Bechtle-Chef Dr. Thomas Olemotz

"Uns schmeißt so schnell nichts um"

04.04.2013
Bechtle hat das Geschäftsjahr 2012 mit einem Rekordumsatz abgeschlossen. Was das Unternehmen 2013 plant, erläuterte Bechtle-Chef Dr. Thomas Olemotz am Rande der Hausmesse CC-Days.
"Infrastruktur-Business bleibt ein essenzieller Bestandteil des Systemhausgeschäfts" Dr. Thomas Olemotz, Vorstandsvorsitzender der Bechtle AG
Foto: Bechtle

Bechtle hat das Geschäftsjahr 2012 mit einem Rekordumsatz abgeschlossen. Was das Unternehmen für 2013 plant, erläuterte Bechtle-Chef Dr. Thomas Olemotz am Rande der Hausmesse CC-Days.
Das erste Geschenk zum 30-jährigen Firmenjubiläum bescherte sich die Bechtle AG gleich selbst - mit einem Rekordergebnis für das abgelaufene Geschäftsjahr 2012. Erstmals gelang es dem Unternehmen, die Umsatzmarke von zwei Milliarden Euro zu knacken (CP berichtete).
Als besonders wachstumsstark erwies sich das Inlandsgeschäft, das mehr als zwei Drittel (68,4 Prozent) zum Konzernumsatz beisteuerte. Die Umsätze in Deutschland kletterten auf rund 1,44 Milliarden Euro und legten damit um zehn Prozent zu - deutlich stärker als der Gesamtmarkt (siehe Tabelle). So konnte Bechtle das schwächelnde Geschäft in Südeuropa wieder ausgleichen.

IT-Markt in Deutschland 2012 *

Segment

Gesamtumsatz 2012

Veränderung gegenüber 2011

Hardware

14,5 Mrd. Euro

+ 4,2 %

Software

16,9 Mrd. Euro

+ 4,4 %

IT-Services

34,9 Mrd. Euro

+ 2,1 %

Summe
*) B2B- und B2C-Markt ohne TK- und Halbleiter-Umsätze
Quelle: EITO, Oktober 2012

66,3 Mrd. Euro

+ 3,1 %

Systemhaus-Sparte floriert

Den Löwenanteil des Umsatzes erwirtschaftete der Bereich IT-Systemhaus & Managed Services mit 1,39 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von sechs Prozent. Als Zugpferd erwiesen sich hier die Töchter in Deutschland, die ihren Umsatz insgesamt um 9,8 Prozent steigern konnten.
Der Umsatz im Segment IT-E-Commerce kletterte um 3,4 Prozent auf 702,4 Millionen Euro. Auch hier schlug die stabile Nachfrage im Heimatmarkt zu Buche (plus 4,7 Prozent).

In Mitarbeiter investiert

Überproportional zugelegt hat Bechtle zudem bei der Zahl der Beschäftigten: "Wir haben im vergangenen Jahr insgesamt 500 Mitarbeiter zusätzlich eingestellt, 150 von ihnen kamen über Akquisitionen hinzu", berichtet Dr. Thomas Olemotz, Vorstandsvorsitzender der Bechtle AG. Damit beschäftigt Bechtle mittlerweile 5.970 Mitarbeiter, davon 1.200 am Hauptsitz in Neckarsulm.

Auch in die Weiterbildung und Zertifizierung der Mitarbeiter wurde wie schon im Vorjahr massiv investiert. "Wir sind der festen Überzeugung, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren die Weichen gestellt werden müssen, um für die künftigen Veränderungen weiter gut aufgestellt zu sein, beispielsweise im Hinblick auf den Fachkräftemangel", begründete der Vorstandschef diese Maßnahmen. Deshalb sollen 2013 erneut Mitarbeiter eingestellt werden, "wenn auch nicht mit der Dynamik von 2012", wie Olemotz betont.

Mit der Ausbildung von insgesamt 16 IT-Architekten für den Pre-Sales von Infrastrukturprojekten sieht sich das Systemhaus gut für die sich wandelnden Kundenanforderungen gewappnet, die zunehmend Dienste aus der Cloud nutzen. "Die Architekten entwickeln die Infrastruktur ausgehend vom Geschäftsmodell des Kunden, das ist ein völlig anderer Ansatz als beim klassischen IT-Vertrieb", führt Olemotz aus.

