum einen die klare Aussage enthält, dass der Vertrieb einzelner COAs von Microsoft-Produkten als Lizenzen rechtswidrig ist. Dies ist wichtig, da immer mehr Händler COA-Label von Original Software oder Computern entfernen, um sie dann einzeln als Lizenz zu verkaufen", erklärt Dr. Swantje Richters, Justitiarin bei der Microsoft Deutschland GmbH. "Genauso wichtig ist, dass nach dem Oberlandesgericht München jetzt schon das zweite Oberlandesgericht die Weiterübertragung von ,gebrauchten Nutzungsrechten‘ an Computerprogrammen ohne Zustimmung des Rechteinhabers als unzulässig bezeichnet."

Dennoch bleibt der Handel mit "gebrauchten" Software-Lizenzen rechtlich weiterhin umstritten. Einige Händler wie USC verkauften derartige Lizenzen mit Zustimmung von Microsoft an Dritte, andere wiederum, wie Usedsoft, sind der Ansicht, dass "Gebraucht-Software" auch ohne die Zustimmung des Softwareherstellers vertrieben werden darf. Ein abschließendes alles klärendes Urteil steht noch aus. (rw)