Die diesjährige weltweite Partnerkonferenz von Microsoft war von hohen Erwartungen an die Partnerwelt geprägt (--> wir berichteten). Herr van Heijst, ist Microsoft zu schnell für den Markt geworden? Wer kann denn bei den Entwicklungen noch hinterherkommen?
Floris van Heijst: Ich sage, wie es ist: Unsicherheit ist Teil des Wandels. Die Zeiten, in denen man bis zu zwei, drei Jahre auf ein neues Produkt warten musste, sind vorbei. Hier sind wir alle gefragt, uns darauf einzustellen, Firmen, Partner und Hersteller. Von uns allen wird eine neue Agilität gefordert.
Die digitale Transformation macht auch vor der Microsoft-Partnerwelt nicht Halt. Sprechen Sie hier in Orlando überhaupt noch mit den gleichen Partnern wie früher? Sind die alten Hierarchien Ihres Partnernetzes aufgebrochen?
Van Heijst: Da stellen Sie mir gleich zu Beginn eine gute Frage. Die Antwortet lautet ja und nein. An vielen Stellen ist unser Partnerökosystem in der Tat aufgebrochen. Wir haben inzwischen viele kleinere IT-Dienstleister als Partner, die Firmen im Stile eines "Icebreakers" in die Cloud führen. Meist tun sie das allerdings nur in speziellen Bereichen. Diese Häuser, etwa unser diesjähriger Partner-Award-Gewinner blue-zone, der als kleineres Haus äußerst erfolgreich mit CRM- und ERP-Business-Apps auf Azure-Basis die mobilen Prozesse von Firmen neu definiert, sind natürlich schon als Stars in unserem Cloud-Geschäft zu bezeichnen. Auf der anderen Seite sehe ich bei allen großen IT-Dienstleistern in Deutschland richtige und entscheidende Schritte in Richtung Cloud. Und zu Ihrer Frage: Ich spreche hier auf der WPC mit etwa 25 Partnern ausführlich, kleinen und großen, neuen und alten.
Microsoft gibt großes Tempo und viele Erwartungen vor, was das Cloud-Geschäft angeht. Kommen da wirklich alle wichtigen Partner mit?
Van Heijst: Spätestens mit der Einführung unseres Cloud Solution Provider Programms (CSP) bieten wir unserer Partnerwelt eine naheliegende Möglichkeit, ins Cloud Business einzusteigen. Wir unterstützen unsere Partner dabei mit allen Services und Instrumenten, die man braucht, um "cloud-ready" zu sein. Business-relevante End-To-End-Cloud-Dienste, Teststellungen, Kalkulationen und mehr – diese Liste wird immer länger, da wir das Programm stetig ausweiten. Die Partner nehmen dieses Angebot an, die Nachfrage ist groß. Wer mitkommen will, der kommt auch mit.
Sind eher Spezialisten unter Ihren Partnern gefragt oder Cloud-Allrounder?
Van Heijst: Wir erleben, dass diejenigen unserer Partner, die im speziellen Umfeld Cloud-Dienste anbieten, zunehmend von ihren Kunden nach weiteren Leistungen gefragt werden. Da wir mit das breiteste Cloud-Spektrum des Markts anbieten, macht mir das keine Bedenken. Wir stellen nämlich fest, dass sich unsere Partner zunehmend hierfür vernetzen: Office365-Spezialisten verbandeln sich mit Azure-Dienstleistern und so weiter. Wir sehen hier eine völlig neue Eigendynamik in unserem Channel.
Viele Cloud-Projekte lassen Konfliktpotenzial erkennen. Ein Beispiel ist das traditionelle On-Premise-Lizenz-Geschäft, das Ihre großen Lizenz-Partner natürlich bei ihren Stammkunden halten wollen, versus Office365-Lizenzen aus der Cloud, die jetzt von anderen Partnern in die gleichen Firmen getragen werden können. Kracht es da verstärkt?
Van Heijst: Ich gebe Ihnen Recht: Hier kann es Interessenskonflikte geben. Allerdings unterstützen wir unsere großen Lizenzpartner dabei, ihre Bestandskunden zu halten, damit diese selbst die Lizenz-Situation aktualisieren können. Wir schützen bestehende Partnermodelle. Aber das Cloud-Business bringt es mit sich, dass immer mehr Häuser in beliebigen Maße Lizenzen aus der Cloud vertreiben können, und oft erweitern sich so bestehende Kunden-Projekte um neue Lizenzsituationen – dank zusätzlichem Cloud-Business. Am Ende entscheidet der Kunde.
Und Microsoft? Manche Partner sagen, Ihr Unternehmen will zu viel über die Lizenzdaten ihrer Endkunden wissen.
Van Heijst: Das bringt das Geschäft mit Rechenzentren mit sich, dass man Informationen über die Anzahl von Instanzen und die Anzahl von Lizenzen erhält. Wir arbeiten hier audit-konform. Wir bleiben eine vollends partnerorientierte Company. Das wird sich auch künftig nicht ändern, und unsere enormen Anstrengungen bei CSP zeigen, dass wir es damit ernst meinen.
Was nehmen Ihre Partner hier aus Orlando mit?
Van Heijst: Dass es viel konkretes Geschäftspotenzial draußen gibt. Alleine rund um Windows 10 gibt es etliche Verdienstmöglichkeiten, etwa was Migrationen, neues Hardware-Geschäft und neue Security-Konzepte angeht – Windows 10 setzt alleine im Bereich IT-Sicherheit neue Standards. Unternehmen fragen sich, ob sie in anderen Feldern ihrer IT entsprechend nachziehen sollen. Auch sind CSP, das Surface und Surface Hub große Themen unter den Partnern. Und nicht zuletzt: Das mittlerweile plattformoffene Office erfreut sich enormer Nachfrage. Diese Liste könnte ich fortsetzen. (tö)