Bechtle CC Days
Die Competence Center Days von Bechtle sind bei vielen Kunden im Jahreskalender fest eingeplant.
Büroräume und Logistiklager in Bechtle-Zentrale Neckarsulm wurden 2012 kräftig erweitert.
Dr. Thomas Olemotz, Vorstandsvorsitzender der Bechtle AG, konnte in den vergangenen Jahren regelmäßig eine Botschaft wiederholen: "Bechtle ist erneut schneller gewachsen als der Markt."
Das Infrastrukturgeschäft rund um Server, Storge, Netzwerk und Virtualisierung bleibt auch in Zukunft wichtiger Bestandteil des Systemhaus-Portfolios, wie Bechtle-Vorstandschef Dr. Thomas Olemotz erklärte.
Bechtle-Managerin Anne Langens zeigt, wie Mitarbeiter mittels VMware Horizon Workspace oder Citrix von jedem Gerät aus via Browser auf ihre intern und extern gespeicherten Daten und Anwendungen zugreifen können.
Unternehmenskunden nutzen die CC Days auch gerne für Gespräche mit Kollegen aus der Branche.
Die Videokonferenzlösung im Live-Einsatz.
Patrick Nieto-Aguilera demonstriert die Vorzüge der Cisco-basierten Webconference-Lösungen für Außendienstmitarbeiter.
So sehen die virtuellen Konferenzräume aus Sicht des Anwenders aus.
Die "Bechtle Box": Damit werden betankte PCs verpackungsfrei und doch sicher verwahrt beim Endkunden angeliefert..
Laut Bechtle spart der Kunde bei dieser Art der Anlierung bis zu 50 Prozent der Logistikkosten. Preis pro Box und Einsatz: 20 Euro. Mietpreis ab dem 6. Arbeitstag: 2 bis 4 Euro pro Tag.
Sind die PCs ausgepackt, lässt sich die Bechtle-Box komplett zusammenfalten.
Rund 1.500 Kunden kamen zu den CC Days nach Neckarsulm.
Christian Vest von Bechtle demonstrierte die speziellen Fähigkeiten der auf Novek 1230 basierenden Löschflüssigkeit, die Bechtle auch selbst in den eigenen Lager- und Logistikräumen einsetzt.
In diesem Bassin befindet sich die spezielle Mixtur für die Sprinkleranlage, die umweltverträglich abbaubar und in geringen Mengen sogar trinkbar ist. Gleich wird ein Blackberry in die Flüssigkeit eintauchen.
Das Handy bleibt auch im Bassin einsatzbereit. Auch nach dem Bad blieb das Gerät komplett unversehrt, es wurde nicht einmal nass.
Immer mehr Kunden lassen ihre IT durch Bechtle betreiben. Die Nachfrage nach Managed Services steigt kontinuierlich.
Die Bechtle-Manager Dr. Philipp Sander und Peter Fisch machen sich für das Lösungsgeschäft mit der Virtualisierung stark.

Ausbau des Lösungs- und Service-Geschäfts

Bechtle Competenc Center Days

Rund 1.500 Kunden informierten sich Mitte März auf der Bechtle-Hausmesse über das breite Lösungsspektrum des Unternehmens. Zu den Highlights zählten unter anderem die Web-Konferenzlösungen auf Basis von Cisco Telepresence und Jaber. Bechtle-Service-Techniker nutzen diese Lösugn auch selbst: Sie können über ihre Tablet-PCs Hilfe anfordern, wenn sie beim Kunden vor Ort im Einsatz sind. Als Renner erwies sich zudem die sichere "Dropbox", die auf VMware Horizon Workspace fußt. Auf Basis von Citrix bietet Bechtle die Lösung auch als gehostete Variante an. In beiden Fällen kann der Kunde die Storage-Lösungen zentral im Rechenzentrum managen. Eine spezielle Löschflüssigkeit für Sprinkleranlagen in Rechenzentren beeindruckte die Besucher ebenfalls: das Gemenge ist umweltverträglich abbaubar und sogar trinkbar ist, sorgt dafür, dass auch im Falle des Falles die IT funktionstüchtig bleibt. Heiß begehrt war außerdem das "Cloud-Radar", anhand dessen die Basis für eine künftige Cloud-Lösung beim Kunden ermittelt wird.

Einig ist sich der Bechtle Chef mit vielen Kollegen und Analysten, dass Mobility und Mobile Device Management, Cloud und Big Data die Entwicklung im IT-Markt bestimmen werden. "Wir haben deshalb im Systemhaus-Bereich ein spezielles Competence Service-Team für Mobile Solutions gegründet, in dem technische, vertriebliche und logistische Leistungen thematisch gebündelt werden. Das läuft sehr gut", berichtet Olemotz.

Darüber hinaus verstärkten Akquisitionen die bestehenden Geschäftsfelder im Bereich CAD und Sharepoint.

Mit der Gründung der Bechtle Remarketing GmbH vollzog das Systemhaus einen weiteren Schritt hin zum Komplett-Dienstleister. Gerade für das Client-Management und den Bereich Mobility suchen Kunden häufig nach einem Service-Anbieter, der den kompletten Lifecycle - von der Bereitstellung der Geräte über das Management bis hin zur Verwertung - übernehmen kann.

Besonnene Cloud-Strategie

Für das anziehende Cloud-Geschäft hat Bechtle 2012 die modulare, auf FlexPod fußende Gesamtlösung "Build your own Cloud" (ByoC) entwickelt und ergänzend die klassischen Managed Services erweitert. Allerdings investiere man behutsam: "Wir sind bereit auf den Cloud-Zug aufzuspringen, wenn er richtig in Fahrt kommt. Momentan ist der Zug aber noch sehr langsam". Zudem sei hier noch nicht klar, was für Reseller in der Zusammenarbeit mit den Herstellern tatsächlich lohnenswert ist.

"Wir sind ein Cloud-Enabler, kein Hoster", präzisierte Olemotz die Cloud-Strategie. Mittels eines "Cloud-Radars" analysiert Bechtle die Art des Endkunden und entwirft auf dieser Basis eine Lösung. Rechenzentrumsleistungen als Service können zwar Teil dieser Lösung sein, bilden jedoch nicht den Schwerpunkt.

Die zwei größten Hürden für das Cloud-Geschäft im Mittelstand sind nach Ansicht des Bechtle-Chefs Sicherheitsaspekte und mangelnde Billing-Systeme für die Übertragung der IT-Nutzung in eine Rechnung.

Infrastruktur bleibt wichtig

Über das starke Wachstum des Hardware-Markts insgesamt (siehe Tabelle) zeigte sich Olemotz nicht wirklich überrascht: "Kunden haben sehr viel in die Infrastruktur investiert, getrieben durch die Virtualisierung. Und auch die Erneuerung des Netzwerkes schließt die Modernisierung der Infrastruktur mit ein." Das Infrastruktur-Business, inklusive Logistik, bleibe deshalb für Bechtle ein essenzieller Bestandteil des Systemhausgeschäfts. "Man braucht am Ende immer ein Device, auf dem die Lösungen laufen", so Olemotz. Er rechnet damit, dass sich der Markt für Virtualisierung, Netzwerk-Lösungen und vor allem für Storage und Big Data weiter gut entwickelt.

Zuversichtlich für 2013

Im laufenden Jahr will Bechtle erneut stärker wachsen als der Markt und setzt dabei vor allem auf das Lösungs- und Dienstleistungsgeschäft. Neue Ländergesellschaften seien allerdings nicht geplant, stellte Olemotz klar. "Wir wollen eher die bestehenden, jüngeren Lokationen voranbringen." Die unsichere gesamtwirtschaftliche Lage sei zwar derzeit auch in der IT zu spüren: "Die Entscheidungsfindung bei den Kunden verlängert sich", so der Vorstandschef. Er geht aber davon aus, dass sich dieser Stau wieder auflöst. "Diese Entwicklung konnten wir in den vergangenen Jahren immer wieder beobachten. Uns schmeißt so schnell nichts um".

Ein Schwerpunkt werde auf der weiteren Verbesserung der Prozesse liegen, auch im Bereich Lager und Logistik. In den vergangenen Jahren hat Bechtle hier bereits massiv investiert: Büro- und Logistik-Räume am Hauptsitz in Neckarsulm, wo aktuell rund 1.200 der konzernweit 5.970 Mitarbeiter beschäftigt sind, wurden erweitert, eine neue Lagerverwaltungssoftware und ein neues Fördersystem eingeführt. "Das vierte Quartal 2012 war das beste in der gesamten Firmengeschichte, sowohl bezogen auf den Umsatz als auch auf den Ertrag. Mit dem alten Logistikkonzept hätten wir das gar nicht abbilden können", so Olemotz. (rb)